Initialen geschmückt; sie ist aus Metz in die B i b Ii o - theque Nationale von Paris gelangt (Cod. lot. 8849). In der Komposition der Bilder stimmen beide Handschriften auffallend stark überein, beide zeigen die Evangelisten-Symbole in der Lünette des Bogens über der Darstellung des Evangelisten. Wir erkennen darin das Vorbild der karolingischen Hof schule, deren maßgebendsten Erzeugnisse in der Kunstgeschichte unter dem Namen der „Ada-Gruppe" zusammengefaßt worden sind, welche etwa gleich zeitig mit den Handschriften des Cutbercht-Codex und des Millenarius entstanden sind. Es stimmt mit dem vprne entworfenen Bild überein, daß sich im Laufe der Zeit der am Hofe gebildete und bevorzugte Typus auch für die Salzburger Kunst als der vorbildliche er wiesen hatte. Der Stil der Pariser Handschrift (Abb. 12) ist entwicklungsgeschichtlich weit über die Stilisierung etwa des Cutbercht, aber auch über die fast ängst liche Art hinausgewachsen, in der der Miniator des Millenarius sein Vorbild wiederholt hat. Die überaus reizvolle Komposition, die ein immer noch kenntliches Vorbild ziemlich frei verwendet, ist von bewegten abwechslungsreichen Linien und vorsichtig verwen deten, kaum modellierenden Strichen belebt. Den noch gewinnen die Faltenwürfe ein überraschendes Leben. Nach der Grazilität der Darstellungen glaubt man unwillkürlich ein Spätwerk vor sich zu haben, eine Verzierlichung, aus der ein neuer Anstieg schwer möglich ist. Tatsächlich scheint der Entwicklungsgang auch so verlaufen zu sein. Das jüngste der drei Evangeliare, das sogenannte Tegernseer Evangeliar in München (Clm. 19101), ist trotz oller Sorgfalt in der Ausführung, und obwohl die Zierbogen der Canonestafeln genau mit denen der Pariser Handschrift übereinstimmen, ohne Evangelistenbilder geblieben. Aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts wüßten wir nur mehr zwei ganz bedeutende Salzburger Handschriften zu nennen, zwei Abschriften der Apokalypse mit reichem Bilder schmuck, dessen Qualität freilich schon stark zurück gegangen ist. Als Schreiber der einen nennt sich ein Geistlicher namens Otoldus, der auch sonst in Salz burg erwähnt wird. Bildgeschichtlich verdienen diese Handschriften, von denen eine ebenfalls in Paris liegt, während die andere in Valenciennes aufbewahrt wird, besonderes Interesse. Auch hier kommt jene unmittel bare Verbindung zum benachbarten Süden, zu Ober italien zum Vorschein. Es mag dazu am Rande er wähnt sein, daß die Ornamente der Handschriften von Salzburg und von Verona um die Mitte des neunten Jahrhunderts recht auffallende Parallelen aufweisen, ohne daß damit der gebende Teil schon klargestellt wäre. Wir können diesen knappen Überblick nicht ab schließen, ohne auf ein Einzelblatt hinzuweisen, eine Darstellung des hl. Gregorius, das ursprünglich wohl wie die oben genannten Autorenbilder für einen Text dieses heiligen Papstes als solches gedient hat. Jetzt ist die Miniatur einem Evangelienkodex vor gebunden, der aus Köln nach Stuttgart gelangt ist. Wir haben die Miniatur in der Publikation über den Codex Millenarius versuchsweise dem Mondseer Kreis angereiht. Hermann Schnitzler hat schon früher in seinem Prachtwerk über die Rheinischen Schatz kammern auf den Zusammenhang mit dem Salzburger Kreis hingewiesen. Es zeigt sich daraus, daß unsere Vorstellungen von der Kunst des Salzburger Bereichs im Zeitalter der Karolinger noch weitaus keine end gültigen sind. Immer noch können wesentliche neue Züge eingefügt werden, sobald der internationale Kunstbesitz daraufhin untersucht sein wird. Alles in allem genommen zeigt sich in der Kunst provinz Salzburg in der Karolingerzeit ein außer ordentlich blühendes Leben. Wenn man bisher ver sucht hat, dieses in einen einheitlichen Entwicklungs gang einzuordnen, so möchten wir heute im Gegen satz dazu die Vielfalt hervorheben, eine Eigenheit, die aus den verschiedenartigen und in jedem Einzelfall wieder wechselnden Voraussetzungen zu erklären ist. Es mag dies überhaupt ein Charakteristikum der Früh zeit sein, für die Salzburger Kunstprovinz gilt sie in besonderem Maße. Anmerkung: Die bibliographischen Hinwelse zu den hier genannten Handschriften können dem oben erwähnten, soeben er schienenen Buch von W. Neumüller-K. Holter, Der Codex Mille narius, Linz 1959, entnommen werden.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2