Der Bauernsohn aus Schleswig-Holstein scheint dazu be stimmt, den väterlichen Hof zu übernehmen. Ein unglück licher Sturz vom Baum zwingt ihn für Jahre ins Bett; end lich muß man ihm ein Bein amputieren. In diesen Jahren hilft das Zeichnen über vieles hinweg. Kein Geringerer als Theodor Storm erkennt die Begabung. Er wird an die großherzogliche Kunstschule in Weimar empfohlen. Dort wächst er in die Kunst des späten 19. Jahrhunderts hinein, arbeitet fleißig und mit Talent, doch ist seine Stunde noch nicht gekommen. Sie schlägt erst 1901, als er auf Ein ladung von Karl-Ernst Osthaus, dem Gründer des Folkwang-Museums, nach Hagen übersiedelt. Hier erwacht er, wird innerlich freier und wächst jener Größe zu, die die Blätter der letzten zwei Jahrzehnte seines Schaffens (der siebziger und achtziger Jahre seines Lebens I) atmen. Schritt für Schritt erobert er die Farbe, jene satte, dunkel leuch tende Farbe seiner Blumenstilleben und Stadtlandschaften. Zuletzt wird ihm noch das Licht geschenkt, das die Aqua relle des letzten Jahrzehnts erfüllt und durchleuchtet. Diese Aquarelle und Zeichnungen — sie übertreffen die Ölbilder des Meisters bei weitem — sind Ausdruck der unzerstörbaren Harmonie des Seins. Oft sind sie verhal ten und zart, dann wieder voller Leuchtkraft und Leben digkeit, immer aber Ausdruck eines überzeugten „Ja" zur Schöpfung. Der Verlag hat das Buch hervorragend ausgestattet; Paul Vogt, der beste Kenner des Werkes von Christian Rohlfs, hat einen aufs Wesentliche gehenden Textbeitrag und eingehende Analysen zu den beigegebenen Farbtafeln geschrieben, sowie — was keine kleine Mühe war —■ einen nach Jahren geordneten Oeuvre-Katalog der Aqua relle beigegeben. Damit ist ein erster Schritt zur Er schließung des Lebenswerkes dieses großen Künstlers getan. G. R. Neue Kunst nach 1945. Herausgegeben von Will Grohmann. Verlag DuMont Schauberg, Köln, 1958. 369 Seiten, 60 Farbtafeln, 120 Abbildungen. DM 39.—. Die Situation der Malerei nach 1945 ist durch die Herr schaft der „Abstrakten" gekennzeichnet. Das wird in dem vorliegenden Band deutlich, vielleicht manchmal zu scharf herausgestellt. Indes kann es nicht zweifelhaft sein, daß die meisten großen Begabungen heute unter den Ab strakten zu finden sind. Und daß es sich wirklich um große Begabungen handelt, davon hoben uns Künstler wieManessier und Bazaine, Vieira da Silva, Gerard Schnei der, Hans Hortung, Soulages, Wols, Ernst Wilhelm Nay, Fritz Winter, Cassinari, Corpora, Sutherland und Pollock bereits überzeugt. Die Führung liegt heute bei vier Ländern; bei Frank reich, Deutschland, Italien und — ein Novum in der Ge schichte der bildenden Kunst — den USA. Der Beitrag dieser Länder und auch der kleineren Nationen, unter denen vor allem die Niederlande hervorzuheben sind, wird durch führende Kritiker der einzelnen Länder gewürdigt. Während Marcel Brion einfach die verschiedenen Richtun gen in Frankreich aufzählt und Argon und Ponente die Entfaltung der neuen Kunst in Italien rein zeitlich dar stellen, gibt Will Grohmann für Deutschland eine inter essante Aufgliederung nach Generationen, wagt Sam Hun ter für die USA, einer Einteilung von Schapiro folgend, schon eine Deutung. Hervorragend ist der Beitrag von Her bert Read über die englische Kunst, in den auch die Pla stik (der originäre Beitrag Englands zur modernen Kunst) einbezogen wird. Dadurch wird freilich das Gleichgewicht des Bandes etwas gestört; mit dem gleichen Recht hätte auch die italienische Plastik (Marini, Manzu, Mascherini) eine Würdigung verlangen können. Ohne Zweifel werden manche der in diesem Bande ge nannten Namen verblassen; andererseits gibt es sicher einzelne Künstler, deren Werk noch nicht ins allgemeine Bewußtsein getreten ist. Doch ist zu begrüßen, daß das Wagnis, schon jetzt über die Gegenwartskunst zu schrei ben, unternommen worden ist. So ist ein Werk entstanden, das jeden, der die geistigen Bewegungen unserer Zeit ver folgt, brennend interessieren wird. G. R. Wilhelm Boeck, H. A. P. Grieshaber (Monographie). Ver lag Günther Neske, Pfullingen, 1959. Mit 40 Illustrationen und 77 ganzseitigen mehrfarbigen Reproduktionen. DM 38.—. H.A. P. Grieshaber ist in vielfacher Hinsicht eine Sonder erscheinung im Reiche der heutigen Kunst. Der nun fünfzig jährige Schwabe gehört zu den seltenen Menschen, die ein feines Gespür haben für das, was ihnen zugefallen ist. Für ihn ist es die Verbindung des Künstlerischen mit dem Handwerklichen, die seiner Kunst Einfachheit, Kraft und Geschlossenheit verleiht. Die Verwirklichung wurde aus schließlich im Holzschnitt gesucht. Auch in dieser Aus schließlichkeit liegt etwas von der Kunst der Selbstbe schränkung, die Grieshaber auszeichnet. Grieshaber hat ganz bescheiden begonnen. Auf den frü hen Blättern der dreißiger Jahre stehen nur wenige in sich geschlossene Figuren auf weißem Grund; ein pflü gender Bauer, Landleute auf dem Felde, ein einsamer Wagen. Aber damit hat Grieshaber bereits die Geschlos senheit seiner Form und seine ureigenste Thematik gefun den; den in die Natur eingebundenen Menschen. Wunder bar wird diese Eingebundenheit veranschaulicht in dem wohl schönsten Blatt dieses Jahrzehnts, dem „Weg", das zwei liebende Menschen in der groß gesehenen Natur zeigt. Die Jahre des Kriegsdienstes und der Gefangenschaft zwingen zu einer Pause. Nach der Rückkehr setzt Gries haber dort fort, wo er 1939 stehengeblieben war. Es gelingt ihm das in seiner Kargheit packendste Bild der Nachkriegsjahre, das wjr kennen; „Hunger". In den fol genden Jahren erobert Grleshaber in rascher Folge die Farbe und die Fläche. Seine Holzschnitte werden ins Monumentale gesteigert. Freilich bleibt auf diesem Wege noch manches zu tun übrig. Zuweilen zeigt sich eine Un ruhe im formalen Aufbau und in der Farbe, die die an gezielte Monumentalität empfindlich stört. Doch ist Gries habers Begabung stark genug, um diese Schwierigkeiten überwinden zu können. Das Buch ist in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler entstanden. Die im Flachdruckverfahren hergestellten Wiedergaben der Farbholzschnitte kommen den Originalen sehr nahe. Der Text des Tübinger Universitätsprofessors läßt aus jeder Zejie dje Freundschaft mit dem Menschen und die Vertrautheit mit dem Werke Grieshabers spüren. In jeder Einzelheit verrät das Werk jene Sorgfalt, die man so häufig im heutigen Verlagswesen vermißt. G. R. Religiöses Schrifttum P. Ige Mayr SJ., Weitergehen. Verlag Felizian Rauch, Innsbruck, 1958, 147 Seiten, kartoniert. öS 24.—. Dem Bändchen „Nicht stehenbleiben!" läßt der bekannte Spiritual und Schriftsteller die zweite Folge von Briefen über innerliches Leben und Seelenführung folgen. Die Adressaten sind hauptsächlich Leute in Internaten und klösterlichen Gemeinschaften. Aber auch jeder andere vor wärtsstrebende Mensch wird gerne noch diesen Bändchen greifen, weil sie Mut wecken, Ruhe ausstrahlen und Zu versicht schenken auf dem Weg durch das kompliziert gewordene Leben unserer Tage. Nicht als trockene Aszetik, sondern als sonnig-humorvolle Anleitung zu einem frohen Glaubensleben helfen diese 25 Kapitel über so manche Skrupel und Ängstlichkeiten hinweg. Die Tatsache, daß bereits eine zweite Auflage vorbereitet wird, besagt mehr als eine wortreiche Empfehlung. P. G.
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