tebens und persönlicher seelischer Größe fördert nachdrücklich die Verehrung der Heiligen, besonders derjenigen, auf deren Fürbitte man großes Gewicht legte in einer Zeit, die so oft von Seuchen und Un gemach heimgesucht war. St. Sebastian, Rochus und Rosalia, Katharina, St. Florian und Leopold sind Heiligengestalten, die ebenso allgemeine Verehrung finden wie die 14 Nothelfer und Johannes von Nepomuk, der auf Andringen des Kaisers heilig gesprochen wurde und in der gesamten Monarchie als Helfer in Wassernot angerufen wurde. Es bilden sich religiöse Bruderschaften nach dem Beispiel religiöser Genos senschaften. Sie pflegten das gemeinsame Gebet und hatten auch karitative Aufgaben. Die Pfarrseelsorge war längst wieder in geordnete Bahnen gebracht worden; denn die Bestimmungen des Trienter Konzils hatten für eine gründlichere theologische Ausbildung der Alumnen in Diözesanseminaren und Ordens anstalten gesorgt. Die zahlreichen Klöster standen in ungewöhnlicher Blüte, da die Zahl der Jünglinge und Mädchen, die den Habit nahmen, erstaunlich ge wachsen war. Diese Entwicklung der Konvente brachte es mit sich, daß die Intensität des religiösen Lebens zunahm und die Klöster neue Aufgaben übernehmen konnten. Ein neues wissenschaftliches Interesse regte in vielen Klöstern gelehrte Studien an und legte be sonderes Gewicht auf die Ausgestaltung der Biblio theken und die Vermehrung der Bücherschätze. Die alten, oft sehr vernachlässigten Klostergebäude genügten clen modernen Ansprüchen nicht mehr. Do bei zunehmender Wirtschaftlichkeit die Einnahmen aus dem klösterlichen Grundbesitz stiegen, war man in der Lage, neue weiträumige, nach einheitlichen Gesichtspunkten geplante Klosteranlagen aufzufüh ren, denen vielfach die weltliche Schloß- und Palast architektur zum Vorbild diente. Kirche, Bibliothek und Festsaal standen im Mittelpunkt der Anlage und wur den künstlerisch reich ausgestattet. Die großartige Bautätigkeit der Klöster — man erinnere sich an Melk, Göttweig, Klosterneuburg, St. Florian, Admont u. V. a. — verschaffte unzähligen Menschen Verdienst und stellte der Kunst und dem künstlerischen Hand werk große und lohnende Aufgaben. Selbst die Vor stände kleinerer Konvente, zum Beispiel in Dürnstein, suchten in reduzierten Maßstäben die Leistungen der großen nachzuahmen und brachten es zu wunder vollen Schöpfungen. Longe Zeit besaßen die Jesuiten ein Studienmono pol für höhere Lehranstalten, jetzt machten ihnen die Benediktiner Konkurrenz, die ihre alten Kloster schulen zu Gymnasien ausgestalteten und neue Ordensgemeinschaften, wie die Piaristen, pflegten eine neue Art fortschrittlichen Unterrichtes. Aus ihnen gingen später die großen Schulreformer hervor, als die Jesuiten unter Mario Theresia aus ihrer beherr schenden Stellung im Schulwesen verdrängt wurden. Viele Klöster zeichneten sich durch intensive Förde rung gelehrter Studien aus, wie zum Beispiel Melk, St. Florian, Kremsmünster, Admont, die Schotten in Wien, Vorau, in denen zahlreiche bedeutende wis senschaftliche Leistungen besonders auf dem Gebiete der Geschichtswissenschaft vollbracht wurden. Das rege geistige Leben, das in den herrlichen barocken Bibliotheken noch heute bewundernswert in Erschei nung tritt, gehört zu den Kennzeichen einer Zeit, die ihren geistigen Horizont nach jeder Richtung hin zu erweitern suchte. Das religiöse Leben und die volkstümliche Frömmig keit spiegeln sich wider in den Wallfahrten zu den zahlreichen Gnadenorten. Alte Wallfahrtsstätten leben wieder auf und viele neue entstehen zu Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit oder der Mutter Gottes. Weithin sichtbar grüßen sie von den Höhen die zahl reichen Pilgerscharen, die betend und singend zu ihnen wandeln. Eine Wallfahrt war zu dieser Zeit ein wirk licher Bußgang unter beträchtlichen physischen Opfern und viele Pilger machten es sich noch besonders schwer, indem sie barfuß zu den heiligen Stätten wanderten. Es ist die große Zeit der Orgelbauer, Glockengießer und Paramentenmacher, die es gerade zu zu künstlerischer Vollendung bringen. Ungleich häufiger als heutzutage wurde der Alltag durch kirch liche Feste unterbrochen, die mit aller barocken Prunkliebe und Schaulust gefeiert wurden. Die arbei tenden Menschen der damaligen Zeit hatten wahr scheinlich mehr freie Zeit als die heutigen Arbeiter und Angestellten mitsamt ihrem Urlaub. Man glaubt an allerhand Wunder und erbaut sich gern an höchst unglaubwürdigen Legenden; immer besteht die Ge fahr einer übertriebenen mystischen Illusion. Man liebt eben auch im Religiösen das Außergewöhnliche und Unfaßbare. Die stark gefühlsmäßig betonte Frömmigkeit findet kein Genügen in abgeschiedener Stille, sondern sucht nach äußerer Kundgebung inneren Erlebens. Wie das korporative Zusammen wirken vieler Menschen im allgemeinen zur theatra lischen Gebärde des Barock gehört, so sammelt sich auch im religiös-kultischen Zeremoniell gemeinsames Empfinden zu eindrucksvoller Darstellung. Die Zeit des blühenden Hochbarock hatte freilich auch ihre Schattenseiten. Leicht konnte die Lust an schmückendem Beiwerk zu reinem Blendwerk werden und Schwulst und leeres Pathos an die Stelle wahr hafter Empfindung treten. Es gibt viel bloßen Schein und vorgetäuschte Größe, hinter der nichts steht als eine kleinliche Sucht, zu glänzen. Es gibt viel hand werkliche Routine, die bei dem Versuch, sich mit wahrer Kunst zu messen, kläglich scheitern muß. Es gibt viel leere Phantastik und sinnlose Spielereien, unangebrachte und weithergeholte, daher kaum mehr verständliche Allegorie und falsche Mystik. Die Sucht nach Kuriosität, nach Neuem, Sensationellem, über haupt Ungewöhnlichem verführt zuweilen zu abson derlichen Ideen. Besonders bedauern wir, daß diese
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