so hoben diese Begriffe nicht den gleichen präzisen Sinn wie etwa dos „Malerische" als kunstgeschichtlicher Grund begriff bei Wölfflin (der es ja auch an der Kunst des 17. Jahrhunderts abgelesen hat). Dennoch wird es einem je länger je mehr bewußt, daß das Vorgehen Hausensteins dem Barock am angemessen sten ist. Gerade der Verzicht auf Definitionen befähigt ihn, das Eigentliche des Barock in den Blick zu bekom men: seine dialektisdie Struktur. Aus ihr resultiert die letzte Ambivalenz dieses Stils, in dem „ein Gegenteil das andere nicht ausschließt". Am peinlichsten und zugleich am gefährlichsten wird die Zweideutigkeit des Barock dort, wo es versucht, Natur und Obernatur, Endliches und Unendliches, Sinnliches und Geistiges zu verschmelzen. Man mochte meinen, man könne das Sinnlidie zum Geistigen hinaufsteigern, über sah dabei aber, daß damit das Geistige zur höchsten Form des Sinnlichen degradiert wurde. Es ist verräterisch, daß dos Barock im Rokoko endet. Das ist der Triumph der Liebe, aber nicht der „amour", sondern der „volupte". Der Liebe werden die Proerogative des Religiösen zu erkannt, sie v/ird eine „unsäglich weiche Hingebung an eine objektive Macht, die Schicksale ausstreut". Wie Hausenstein Größe und Verhängnis des Barock herausstellt, ist auch heute noch bewunderungswürdig und behält seine Gültigkeit. Daneben tritt die Tatsache zurück, daß manches an den 1912 bzw. 1919 zum erstenmal erschienenen Werken überholt ist; im Barock-Buch hat Hausenstein selbst, im Rokoko-Buch Joachim Wieder in einem Nachwort einige Korrekturen angebracht. Uns scheint vor allem wichtig zu sein, daß darauf hingewiesen wird, daß Hausensteins Barock-Buch geschrieben wurde, ehe der Begriff des Manierismus allgemeine Anerkennung gefunden hat, und daß es daher einigermaßen bedenklich erscheint, daß Greco einfachhin zum Barock gerechnet wird. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert ist ein weiter Weg, und es ist schwer, dem Phänomen des Barock ganz gerecht zu werden, wenn man diese Entwicklung in die Unter suchung nicht einbezieht. Eine eigene Würdigung verdient die Ausstattung der beiden Bände. Sowohl die Bebilderung als auch die gra phische Gestaltung hält höchstes Niveau. Wie in dem Barock-Band Kirche und Schloß, Raum und Licht, Liebe und Tod, das Bild des Menschen und des Engels einander gegenübergestellt werden, das ist eine überaus geglückte Transponierung des Textes ins Bild. Die Illustration des Rokoko-Bandes bewahrt den Reiz des Intimen. So sind äußere Gestalt und innerer Gehalt der beiden Bände eine Einheit geworden, wie sie nur selten gewonnen wird. G. R. Gertrude Aurenhammer, Die Handzeichnung des 17. Jahr hunderts in Dslerreicli. 181 Seiten mit 81 Abbildungen. Verlag Anton Schroll & Co., Wien, 1958. S 140.—. Die ungewöhnlich genaue Untersuchung wurde als erster, vom Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes herausgegebener Band der Studien zur österreichischen Kunstgeschichte veröffentlicht. Die aus einer Dissertation hervorgegangene Arbeit leuchtet in einen dunklen, von der Forschung bisher noch wenig bearbeiteten Bereich des künstlerischen Schaffens hinein und bringt darum eine Fülle neuen Materials, aber auch eine nicht geringere Fülle neuer wissenschaftlicher Ergeb nisse. Mit Umsicht ist der weit verstreute Bestand der Zeichnungen aufgenommen und so ausführlich beschrieben, daß der Katalog fast die Hälfte des Buchtextes ausmacht. Es erscheint wichtig, daß der Umfang des zeichnerischen Materials so vollständig als möglich erfaßt wird, umso mehr als er weder künstlerisch homogen noch gleichmäßig für die einzelnen österreichischen Länder erhalten ist. Künstlerische Mittelpunkte hoben sich während des XVII. Jahrhunderts nur an den Sitzen der Hofhaltungen in Innsbruck, Graz und Wien gebildet. Von ihnen trägt Innsbruck die geschlossenste Überlieferung durch die Künstlerfamilien der Schor, Gumpp, Waldmann und Steidl. In Niederösterreich und Wien steht allein die Familie Grabenberger neben den Malern Tobias Pock und Johann von Spillenberger, Salzburg, Körnten und Oberösterreich fallen in der Entwicklung bis auf wenig bedeutsame Namen aus und unter den steirischen Künstlern erreichen nur Pietro de Pomis und Hans Adam Weissenkircher einen klaren faßbaren Rang. Vom Künstlerischen her ge sehen erscheint die Erforschung des Jahrhunderts nicht die dankbarste Aufgabe, denn es ist eine zwar produktive Zeit — wie die Untersuchung nachzuweisen vermag —, doch entbehrt sie sowohl der genialen Einzelbegabungen als einer einheitlich gehobenen Stilkonvention. Es ist die Zeit einer schöpferischen Niederung in der sich auf öster reichischem Boden die künstlerischen Einflüsse Italiens, vor allem Venedigs und Roms, mit den süddeutschen und niederländisch-vlämischen begegnen. Besonders in der ersten Hälfte des Jahrhunderts ist die künstlerische Tra dition — mit Ausnahme Tirols — weitgehend abgerissen, so daß auch die Zahl der erhaltenen zeichnerischen Doku mente eine recht geringe ist. Es erscheint als Vorzug der Publikation, daß sie es nirgends unternimmt, Entwicklungs linien zu konstruieren, wo die Zeichnungsschöpfungen aus fallen. Vielleicht ist der Feststellung von Einflüssen an manchen Punkten ein allzu großes Gewicht beigemessen, so daß darüber die Charakteristik einzelner Künstler persönlichkeiten an Schärfe verliert. Vielleicht ist die Her anziehung der Gemälde und Fresken für das künstlerische Profil der Meister zu zurückhaltend, da gerade die Zeich nungen nicht nur für die Erscheinung und Datierung der Gemälde wichtig sind, sondern mit den Gemälden erst die einzelnen Individualitäten lebendig zu machen ver mögen, dies umso mehr, da sie fast alle nicht die Stil entwicklung bestimmen, sondern von ihr getragen werden. Die Verfasserin betont ausdrücklich, daß im XVII. Jahrhun dert von einer „österreichischen Kunst" im Sinne einer selbständigen und einheitlichen Leistung nicht gesprochen werden kann. Diese Feststellung behielte ihre Gültigkeit auch wenn dos erhaltene Material an Zeichnungen ein Vielfaches von dem überkommenen oder noch nicht ent deckten betragen würde. Trotzdem wirken einzelne Künst lerpersönlichkeiten mit oll ihrer konservativen Grund haltung unverwechselbar in ihrem zeichnerischen Ausdruck: Johann Paul Schor durch die dekorative Lebendigkeit der Flächengliederung, Egid Schor durch seine sprühende, fast impressionistisch zuckende Skizzierkunst und Johann Anton Gumpp durch den schweren Pomp seiner Dekorations entwürfe. Kaspar Waldmann entfaltet seine breit schwin gende Formenführung, in der ihm Johann Josef Waldmann verwandt bleibt. Melchior Michael Steidls Zeichnungen offenbaren eine Vielseitigkeit des Ausdrucks, von linear gezogener Komposition bis zu hochplastischer Modellie rung, deren farbig-plastischer Eindruclc sich mit Blättern Johann Anton Gumpps begegnet. Gegenüber Johann von Spillenberger, über den Julius Fleisclier eine schöne Studie veröffentlicht hat, ist Tobias Pock, der weniger profilierte Zeichner, da seine Blätter nicht über die tem peramentvolle Zügigkeit der Improvisation verfügen, die einzelne Studien Spillenbergers aufweisen. Als Bildhauer zeichnungen sind die Figurenstudien Thomas Schwonthalers in ihrer weich und bewegt modellierenden Formen charakteristik, ganz persönliche Leistungen, die sich durch die Konzentration auf das Figurale aus den Malerzeich nungen herausheben. Mit Schwanthaler ist das XVIII. Jahr hundert erreicht, ebenso mit Matthias Rauchmiller, Peter
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