BERICHTE Norbert Wibiral Die neuentdeckten romanischen Fresken in Lambach Bemerkungen zur Ikonographie der Fresken im ehemaligen Westchor der Stiftskirche zu Lambach Dazu die Abb. 33 über den Stand der Arbeiten im ehemaligen Westchor der Stiftskirche Lambach, wie er sich Ende 1958 darstellte, wird in einer ersten zusammenfassenden Übersicht be richtet^). Seit Anfang 1959 ist eine neue Situation eingetre ten. Zum Zwecke der statischen Untersuchung der Kon sistenz des romanischen Mauerwerkes wurden fast das ganze Nordturmjoch und die Westseite des Südturmjoches im ehemaligen Läuthaus der Kirche von den barocken Ver stärkungsmauern befreit. Diese Arbeiten sind bis jetzt nur in der Presse^) und in einem Vortragt) behandelt worden. Der derzeit überblickbare romanische Freskenbestand am aufgehenden Mauerwerk, welcher die im ersten Bericht aufgestellten Vermutungen im wesentlichen bestätigte, ist sehr reich, qualitätvoll und teilweise ausgezeichnet erhal ten. Die Malereien sind aller Wahrscheinlichkeit nach im Zuge einer Ausstattungsaktion mit den seit 1868 bekannten Gewölbefresken entstanden und werden jetzt in die Zeit des 1089 geweihten Erstbaues der Stiftskirche datiert'). Ihre stilgeschichtliche und kunstgeographische Einordnung wird Gegenstand eines eingehenden Studiums nach der Gesamtfreiiegung sein. Im Rahmen dieses Kurzberichtes soll lediglich eine stich wortartige Obersicht der sehr interessanten, teilweise noch nicht eindeutig klärbaren Gegenstände der figuralen Szenen gegeben werden. Nordturmjoch. Westwand: zweigeteilt; oben; der zwölfjährige Jesus unter den Schriftgelehrten im Tempel mit den hinzutretenden Eltern. Luc. 2, 42—50. unten: Christus lehrend, beziehungsweise im Streitge spräch mit den Juden im Tempel. Für diese ikonogrophisch geläufige Darstellung können mehrere Textstellen aus den Evangelien herangezogen werden. Noch dem Flobitus der Szene und im Gesamtzusammenhang kämen einer bestimmteren Deutung am nächsten: a) Luc. 4, 16—30: Kommentar zu Jes. 61, 1.2 vor den Juden in der Synagoge von Nazareth, die sich unmittelbar darauf gegen Jesus zusam menrotten. b) Joh. 2, (13) 18—25; 8, 12—59: Christus im Streitgespräch mit den Pharisäern im Tempel, das einen ähnlichen Ausgang nimmt (2. Zitat). Vielleicht noch zutreffender als a), weil hier die Bezeugung der göttlichen Mission des Fleilands im Vordergrund steht. Es wird zu über legen sein, ob mit den beiden Männerchören zu Seiten Christi nicht etwa eine Kontrapostierung der Apostel (links, 12) und Juden (rechts, 14) gemeint sei, wie sie in reduzierter Form für den Codex Egberti (4. Viertel 10. Jahrhundert) durch Überschriften gesichert ist®). Nordturmjoch, Nordwand, westlich der Eingangstüre: zweigeteilt; oben: Zeugenschaft Johannes des Täufers für Christus vor der Menge. Joh. 1,19—31 wohl zutreffender als die Parallelstellen bei den Synoptikern. unten: Nimbierter Greis spricht zu zwei Frauen ohne Nimbus. Die vordere ist entweder kleiner oder nimmt eine andere Stellung ein als die dahinter stehende, welche ihr den Kopf zu halten scheint. Infolge doppelter Fragmentierung (rechts durch die später eingebrochene Türe, nach unten durch den ebenfalls später eingezogenen Fußboden des Raumes) derzeit keine sichere Deutung vertretbar. Möglichkeiten: a) Apostel will das kananöische Weib mit beses sener Tochter fortschicken, Marc. 7, 24—30; wichtiger noch Matth. 15, 21—28, mit dem „Dimitte eam" der Apostel. Darstellungsart®) wäre ungewöhnlich, da das Evangelium die Anwesenheit der Tochter nicht kennt'). Dabei ist andererseits festzuhalten, daß Christus im Bilde fehlt. b) Joseph und die beiden Hebammen. Pseudo Matth. Cap. XIII®). Die Anordnung und Haltung der beiden Frauen ist schwer mit dem Inhalt des apokryphen Berichtes vereinbar. Auch der Ort des Bildes im Zyklus gäbe zu denken. c) Schwierigkeiten mit den Texten beziehungs weise dem Bildort stünden auch einer Annahme, daß es sich hier um die Auferweckung der Tochter Jairi oder um eine andere Wunder szene handle, entgegen. Hingegen wäre der Deutung der Szene als Auferweckung der Drusiana durch den Evangelisten Johannes®a) in folge ihres Zeugenschaftscharakters für die Wundermacht Christi sowie als Pendant zu dem darüber befindlichen Testimonium Jo hannes' des Täufers eine Berechtigung im Ge samtzusammenhang nicht abzusprechen. Jo hannes der Evangelist als Patron des zweit wichtigsten Altares des Erstbaues dürfte auch besondere Bedeutung in der romanischen Kirche gehabt haben. Nordturm joch. Ostwand; Fresko über Bogen: Taufe Christi. Wesentlich ist, daß nicht der Taufakt selbst gegeben ist, sondern nur die unmittelbar darauf folgende Theophonie. Christus steht nicht im Wasser, Johannes ist als Zeuge des Ereignisses der Herabkunft des Heiligen Geistes mit Rolle an den Bildrand gerückt. Eine solche Auf fassung des Gegenstandes ist mit den Textesstellen der
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