Christliche Kunstblätter, 97. Jg., 1959, Heft 1

den Türmen deren Aufstreben auf. Gleich sind viele Details, seine typischen Fensterverdachungen aus ge brochenen Gebälkstöcken, das Hineinschieben der Zifferblätter in die Gebälkzone und damit das Auf treiben des Dachsaumes. Verschiedene Türme haben abgerundete Mauerkanten. In Freistadt war dies wohl deshalb nicht möglich, weil dazu die nach lan desüblicher Weise verwendeten Ortsteine hätten ab geschlagen werden müssen. Auch der reizvolle kleine Bau am Fuße des Turmes, in dem sich heute das Kriegerdenkmal befindet, zeigt die immer wieder verwendeten Baugepflogenheiten des Meisters. Vorgebildet mit seinem Diadembogen scheint er schon im Gartenhaus des Schlosses Lemberg irr Steyr zu sein, hinzu treten aber die ihn tragenden und über Eck gestellten Säulen. Diese verwendet er schon in seiner Frühzeit am Portal des Freihauses Mannstorff in Linz. Hier sind die Mauerkanten abge rundet. Der Vorbau verleiht dem Turm, wie der Frei städter Rat stolz den Pfarrer belehrt, „eine echte Zierde und herrliches Ansehen mit der oben in der Höche darauf stehenden steinernen statua des hei ligen Floriani" neben zwei Engeln, über den Bild hauer berichten die Urkunden äußerst karg im Ex trakt vom 22. Dezember 1737: „Dem bildhouer wegen verfertigter stoturn des heiligen Floriani auf ds thurm eingang bortals nebst zwei engin von Edtenburger stain in fl." Ober den Bildhauer können daher vor läufig nur Vermutungen ausgesprochen werden. Es dürfte sich um den bürgerlichen Bildhauer Johann Baptist Spaz in Linz handeln, mit dem am 23. Aprin717 Abt Pagl von Lambach für die Kirche von Poura einen Vertrag abschloß, „. . . die Copitellen von Edtenbur ger sandtstoin . . ." In Freistadt selbst ist für diese Zeit kein Steinbild hauer bezeugt. Der barocke Umbau des Kirchturmes der Freistädter Stadtpfarrkirche ist sowohl noch den Archivalien als auch stilistisch ein Spätwerk Prunners. Im gleichen Aktenkonvolut des Freistädter Stadt archivs (Kirchenbauakten 517) befindet sich ein Riß für eine geplante Außenbarockisierung der Stadtpfarr kirche, der 1750 datiert und S. H. signiert ist. Er tradiert viele Prunnersche Ornamentformen. Es ist aber auch zu erkennen, um wieviel schwächer im Ge gensatz zum Turm die Arbeit ausgefallen wäre. Bei dem Verfertiger handelt es sich um den Polier Prunners, dem in seinem Testament unter Punkt 7 und 12 genannten Sebastian Hergeth, dem er dort sein Gewerbe vermacht. In diesem Zusammenhang seien noch weitere Bau werke erwähnt, deren Stil auf eine Urheberschaft Prunners hinweisen könnte: Der Turm der Pfarrkirche in Hagenberg bei Pregarten und die ehemalige Fas sade der Liebfrauenkirche in Freistadt, wie sie auf den im Heimathaus Freistadt befindlichen vier Stadt ansichten von 1798 erscheint. Hier bestehen starke Zusammenhänge mit der ehemaligen Spitalskirche in Wels. Die Würdigung des Gesamtwerkes des Künstlers läßt sich durch den Vergleich mit denen der genera tionsgleichen Baumeister ziehen. Hierbei werden wech selseitige Beziehungen offenbar, aber auch der per sönliche künstlerische Charakter und die Qualität des Stils läßt sich herausarbeiten. Zu bedenken ist zuerst, daß Prunner nicht die großen Aufgaben gestellt wur den wie den Meistern der ersten österreichischen Barockgeneration. Fischer arbeitet für den Kaiser, Hildebrandt für den hohen Adel, Prondtauer wird von den großen Stiften herangezogen und Christoph Dientzenhofer baut repräsentative Kirchen. Prunner dagegen entwirft in der Provinz Adelshäuser, denen der Titel Palais nicht zugeschrieben werden kann; seine Kirchen und Kapellen sind zum großen Teil Durchschnitt, nur wenige Werke reichen an das Niveau der anderen Meister heran. Generationsmäßig gehören Dientzenhofer, geboren 1655, Fischer, ge boren 1656, und Prondtauer, geboren 1658, zu einer Gruppe, Hildebrandt, geboren 1668, und Prunner, ge boren 1669, sind etwas jünger. Sie alle stehen direkt oder indirekt unter dem großen Vorbild Fischers und befruchten sich auch gegenseitig. Fischers Bauen ist das eines Bildhauers mit dem Empfinden von plastischen Werten im Bauwerk und er steigert sich zu einem bildhaft subjektiven Schaf fen. Dientzenhofer ist schwer und stark dem italieni schen Hochbarock verhaftet; erst um 1700 kommt er durch Berührung mit Hildebrandt zu leichteren For men. Prondtauer, auch ein Bildhauer, ist wesentlich undynamischer als Fischer, er schaltet frei mit Bau gruppen und vereinigt sie in der Landschaft zu Bil dern. Hildebrandt ist, obwohl er in seiner Frühzeit unter Fischers Einfluß steht, weniger streng, leichter und schwebender und berührt sich hier mit Prondt auer, der jedoch dessen Raffinement nicht erreicht. Neben diesen Meistern wirkt Prunner immer alter tümlicher, er behält in seiner Kunst die Grundlagen des 17. Jahrhunderts bei. So in den Kapellen von Schenkenfelden an über die auf dem Puchberg bei Lambach bis zur Kalvarienbergkapelle in Kremsmünster. In seinen Kirchenbauten zeigt sich deutlich die Tendenz, auf die Grundlage des 17. Jahrhunderts die Kunst der Fischer und Hildebrandt aufzupfropfen: Seine Bauten wirken kulissenhaft, ohne Dynamik, das Orna ment scheint nur aufgelegt. Das Tektonische dient einer optischen Bauweise, das Ornament verstärkt diesen Eindruck. Spannungen gibt es im Werke nicht. Seine künstlerische Phantasie ist nicht weit gespannt, einige wenige Grundtypen werden verändert und den Stilstufen zeitgleicher Künstler angeglichen. Es scheint aber, als ob er parallel daneben — je nach dem Auf traggeber und nicht nach der Aufgabe — seine eigene

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