Christliche Kunstblätter, 97. Jg., 1959, Heft 3

dung zwischen der geschlossenen Form des Kirchenboukörpers und den übrigen Baugliedern und in man chen in funktionelier Hinsicht abzulehnenden Grund rißlösungen. In sich harmonische Lösungen dagegen bieten die Projekte von Mang und Werthgarner-Kroh. Während das erste eine etwas konventionelle Lösung darstellt, ergibt die Disposition der Baumassen beim zweiten Projekt eine interessante Spannung, die in der turmartigen Verlängerung des Kirchendaches aus klingt. Doch entspricht dieses Projekt eher dem Typus einer Landkirche und würde in der umgebenden städ tischen Verbauung mit vier- bis fünfgeschossigen Wohnhäusern nicht zur Wirkung kommen. Bemerkenswert ist, daß die beiden mit den ersten Preisen ausgezeichneten Arbeiten Lösungen bieten, die einander in vielem gleichen. Die gesamte Anlage beider Projekte weist ein streng einheitliches archi tektonisches Konzept auf, um so in der umgebenden Wohnverbouung als religiös-kulturelles Zentrum Be stand zu haben. Die einzelnen Baukörper sind aber durch Auflockerung gegliedert. Ihre Verbindung unter einander und mit der Kirche wird bei beiden durch einen zur Kirche und den übrigen Baukörpern im rechten Winkel stehenden Wandelgang hergestellt. Dadurch werden nette Gärten und Spielhöfe bzw. offene Grünflächen zwischen den Baukörpern ge schaffen. Die Kirche ist bei beiden Projekten in einer eigengesetzlichen Form derart gestaltet, daß ihre dominierende Stellung innerhalb der übrigen pfarr lichen Bauten ohne weiteres gegeben ist. Die in ihrer Baubeschreibung von den Architekten Scheichl und Teml vertretene Meinung, daß aus diesem Grund die Kirche „keinen Glockenträger in der Form eines Tur mes neben sich dulden kann" wird voni den Architek ten Krawina-Schmutzer mit ihrem Projekt widerlegt. Hier steht nämlich der durch die Ausschreibung ver langte Glockenturm exponiert an der wichtigsten Stelle des zu verbauenden Platzes. Unter ihm hin durch gelangt man zum überdeckten Gang. Der Turm selbst ist in schalrein belassenen Sichtbetonflächen geplant; die ihm die Schwere nehmenden Schlitze, in denen die Kreuze — seitlich und frontal — hängen, wären verglast. Beiden Projekten gemeinsam ist auch die konse quente Entsprechung von Grundriß und Struktur des sich darüber entfaltenden Raumes, von Innen und Außen. Die Architekten Krawina-Schmutzer legen ihrer Kirche ein Quadrat zugrunde, in das durch die An ordnung des Gestühls und des Altarraumes ein spitz winkliges Dreieck gezeichnet ist, so die Stoßkraft des Dreiecks und das zentrale Muster des Quadrates im Grundriß günstig vereinend. Der Quader, der über dem quadratischen Grundriß bei einer Seitenlänge von 36 m sich 4.50 m hoch erhebt, birgt neben der Werktagskapelle und der Sakristei auch den Chor und die niederen Seitenräume der Kirche, in denen die Nebenaltäre günstig untergebracht sind. Ober dem Dreieck des Grundrisses aber schwebt, förmlich von der erdenhaften Schwere des Quadergrundbaues sich durch Glasbänder absetzend, eine tetraeder ähnliche Pyramide, die so den Hauptkirchenraum krönt. Um dem etwas ungewöhnlichen Verhältnis von 900 Stehplätzen zu 600 Sitzplätzen auch in der Raum akzentuierung gerecht zu werden, ist der Haupt kirchenraum auch beim Projekt der Architekten Scheichl-Teml durch niedrigere Seitenräume entlastet. Hier wird der über die Höhe des Quaders hinaus gehende Hauptkirchenraum von einem über einem Sechseckgrundriß errichteten Zeltdach abgeschlossen. Die Altarinsel steht in der Mitte der Stirnwand und ist, da die Kommunionbänke seitlich angebracht sind, in die Nähe der Gläubigen gerückt. Ein solch starkes Zueinandergerücktsein von Priester und Volk wird beim Projekt Krawina-Schmutzer nicht erreicht. Da für ist hier eine stärkere Ausrichtung des Innenraumes auf den Altar hin gegeben, die durch die Lichtfüh rung noch besonders betont wird. Der Versuchung des Symbolismus sind bei beiden Projekten nur die Baubeschreibungen erlegen. In ihnen wird das Zeltdach des Sechseckgrundrisses mit dem Schutzmantel der Madonna in Verbindung ge bracht, während die sich nach oben verjüngende Pyramide des anderen Projektes an die Himmelfahrt Mariens erinnern soll. Die übermäßige Betonung des Potroziniums in der Ausschreibung dürfte die Ur sache dafür sein. Die Forderung der Ausschreibung „die Begegnung Mariens mit dem ewigen Gott und unsere Begegnung mit dem in Menschengestalt er schienenen Gottessohn beim Planen vor allem zu be denken" dürfte für den Architekten schwer realisier bar sein. Wohl aber ist folgender in der Baubeschreibung des Projektes Krawina-Schmutzer angeführte Symbolge halt am Modell tatsächlich ablesbar: „Das Gotteshaus empfängt den über den Vorplatz Herankommenden gleichsam mit offenen Armen und zieht ihn zu sich durch die architektonische Gestaltung." Der Innen raum wird in ähnlicher Weise ein Hinführen der Gläubigen in das Geborgene und gleichzeitig nach oben sich öffnende bewirken. Da mit dem Bau des mit dem ersten Preis ausge zeichneten Projektes im Frühjahr begonnen wird, sei daran erinnert, daß nicht bald genug mit der Er arbeitung eines theologischen Programmes für die künstlerische Ausgestaltung begonnen werden kann. Für Architekten, Künstler und Theologen dürfte in diesem Zusammenhang wohl auch das Wort von Bernanos gelten: „Viel arbeiten und unablässig an sich zweifeln im Erfolg, wie im Mißerfolg."

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