jede Anbetung von Heiligenbildern ab. Das Biiderhaben jedoch verwirft Agobard nicht^"). Eine jähe Wende erfährt die Diskussion um das Bild durch den Bischof Claudius von Turin (gestorben um 827). Auch Claudius kam wie Agobard aus Spanien' und soll Schüler des Adoptianisten Felix von Urgel gewesen sein. Seine Theorien und namentlich seine Praxis unter scheiden sich jedoch wesentlich von der Agobards. Claudius ist ein Bilderstürmer im eigentlichen Sinne des Wortes. Als Bischof läßt er aus seinen Kirchen nicht nur die Bilder der Heiligen, sondern auch die Kreuze entfernen. Darüber hinaus wendet er sich gegen die Reliquienverehrung und die Rom-Wall fahrten und greift selbst den Papst (Paschalis I.) scharf an"^). Dieser Skandal läßt den Streit um das Bild neu aufflammen. Im Auftrag des Kaisers Ludwig des Frommen schreibt der Ire Dungal seine „Responsa contra perversas Claudii Taurinensis Episcopi sententias"^-'). Seine Argumente nimmt Dungal aus der Überlieferung und scheut sich nicht, den Kaiser um seine Hilfe zu bitten. In der Beweisführung tritt ein Wandel ein. Während die LC die Cherubim der Bundeslade und die eherne Schlange durchaus von jeder Bilderverehrung unterscheiden und damit einen Wesensunterschied zwischen Plastik und Malerei machen, sind für Dungal die Bräuche des Alten Bun des ein Beweis für die Erlaubtheit des Besitzes von Bildern auch im Neuen Bund. In ähnlicher Weise wie der Recluse Dungal erhält auch der Bischof Jonas von Orleans (vor 780—843} von Ludwig dem Frommen Auftrag, gegen Claudius zu schreiben. Jonas vollendet seine drei Bücher über den Bilderkult aber erst im Jahre 840 und widmet sie Karl dem Kahlen. Seine Be weisführung ist ebenso entschieden, jedoch weitläu figer und differenzierter als die Dungais. Grundlage der Argumentation bildet auch für den Bischof von Orleans die Tradition. Jedoch finden sich gelegentlich Hinweise auf allgemein Menschliches. Es geht bei der Bilder- und Reliquienverehrung nicht allein um die „phantastica imaginatio", sondern über die „species" hinaus verehren wir beispielsweise die Apostel ihrer Gerechtigkeit wegen^'). Es ist sehr auffällig, daß die Akten der Synode von Paris aus dem Jahre 825 die Affäre des Claudius mit keiner Silbe erwähnen, sondern im bescheidenen Rah men einer Sammlung von Väterzitaten die Position der LC beibehalten. Anlaß für diese Art des Vor gehens war wohl ein Brief aus Byzanz. Der Kaiser Michael und Theophil — beide mehr oder weniger konoklasten — wenden sich an Ludwig und berichten unter anderem von einer übertriebenen Bilderanbetung in fhrem Reich, die ihnen sehr zu schaffen mache. Dem östlichen Nachbarn gegenüber verschweigt man das Vorgehen eines Claudius von Turin, das sich ja doch außerhalb Frankens abspielte und wohl eine Aus nahme bildete, und argumentiert gegen Bilderzerstörer und Bilderanbeter in Byzanz ähnlich wie unter Karl dem Grooen. Man nimmt dabei das Friedensmotiv des byzantinischen Briefes auf und bemüht sich, die mitt lere Linie und vermittelnde Haltung besonders zu unterstreichen^''). Später bringt auch Walafried Strabo (808—849) in seinem „Libellus de exordiis et incrementis quarundam in rebus ecciesiasticis rerum" im 8. Abschnitt über die Bilder „den gemäßigten fränkischen Standpunkt" (Manitius) zur Geltung'"^). Der griechische Bilderstreit und die Verirrungen des Claudius werden erwähnt. Jedoch geschieht alles ohne Affekt. Walafried nennt die Bilder eine Zierde der Kirche und weist darauf hin, daß das christliche Volk soweit gebildet sei, daß es selbst die Heiligen nicht in sich, sondern nur als Fürbitter anrufe^®). Damit war die Diskussion um das Bild in der Karo lingerzeit abgeschlossen. Ein Werk des Hinkmar von Reims zur Bilderfrage scheint verloren. IV. Die Bildtheorie der oHonischen Zeit In der ottonischen Zeit — wenn man vereinfachend die Kunst des 10. und 11. Jahrhunderts so nennen will — finden sich keine Streitschriften mehr über das Wesen der Bilder und die Sinndeutung der Kunst. Es überwiegt die Praxis. Wie der Mönch Rodulfus Glaber von Cluny schreibt, zog die Welt damals allenthalben „das weiße Gewand der Kirchen" an"). Man baute. Und im Gefolge der Architektur gewannen auch Ma lerei und Plastik neue Bedeutung. In der Theorie drückt sich die zweifelsfreie Anerkennung der Kunst in den Biographien aus, von denen man einige ebensogut als Heiligenleben wie als Künstlerviten bezeichnen kann: So schrieb Ekkehard IV. in seinen „Casus s. Galli" (wohl am Anfang des 11. Jahrhunderts) das legendäre Leben des karolingischeni Künstlermönches Tuotilo. In diesem Leben stehen nicht nur die Schmiedearbeiten im Vordergrund wie in dem für die Völkerwanderung so bedeutsamen Leben des hl. Eligius von Audoenus, sondern auch die Malerei und Dichtung finden Beach tung. Dazu berichtet die fromme Legende, daß Maria selbst dem Tuotilo beim Malen beigestanden sei. Un bemerkte Beobachter hielten die Madonna, die der Künstler nicht sah, für die Schwester des Malers'®). Das uralte Motiv des Künstlers und der Muse erhielt in dieser Legende eine christliche Fassung und die Kunst eine außerordentliche Bestätigung. Seltsam mutet ferner die Gestalt des Malers Jo hannes an, die in der Biographie Balderichs von Lüt tich (wohl 11. Jahrhundert) erscheint"). Der Künstler soll von Otto III. aus Italien mitgenommen worden sein („A patriae nido rapuit me tercius Otto") und galt als „venerabilis". Für seine Malereien in Aachen wollte ihm der Kaiser sogar einen Bischofssitz geben.
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