Christliche Kunstblätter, 97. Jg., 1959, Heft 3

Hans Schädel, Pfarrkirche zur Heiligen Familie in Würzburg-Heidingsfeld dem kubischen Eingangshaus und dem kubischen Altarhaus liegt, durchdringen sich die Hälften von zwei entgegengesetzt gelagerten stumpfen Pyramiden. Der Architekt erstrebt mit dieser Konstruktion ein Raumgefäß, das die Gemeinde als Stoßkeil auf den Altar richtet und zugleich ihre Herzen zu ihm erhebt. Im starken Ansteigen der Decke zum Altarhaus ist das Sursum Corda des Meßtextes Raum geworden. Die Grenze zwischen dem Gemeindehaus und dem Altar raum, die auch in den auf die innige liturgische Gemeinschaft bedachten neuen Kirchen markiert sein sollte, stellt sich nicht nur in dem abgesetzten Altar haus dar, sie kündigt sich bereits im Gemeinderaum an. Der Architekt bricht seine Decke in der Breite des Altargehäuses mittschiffs auf und hebt das heraus gelöste Mittelstück auf breite Glasbänder. Die so ent stehende plastische Lichtstraße zu Häupten der Ge meinde führt nicht nur haptisch und optisch auf den einen Altar hin, sie kündigt in ihrer gebrochenen Son derform auch die Grenze zwischen Gemeinderaum und Altargehäuse an, die sich in ähnlicher Brechung im Raum darstellt. In der St. Kilianskirche zu Schwein furt steht der Altar im großen, fließenden Raum, den die Glasmalerei ihm bereitet, in St. Alfons zu Würz burg stellt Hans Schädel ihn unvermittelt vor die geschlossene Rückwand. Georg Meistermann öffnet ihre Fläche mit einer monumentalen Wandmalerei. In ihrer unteren Zone werden Brot und Wein und die Sichel des Jüngsten Tages emblemhaft dargestellt; in der Mitte lodern sieben Feuerzungen, Sinnbilder für die Gaben des Heiligen Geistes; über ihnen erscheint der Weltenrichter inmitten der Evangelistenwesen und der 24 Ältesten. Aus der Hochwand treten die Engel des Jüngsten Gerichtes groß in den Raum. Die Wand malerei tritt mürbe und kalkig in die Wand; sie stuft die Farbe nach dem Thema ab. P. Zone liegt in schwePgn Erdfarben, während die obere in den hellen Tönen von ölj Weißgelb, Rot und Blau leuch- ^ I 0| tet. Die Komposition nimmt die Bewegungen und die RichtunI gen des Raumes auf und gibt ^ \ rMl ihnen Widerhall und Ziel; • -VA Wandmalerei ist nicht mehr ein I 1 o| vereinzeltes Schmuckstück in der iTf™| M Wand, sondern ein Roumvor- ' I ar' ' 1 gong der Architektur, über die Bedeutung und die architektonische Integration hinaus trägt sie zur Funktion des Kirchengebäudes bei, uns mit Sinn und Herz auf den Altar und sein Ereignis hinzielend. Mit ähnlichen Konstruktionen, Heidingsfeld aber einfacher und nicht so dynamisch, errichtete Hans Schä del die Dreifaltigkeitskirche in Gemünden am Main. Ihr Grundriß ist ein schlichtes Trapez. Die Eingangs wand rundet sich konvex. Das Altarhaus legt sich als Querrechteck zwanglos arv die Spitze des Trapezes. Der Raum, der sich in Würzburg von der Eingangs halle zum Altarraum aufreckt, senkt sich stark zum Altar hin. Mit entgegengesetzten Mitteln wird eine ähnliche Wirkung erreicht, die Konzentration der Sinne auf den Altarraum. Hans Schädel hat eine be sondere Vorliebe für dos Trapez; er weiß es sou verän für verschiedenartige Grundrisse zu nützen. In der Kirche von Kleinheubach bricht er die Schenkel des Trapezes vor dem Altarraum ab und schließt die sen in einer Parabelform. Die Schwelle zwischen Gemeinde und Altarraum ist so bereits im Grundriß angelegt. Von entscheidender Bedeutung ist in dieser Kirche die Lichtwirkung. Das Licht strömt seitlich aus unsicht baren Quellen ein, es verteilt sich vielgestaltig und gibt dem Altargehäuse Helle und Weite. Der Altar steht vor uns und rückt uns doch fern. So wird mit den Mitteln der Konstruktion und der Lichtführung der fließende Raum der neuen Architektur gestaltet, der doch auf Gott hin offen ist. In dieser ländlicnen Kirche führte Schädel auch das Problem des Kirchplatzes einer Lösung zu. Der Turm steht wie in St. Alfons zu Würzburg als Zeichen und Glockenträger frei vor der Kirche, eine Seiten wand setzt sich gelassen als Hofmauer fort, so daß ein bergender Vorplatz entsteht, geeignet, uns im Sinne des frühchristlichen Atriums auf den Gottes dienstraum vorzubereiten; Architektur erweist mit einfachsten Mitteln ihre ordnende und helfende Kraft. Die dynamischen Prinzipien des offenen Grund risses und des fließenden Raumes, die in diesen Kir-

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