Monographien, sind Zeugnisse. Sie sind einsam und selbstgenügend. Um so schärfer bleiben sie dem Urteil ausgesetzt. Ihre Eigenständigkeit und -Wirkung geben Kri terien her, die überdies im Horizont des jeweiligen Er scheinens in der Zeit geschärft werden. So muß folge richtig auch diese neueste Publikation der Schweizer Lu kasgesellschaft zwiefach betrachtet werden. Einmal als Buchwert, als Beitrag und als Dokument, zum andern als Geschichte, eis Sinndeutung eines künstlerischen Gesche hens in der Tiefe und Einsamkeit. Die Ausstattung des Bandes ist geläufig durch die vor hergehenden Bände der Reihe „Sakrale Kunst"; sorgfältig gearbeitet, eher technisch als künstlerisch konzipiert, Text und Bild in gutem Verhältnis geordnet. „Seraph" (7) und „Heuet" (70) umrahmen als Schlüsselwerlce den ersten Teil, an dessen Anfang das „V^olkenbild" steht (1 — wir vermeinen es entstamme dem Jahre 1941 und nicht 1951, wie Legende sagt), das zur kos mischen, als solche noch zu entbergenden Zeichenhaftigkeit der Gehr'scheo Kunst hinführt. Die Farbtafeln ver sagen fast durchwegs vor der Zartheit des Freskos und dem Schimmer der Farbfenster (im Hinblick auf das Ori ginal besonders mißraten scheint „Erschaffung des Adam" 12), betonen hingegen unvorteilhaft die zeitweilige Härte der Tempera. Die eingeklebten Blätter (für Farbtafeln) sind gewiß nur Noflösung, deren Unzulänglichkeit nun leider das Dämonenfries (7—11) in seiner Deutungskraft für das Gesamtwerk mindert. Gerade dieses Werk aber hätte man in repräsentativen Tafeln zu sehen gewünscht. Jetzt nimmt ihm eine unmögliche, weil gänzlidi unver bindliche Aufmachung die ursprüngliche Wucht der Flucht und des inneren Widerstandes, die ihm als Fries eignet. Der Schrifttypus, so richtig er in sich als „Zeichen" steht, wirkt auf diesem Breitformat der Blätter eher erschwerend. Der Verlag müßte sich entweder zu anderem Format ent schließen oder einen größeren Rand einsparen, auch auf Kosten erhöhter Seitenzahl. Es geht hier nicht um Ge schmack, sondern um den Sinn der Lettern. Dieser jedoch ist das Lesen. Statt nun ober die Gedanken zu sammeln und so dos Lesen zu ermöglichen, zerstreut sie der Schrift typus auf die für ihn allzubreiten Blätter und zu langen Zeilen. Der Bildteil nimmt „Antlitz Christi" (16) zum eigenen Maß und wertet die beiden folgenden Abbildungen ob, um dann in unerhörter Folge den Maler als Meister der Raumfresken zu zeigen in den Werken; „Symbolische Dar stellung der Taufe", „Verklärung Christi", „Arme Seelen" „Das Ewige Jerusalem", „Lumen Christi" (Projekt für Bru derklausenkirche Bern, dos man gerne endlich in Ausfüh rung sähe), „Eucharistischer Christus und Figur" und „Eucharistie als Mahl" (das leider allzudeutlich die Spu ren einer unerfreulichen Polemik trägt); es ist zu hoffen, daß der Maler den letzten Teil dieses bedeutendsten Wer kes christlicher Mysterienmalerei in neuerer Zeit, das Tryptichon des 20. Jahrhunderts, kompromißlos ausführen kann). Von den Glasfenstern sind „Engel der Wiesen", „Engel des Brotes" und „Aufnahme Mariä in den Himmel" be deutend und wiederum Maß für und gegen anderes. Die Mitte stellt nochmals das Zeichenhafte dar; die absolute Transparenz, gebunden in die Gestalthaftigkeit des Ant litzes Christi, „Christuskopf" (52), oder, vom Seinsgehalt des Kunstwerkes her gesehen auf gleicher Ebene stehend „Domenica" (68), „Tulpenbeet" (5), „Riedlandschaft" (77). Prägt man nach dem Gesichtspunkt, der die Tafeln und Abbildungen wohl in die bestehende Anordnung gebracht haben mag, ist man ratlos. Wird innere Entwicklung ge zeigt? Oder je ein oder mehrere Stücke verschiedener malerischer Gattungen (Tempera, Aquarell, Fresko etc.)? Soll jede Tafel für sich sprechen? T h. Z i n g g hätte in seinem sonst lehrreichen Text (15—69) unbedingt auf die Weise, wie dieses Buch konzipiert wurde und wie es gehondhabt werden soll, hindeuten müssen. Diese wenigen, eher kritischen Bemerkungen wollen jedoch in keiner Weise den Wert dieses Buches mindern. Im Gegenteil; daß es zu grundsätzlichen Dberlegungen führt, und diese erträgt, zeugt für seinen Wert. Doch nun zum zweiten Punkt, Gehrs Monographie als Geschichte und Sinndeutung künstlerischen Geschehens. Der Besuch auf dem heutigen Kunstmarkt gibt hierüber keine Auskunft. Vergeblich sucht man nach dem „Namen" Gehr. Vielleicht ist es jedoch besser um die Geschichte der religiösen Malerei bestellt, wenn sie sich eine in nere Position schafft, d. h. einen geistigen Ort zeugt, der auf einmal nicht mehr wegzudenken ist. Diesen Ort bestimmt sich Ferdinand Gehr, gestützt auf sein bedeu tendes Werk, in seinem Aufsatz „Grundlagen und Mög lichkeiten einer neuen Sakralkunst" (71'—77). Gehr wagt die Vorwegnahme eines seelisch-sinnlichen Zustandes, welchen der Mensch der kommenden Zeit wogen muß, um sich selbst und die Wahrheit seines Daseins zu retten. Der Zustand aber ist als ein geläutertes Gehaben zu ver stehen, das „sich einsam fühlt in dieser natürlichen Welt", das erkennt, daß „alles, was auf dieser Welt geschieht, nur insofern bedeutsam wird, als es mit der geistigen Welt verbunden ist". Von daher begreift Gehr nicht nur seine Kunst, sondern die Möglichkeit der neuen Sakral kunst überhaupt, wie er es im Titel dieses kurzen, aber eines umfassenden Kommentares würdigen Aufsatzes an kündigt. „So muß es doch möglich sein, auch in der Kunst die Erfahrung des leiblichen Auges in allem, was uns begegnen kann, in Beziehung zu bringen mit der Wirk lichkeit, die unser Geist in den Mysterien erkennt. Es wäre also ein neues Sprachmittel zu schaffen, welches diese Ver mittlung herstellen würde . . . Zeichenhaft abstrakt müßte wohl auch der Stil sein, welcher die heiligen Zu stände und Bewegungen den Augen vermitteln könnte." Die Mysterien allein sind die Inhalte der neuen Sakralkunsf (vergleiche die oben zitierten Fresken). Ihnen ent sprechen die magischen Darstellungsmittel, „die schon immer in wesentlichen religiösen Epochen gebraucht wur den; ober dadurch, daß diese Mittel den bekannten Ge stalten der Glaubenswelt einverleibt sind, ist ihr Zauber gelöst, und sie werden zu geisterfüllten Symbolen". Die Gehr-Monographie ist bleibendes Dokument zu die sen Erkenntnissen. Sie ist Entwurf zu einer Epiphanie des Heiligen, aufscheinend in sinnenhafter „Schönheit, die wie ihre Schwestern, die Güte und Wahrheit, . . . auf ganz verschiedene Weise in Erscheinung treten können". Gonsaiv Mainberger. Kirchengerät. Jahrbuch für christliche Kunst 1957/58. Ver lag der deutschen Gesellschaft für christliche Kunst, Mön chen, 1959. Die soeben erschienene 56. Jahresgabe der deutschen Gesellschaft für christliche Kunst übertrifft alle vorher gehenden durch die Sicherheit der Auswahl und die Vor nehmheit der Darbietung, die dem edlen Gegenstand ent spricht. Der Begriff „Kirchengerät" ist sehr weit gefaßt; er begreift die kirchliche Goldschmiede- und Textilkunst, Altäre und Taufsteine, liturgische Bücher und Kirchen gestühl in sich. Auf eine kurze grundsätzliche Besinnung auf Wortlaut und Sinn der kirchlichen Bestimmungen über die „sacra supellex", den kirchlichen Hausrat, folgen 174 Abbildungen mit einem Werkkommentar, für den Hans Dennhöfer verantwortlich zeichnet. Das Gebotene beweist, welche Qualitätshöhe das kirch liche Kunsthandwerk in Deutschend heute erreicht hat (leider muß man mit Msgr. Stephany hinzufügen, daß trotz dem noch in Fülle Minderwertiges in den Dienst der Kirche gestellt wird). Man braucht nur Kelche, Monstranzen und Tabernakel von Fritz Schwerdt und Karl Schräge, die
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