Christliche Kunstblätter, 97. Jg., 1959, Heft 2

Gonsaiv Mainberger OP Bauen und Bedeuten P. Consolv Mainberger, Luzern, ist durch sein Buch .Die Seinsstufung als Methode und Metophysik", das jüngst als 24. Folge der Studio Friburgensia erschienen ist, bekannt geworden. Er ist derzeit Professor für Philosophie im Dominikanerkloster in Viadonc (Belgisch-Kongo). // JOS bedeutet dies, wenn zehn Kongolesen in Zentralafrika, auf einem Posten mit achtzig Kilometer Umkreis, fünfzigtausend Menschen, zehn tausend Christen und zwei Seelsorgern, mit Flußsand und Ziegelsteinen vier Mauern errichten, ein Dach darüber schlagen und dies dann Kirche nennen? Für den Priester bedeutet das, dem selbstverständlichen Erfordernis zehnjährigen Apostolates Genüge leisten; den Arbeitern bedeutet es Verdienst, den Besuchern des sonntäglichen Kultes Schutz vor unerbittlicher Hitze und vor prasselndem Regen. Bedeutet es dem Priester und dem Schwarzen und dem Christen nicht mehr? Dann muß aber dieses: einen Platz roden, ihn ous-räumen, abstecken, einen Grundriß ziehen, Mau ern errichten und ein schonendes Dach legen, in sich etwas bedeuten. Der Bau als solcher muß bedeutend sein. Was er bedeutet und unter welchen Bedingungen er etwas bedeutet, soll hier gesagt werden. Philosophie der Kunst Wenn der Philosoph über Kunst nachdenkt, ist dies etwas anderes als wenn Kunsthistoriker Kunstwerke analysieren. Beide kommen darin überein, daß sie über Kunst theoretisieren. Beide unterscheiden sich gemeinsam und grundsätzlich vom Künstler, der nicht theoretisiert, sondern den wahrnehmbaren Gegen stand schafft. Er setzt Seiendes. Der Philosoph erfährt dieses Seiende und befragt es als Gemachtes nach seinem Sein. Die Frage besteht für ihn nicht wie für den Kunsthistoriker darin, dieses Seiende auf ge schichtliche Faktoren, auf äußere Einflüsse und psy chologische Reaktionen zurückzuführen, auch nicht darin. Seiendes zu machen, sondern darin, es durch wiederholte und vertiefende Erfahrung in den Blick zu bekommen (theorein). Philosophie der Kunst setzt das gemachte Seiende als Kunstwerk im Vorbegriff voraus, ebenso den Blick für das Künstlerische daran sowie die Ergebnisse der Kunsthistorie'). Kunst hinZum Unterschied von Kunstphilosophie und Ästhetik vgl. Max Sense, Aesthetico. Metaphysische Beobachtungen am Schönen. Stuttgart, 1954. 21. — Es wäre noch zu untersuchen, wie weit etwa die Abhängigkeit Hegels von der damaligen Kunst geschichte zu veransdilagen ist, wenn er die Entwidclung des tdeals zu den besonderen Formen des Kunstschönen nur im Ablouf von klassischer Kunstform zur romantischen Kunstform ent faltet. G. W. F. Hegel, Vorlesungen über Ästhetik. Bd. II. Jubiläumsausgabe, herausgegeben von H. Glöckner, Bd. 13. Stuttgart, 1953. gegen als Können ist im ganzen auf das zu schaf fende Werk hin angelegt-). Die Bedeutung einer Sache kommt ihr von ihrem Grund und Wesen her zu. Grund und Wesen zu be fragen ist die Sache des Philosophen. Also betrachtet er Grund und Wesen des Kunstwerkes als Kunst werk, um dessen Bedeutung zu ermitteln und zu sagen, was es für einen Sinn habe, zu bauen, wenn anders der Bau selbst einen Sinn haben soll. Nun wird sogleich ein Einwand laut. Wenn sich Sache des Denkens und Sache der Kunst vermengen, wird das Resultat unvermeidlich ein Asthetizismus sein. Wenn theoretische Überlegungen in den Ateliers und auf den Bauplätzen entscheiden, sind wir wieder beim Programm und Werkstattbetrieb eines P. Desiderius Lenz und der Düsseldorfer Schule angelangt oder un versehens beim Epigonentum rund um Le Corbusiers Kapellenbau gelandet. So ist denn eine grundsätzliche Unterscheidung vonnöten. Wenn von Ästhetik die Rede sein wird, dann nicht im praktischen Sinne als Regel der Kunst. Philosophie der Kunst und Kunst als Kön nen unterscheiden sich in ihrem Verhältnis auf Sei endes, wie eben gesagt wurde. Somit ist das Unter schiedene unzurückführbar aufeinander. Also können die Prinzipien der Kunstphilosophie nicht die Regeln der Kunst abgeben, und dürfen es folgerichtig auch gar nicht. Und zwar vom Seienden her nicht, das gewahrt bleiben will. Schönsein als Gegenstand des Denkens Der Künstler denkt selten über sein schaffendes Tun nach. Er macht in intuitivem Vollzug mit wahrnehm baren Stoffen nicht das „Schöne" — und nicht das „Sakrale" und nicht das „Religiöse" —, sondern ein (schönes) Bild, einen (sakralen) Bau, ein (religiöses) Tafelbild. Schön und sakral und religiös beziehen sich nicht auf den dargestellten Gegenstand, sondern auf dessen Darstellung. Und doch: schön und sakral und religiös sind nur auf Grund und aus dem Sein des betreffenden Werkes. Für den Künstler jedoch sind Schön-sein und Sakral-sein und Religiös-sein ganz im Sein des Kunstwerkes verschwunden, absorbiert, aus gelöscht. Nur derjenige, der das Kunstwerk unter dem Gesichtspunkt des Seienden betrachtet, bekommt wie der die Weise des Schön-seins, Religiös-seins, Sakral seins in den Blick. Diese Betrachtung fragt nach den -) »Ars nihil aliud esf quam recto rafio aiiquorum operum faciendorum." Kunst ist nidits anderes als die richtige Regel der zu vollführenden Werke. Thomas v. Aquin, Summa theol. 1. II. qu. 57. art. 4 c.

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