gen der ganzen Gemeinde. Ihr allgemeines Priestertum trögt entscheidend den Gottesdienst mit. Die Orte, an denen der Amtspriester waltet, sind der Sichtbar keit und Besonderheit seines Priestertums wegen um einige Stufen hervorgehoben. Der Ambo um zwei Stufen, der Sonntagsaltar um drei. Das genügt. Der Priester bleibt so im Verband seiner Gemeinde wäh rend seines Dienstes. Die zwei einzigen echten Grundformen des Altars sind der Opferstein oder Opferblock und der Eßtisch oder Gabentisch. So wurden denn die beiden Altäre, die axial hintereinander stehen, um ihrer wesentlich verschiedenen Aufgabe willen und damit sie sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen, nach diesen beiden Grundformen verschieden gestaltet. In der Apsis steht der Sakramentsaltar, der das mysterium permanens der Gegenwart Gottes darstellt und trägt, ein Mono lith aus ligurischem Muschelkalk. (Andere moderne Kirchen bauen ihre Altäre aus Ziegel, verblenden sie aber mit kostbaren Marmorplatten; uns war unsere bescheidenere, aber echte Form lieberl) Auf diesem wuchtigen Steinblock ist das Tabernakel mit einem Fuß befestigt, ein Stahlpanzer in V\fürfelform ohne angebohrte Ornamente, auf der Stahlfläche selbst blattvergoldet (ein Unikum in Österreich). Der Altar ist die extremste Konträrform zum Barockaltar, auf dem Blumen, Kerzen, Reliquienschreine, Statuen, Bil der, Kreuz und Tabernakel gehäuft sind. Unser Altar ist restlos entflochten. Er steht für sich da. Die Kerzen stehen rechts und links, das Kreuz frei hinter ihm, ebenso das große Patroziniumsbild, das kein „Altar bild" ist, wenngleich es hinter dem Altar hängt. Sogar das Tabernakel ist vom Altar abgehoben, wenngleich mit ihm vorschriftsmäßig verbunden. Der Altar ist nicht erschlagen von einem großen Apsisgemälde oder einer flimmernden Glaswand, sondern steht ruhig und bedeutsam da. Der Sonntagsaltar ist als Tisch gestaltet. Aber nicht profan, sondern sakral. (Entsetzlich an den „altdeut schen" Eichentisch zu denken, der im Münster zu Bern als Abendmahlstisch dient; er könnte ebensogut auch ein Stammtisch seini) Wie das Brot der Messe aus vielen Körnern zusammengebacken und der Wein aus vielen Trauben zusammengepreßt, so ist auch unser Altar aus 55 Balken zusammengeleimt und versinnbildet die opfernde Gemeinde. Der Altarstein ist nicht eingelassen, sondern liegt streng im Ornament des Tisches auf ihm. Den freistehenden Altar umgibt die Gemeinde von drei Seiten, an der vierten Seite steht, um seines besonderen Amtes willen, der Priester allein und schließt so den Kreis der Opfergemeinde. Durch sein Stehen wird die Opferrichtung der Gemeinde ins Vertikale umgebogen. Er hebt senkrecht die Opfer gaben zu Gott empor. Auf dem Gabentisch findet „der Austausch zwischen den irdischen und himm lischen Gaben" statt, der in der heiligen Messe ge feiert wird. Die Gemeinde vermag auch mit den Augen Anteil zu nehmen an dem, was der Priester tut. Freilich verlangt die Stellung des Priesters hinter dem Altar von ihm Konzentration und Ruhe. Es genügt also unserer Meinung nach nicht, im modernen Kirchenbau den Altar dominant zu stellen; man muß ihm auch seine wesentliche Form wieder geben; alle Halbformen und Kreuzungsformen zwischen Block und Tisch, die abwegigen barocken Formen vom Sarkophag, aber auch alle aparten, noch nie da gewesenen, spielerisch zufälligen modernistischen Altarformen lehnen wir ab. Auch stellt man den Sinn der Dinge auf den Kopf, wenn man den Sakraments altar als Tisch, den Meßaltar als Block formt. Woher kommt übrigens das Vorurteil, Eichenholz sei kein edles Material für einen Altar, als ob es nicht un gezählten Schmarrn aus Marmor gäbe! Dem Sonntagstischaltar gleichgestaltet in Material und Form sind die vier Kommuniontische. Man emp fängt Speise nicht an Speisegittern oder Speisebänken oder Speiseschranken, sondern an Tischen. Es ist ein unbegründetes Vorurteil, daß Tische zu breit und unpraktisch für die Austeilung der heiligen Kom munion wären. Am Tisch Christi, dem Altar, wird die heilige Speise bereitet, an den Tischen der Apostel (I) ausgeteilt. Die fünf Tische bringen deutlich den Abend mahlcharakter der heiligen Messe zur Anschauung. Alles andere ist zeitbedingt: im Abendmahlssaal lag man auf Speisesofas, hier kniet man auf Leder polstern. Der Sonntagsaltar steht schmucklos und leer, bevor der Gottesdienst beginnt. In feierlichem Einzug geleiten die Ministranten mit Kreuz und Kerzen den Priester mitten durch die Gemeinde zum Altar und stellen diese Geräte zur Feier der heiligen Messe neben den Altar hin. Buch und Kelch werden gebracht, wenn sie gebraucht werden, und weggetragen, wenn ihr Dienst zu Ende ist. In der Messe kommt Christus zu den Seinen und scheidet wieder von ihnen. Der Altar ist der Schauplatz dieser Begegnung Christi mit seiner Gemeinde, der Ort des Mysterium transiens. Darum steht er wieder leer da, wenn der Priester feierlich ausgezogen ist. Noch eine bedeutsame Entsprechung haben wir zu gestalten versucht: die Weihwasserbecken sind aus gleichem Material und in gleicher Form wie der Tauf stein und weisen so auf diesen hin. Wie zwei Was sersäulen stehen rechts und links vom Haupteingang die Weihwasserbecken aus durchscheinendem Poly esterharz und mahnen den eintretenden Christen zur Erneuerung seiner Taufgnade. Eine Seitennische beim Eingang der Kirche ist als Taufkapelle ausgebaut, der Priester und der Pate mit dem Täufling steigen über eine Stufe hinunter in eine kreisrunde Vertiefung, in den heiligen Kreis des Geheimnisses der Wieder geburt. Aus der durchbrochenen Decke flutet Licht auf den Taufstein herab. Schließlich haben wir das Tabernakel selbst als Aussetzungsthron konstruiert, so daß es bei der Aus-
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