Gutes und was Achtes". Man glaubt ihn laut denken zu hören. Er vergißt, daß er einen Brief schreibt und ist plötzlich mitten in der Auseinandersetzung mit der Technik. Seine Sätze nehmen beschwörenden Charakter an: „Wir dürfen unser Ziel niemals aus den Augen ver lieren. Und das ist das Künftige. Die verzwickte Technik der Photo-Litographie kann in dem Künftigen keinen Boden mehr haben. Ich weiß wohl, wie schwer es für uns ist, heute immer die rechte Grenze zu finden. Wir müssen paktieren. Und es fragt sich nur in jedem Falle, wo wir zu diesem Pakt gezwungen sind. Das geht viel mit mir um. Ich muß doch auch mit der Eisenbahn fahren, wenn ich's auch heute für völlig möglich halte, daß man alle Technik vergessen kann, daß Zeiten kommen können, wo das Innere des Menschen so entschieden auf das Wesent liche gerichtet ist, daß ihnen die vielfältigen Kenntnisse alle verloren gehen, wie dem mittelalterlichen Menschen ja auch alles das, was die Antike bewegte, ganz verlaren gegangen war." In einem anderen Brief aus der gleichen Zeit spricht Rudolf Koch von seinem Plan, die Psalmen in einer Unziale zu schreiben: „Ich muß ganz neu anfangen und ganz unten, alles, alles muß anders sein. Und ich selber auch. Das ist schwer, aber auch schön und herrlich zeit raubend. Die Schrift muß verschlossen sein, wie blind, seltsam und unbegreiflich. Die Schriftseite muß wieder neu gefunden werden. Und jeder Buchstabe neu. Es kommt schon, langsam. Es muß so werden als wäre es garnichf von mir. Ob ich doch noch ruhig werde? Es ist ein ganz merkwürdig gehobenes Gefühl, wenn ich die ,Schrift' schreibe. — In der Werkstott ist viel Leben. Ich geb' ja schon was ich kann, aber die Burschen sind unersättlich. Sie saugen mir noch das Blut aus den Adern." Einige Monate später stellt er sich eine neue Aufgabe: „Ich arbeite. Und ich bin glücklich. Mein Messingkreuz wächst und erfüllt mein Wesen ganz. Ich staune und fasse es nicht. Meine Hönde sind klüger als mein Kopf." Der Band ist untadelig, in einem großen Grad der „Marathon", einer Antiqua Kochs, weiträumig mit der Hand gesetzt. Die Zeilen laufen unregelmäßig aus und erinnern an die wechselnden Zeilenschlüsse dieser Briefe, wenn auch die Kraft von Kochs verflochtener Handschrift nicht erreicht wird, die den Sinn seiner einfachen Worte ins Magische steigert. Dr. Erhard Göpel nymen Mächte des Massenzeitalters triumphieren, daß es nur noch „Konsumenten" gibt, die lesen, was „man" ge rade liest? Ist es so, daß etwas lautstark und eingängig, möglichst fertig „gestanzt" in Erscheinung treten muß, um die Schicht der ,zweiten Primitivität' (Gehlen) — der der Kultivierten nämlich! — anzusprechen? — Diese Fragen, die letztlich auf die Verflüchtigung der Individualität zie len, sind hier nicht zu beantworten. Es gilt mehr, an dieser Stelle ein junges Unternehmen zu würdigen, welches durch die Andersartigkeit seiner Publi kationen zur individuellen Geschmacksbildung herausfor dert. — Als erster Druck der Dreibein-Presse, die zuvor nur einige Privatdrucke hergesfeilt hatte, erschien 1958 „Bild und Gleichnis" im Handel. Der Band umfaßt eine Holzschnittfolge von Walter Habdank, deren einzelne Blätter die ausgeprägte Sprache dieses jungen Künstlers erkennen lassen, der sich — in Tendenz und Form dem Ex pressionismus verpflichtet — einer Welt der Demaskierten, Erniedrigten und Hilflosen zuwendet. Er legt damit eine Schicht unseres Allagslebens bloß, die zu oft als unbequem empfunden und mit Worten übertüncht wird. Die Darstel le Bild und Gleichnis. 24 Holzschnitte von Walter Hab dank, Text von Helmut Bieber. Dreibein-Presse, München, 1958. DM 6.80. Die höchst bemerklichen Exempel der Fauna von Gondwanien. Text von Rudolf Neumann. Holzschnitte von Wal ter Habdank. Dreibein-Presse, München, 1958. DM 14.60. Spanischer Pfeffer. Apophthegmen von Juan Rufo. über setzt von Renate Smolka. Dreibein-Presse, München, 1959. 300 numerierte Exemplare. Bibliophilie heute? Heute noch? wird jeder fragen, in einem Ton, wie man einen Anachronismus erwähnt, denn der Bibliophile erscheint heute wie ein Museumsstück, das sich nur durch eine besondere Marotte unterscheidet. Zwar erreicht die Zahl der jährlich neu erscheinenden Bücher fast die 20-Tausend-Grenze, doch die ganze Bücherfiut scheint nur zwischen den Riesenauflagen des „Bestsellers" und der Produktion der roboterhaft wirkenden Rotationsmaschine dahinzuströmen. Der „Bücherliebhaber", dessen Verhältnis zum Buch von der Verbindung zwischen individuellem Ge schmack und ausgeprägtem Sinn für die handwerklich schöne Form bestimmt ist, er wird für sich kaum etwas finden. — Ist es nun wirklich so, daß auch hier die ano1^1 Walter Habdank, Der barmherzige Samariter
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