und Raumlose prophetischer Vision aufzusteigen vermag" (W. Erben). Stets wird man bei Chagall das einzelne Werk vom allgemeingültigen Sinngehalt, von den in ihm lebenden irrationalen Elementen und nicht vom Gegen stand her sehen, d. h. das Bildobjekt verwandelt sich unter dem formenden Griff des Malers zum Bestandteil einer neuen Wirklichkeit, die zugleich die uralte des Mythos und der Legende, des Glaubens und der Poesie neu lebendig macht. «Chagall hat seine ganz eigne Nacht", schrieb Theodor Döubler schon 1916. Die enge Beziehung zwischen dem Bereich der Seele und dem des Schöpferischen hat Jacques Maritain in folgende Worte gefaßt: „Das Schöpferische bildet sich in der Substanz der Seele, wodurch jeder verrät, was in ihm ist, und je größer ein Poet ist, um so tiefer sinkt die Ebene der schöpferischen Schau in das dichteste Sein seiner Seele hinab." BUCHBESPRECHUNGEN Neue kirchliche Kunst Kirchen. Handbuch für den Kirchenbau. Herausgegeben von Konrod Götz, Willy Weyres und Otto Bortning. Mit 475 Fotos und über 1200 Detailzeichnungen. Verlag Georg D. W. Collwey, München, 1959. DM 78.—. Von der liturgischen Bewegung der letzten Jahrzehnte sind außerordentliche Impulse ausgegangen. Wir denken dabei zunächst an die Vertiefung des religiösen Lebens. Darüber hinaus ist sie besonders dort fruchtbar gewor den, wo sie verwandten Strömungen unserer Zeit begeg nete. Denn die Grundforderungen der liturgischen Be wegung „Zurück zu den Ursprüngen" und „Zurück zum Wesentlichen" wurden auch anderwärts erhoben, vor allem im Bereich der Kunst. So ist es zur Erneuerung des Kirchenbaues gekommen. Zwei der führenden Kirchenbau-Architekten schon der zwanziger und dreißiger Jahre, Rudolf Schwarz und Otto Bartning, hoben von Anfang an ihre Bauten auf die Liturgie hin konzipiert. Bekannt ist das Wort Bortnings: „Die liturgische Entscheidung bedeutet die räumlich architektonische Entscheidung." Noch dem zweiten Welt krieg, als so viele Kirchen gebaut werden mußten, stellte sich das Problem erneut und dringender. Leider wurde oft nur aus einem praktischen Erfordernis heraus gebaut, ohne vorhergehende Besinnung auf die theologischen und auch geschichtlichen Grundlagen. In dem vorliegenden Bond werden nun endlich einmal die Prinzipienfragen in den Vordergrund gestellt. Dabei machen wir die bedeutsame Feststellung, daß die Diskus sion über die Grenzen der Konfessionen hinaus geführt wird und daß sich die Standpunkte führender katholischer und evangelischer Theologen sehr nahe kommen. Was im vorliegenden Bond der Münchner katholische Theologe Dr. Aloys Goergen sogt, deckt sich weithin mit dem, was der Altbischof der lutherischen Kirche D. Wilhelm Staehlin ausführt. Der Kirchenraum ist der Ort der Begegnung des Menschen mit Gott und hat daher gleichnishafte Darstel lung dieser Begegnung zu sein. Diese Begegnung geht von Gott aus und geschieht im Kult der Kirche. Im Zen trum des Kultes steht die Eucharistie-Feier. Es ist höchst bemerkenswert, daß Bischof Staehlin die zentrale Bedeu tung des Altars im Kirchenraum ebenso hervorhebt wie Dr. Goergen. Von großer Bedeutung ist ferner die Frage nach dem Ort der Wortverkündigung und der Taufe, in der katholischen Kirche auch die Frage nach dem Auf bewahrungsort des Altarssakramentes. Der Besinnung auf die theologischen Prinzipien, auf die wir andeutungsweise eingegangen sind, folgt eine solche auf die geschichtlichen Grundlagen des Kirchenbaues, die wir übergehen müssen. Die Brücke zur eigentlichen archi tektonischen Planung schlägt Konrad Gatz mit seinen „Er wägungen zum Raumverständnis". Ein Kirchenraum unserer Zeit ist nicht schon dann gut, wenn er die neuen Materialien verwendet, oder wenn der Gottesdienst sich rein äußerlich entfalten kann, oder wenn man ihm eine gekünstelte Symbolik beilegen kann. „Vielmehr hängt hier jegliches von einer Gesamtraum struktur ab, die in und aus sich zu Kult und Andacht all gemeingültig disponiert, so weit Raumwirkungen das über haupt vermögen. Auf der Ebene des zweckverfangenen Denkens sind solche Lösungen nicht zu suchen und zu finden, sondern nur in der Entfaltung echter Imagination." Diese dreifache Absage an den technischen Konstruktivis mus, den liturgischen Funktionalismus und den intellek tuellen Symbolizismus und der Hinweis auf die entschei dende Bedeutung der Gesamtraumstruktur ist wirklich ein mal ein klärendes Wort. Denn erst die gelungene Gesamt raumstruktur gibt einer Kirche den sakralen Charakter. Wenn das Werk auch den Vorrang der Theorie (im echten Sinn der „Schau", nicht des rationellen Ausklügeins) anerkennt, so kommen doch die praktischen Fragen nicht zu kurz. Die Fragen der Größe des Kirchenraumes, der „Orte" im Kirchenraum, der raumbildeoden Faktoren, der Anlage von Pfarrzentren werden besprochen. Ein umfang reicher Bildteil veranschaulicht die Situation im Kirchen bau nach dem zweiten Weltkrieg. Es wurden, freilich nicht immer sehr glücklich, Beispiele aus den verschiedensten Ländern gewählt. Ein eigenes „Sachlexikon' orientiert über die Bauvorschriften, die Raumtechnik (Kunstlicht, Akustik, Heizung und Lüftung), die Vorschriften für die einzelnen Einrichtungsgegenstände in katholischen und evangelischen Kirchen. Abschließend wird das Problem „Kirche und Städtebau" gestreift. Der Band hält, was er verspricht, nämlich das Hand buch für den Kirchenbau zu sein. Darüber hinaus stellt er einen wesentlichen Beitrag zur theologischen Klärung und Vertiefung dar. G. R. Richard Biedrzynski, Kirchen unserer Zeit. Verlag Hirmer, München, 1958. DM 38.—. Bücher über Kunst sind zur Hälfte schon gerettet, für den Verleger wie für den Leser, wenn sie gut bebildert sind. Der umfangreiche Band von Richard Biedrzynski „Kirchen unserer Zeit" ist mit Aufnahmen von Helga Schmidt-Glaßner bestens ausgestattet. Höchst erfreulich ist auch, daß den 148 ganzseitigen Schwarz-Weiß-Bildern und den 72 Zeichnungen im Text noch 12 ganzseitige Farb photographien hinzugefügt sind, so daß — vom immer
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