Christliche Kunstblätter, 96. Jg., 1958, Heft 4

Zeitschriften und Kataloge Ars Sacra 58. Uitgave 3. Ausstellungskatalog. Leuvens universitair kunstcentrum. Die erlesene Schau in dem von Kriegsschäden wieder hergestellten Altarraum der St. Pieterskerk ist am 18. Ok tober d. J. geschlossen worden. Ein halbes Jahr lang stand der spätgotische Chor dieser Kirche mit dem Kapellen kranz und den interessanten Freilegungen einer Ring krypta im Zeichen der zeitgenössischen kirchlichen Kunst. Den Besuchern, die in dieser Hinsicht von der Expo in Brüssel enttäuscht hierhergekommen waren, bot sich in Löwen nun ein großer Überblick von einer Gültigkeit, wie sie nur die Qualität hat. Man hat in dieser Ausstellung auch den kühnen Versuch gemacht, mit den unbedingt kirchlichen Kunstobjekten andere Kunstschöpfungen zu konfrontieren, die beitragen sollten „zum Bewußtwerden der sakralen Möglichkeiten, die jede wahrhafte Kunst in sich trögt und zur Bereicherung der kirchlichen Kunst". Der Veranstalter, das „leuvens universitair kunstcentrum" hat für diese Ausstellung einen Katalog gleich in meh reren Fremdsprachen herausgebracht, der eine besondere Leistung darstellt. Der Besucher der Ausstellung hat da mit nicht nur eine gute Erinnerungsstütze mitbekommen, sondern zugleich eine außerordentlich instruktive Einfüh rung in die Entwicklung und Problematik der zeitgenös sischen Kirchenkunst. Die moderne Aufmachung heißt hier nicht noble Monotonie, sondern Lebendigkeit. Ausgezeich nete Bildwiedergaben in den verschiedensten Formaten, darunter prächtige Farbkunstdrucke, illustrieren über zeugungskräftig die Dokumentationen offizieller kirch licher Stellen und kirchlicher Kunstsachverständiger sowie aufschlußreiche Selbstzeugnisse der bedeutendsten Künst ler, die hier zu \Mort kommen. Satz und Schrifttypen lassen in ihren Veränderungen noch den Wert des Persönlichen spüren. Es leuchten hervor (im wörtlichen Sinne sind die guten Farbklischees nach Werken von Bazoine, Manessier usw. gemeint) die Werke der großen Franzosen, deren unbestreitbare Führungsstellung in dieser Zusammen ordnung mit Recht zum Ausdruck kommt. Die größte Ent wicklung bringen jene Seiten, die der Sakral-Architektur gewidmet sind, von Perrets Liebfrauenkirche in Raincy — ja noch von Baudet (St. Jean de Montmartre, 1894) und von Astruc (Notre-Dame du Travail, Poris, 1899) bis zu den Höchstleistungen der Gegenwart von den Architekten Böhm, Bartning, Schwarz, Baur, Metzger, Corbusier, Spence, Mies van der Rohe, um nur die wichtigsten zu nennen. Selbstredend treten neben die photographischen Aufnahmen die Grundrisse der Archifekturen als Chiffren ihres Gehaltes. So schlägt man diesen Katalog auf und ist gebannt. Man sieht die alten vertrauten Dinge neu. Das VVort der Künstler spricht dazu; verhalten, wie Manessier, der spürt, mit den Worten etwas Unsagbares ausdrücken zu müssen: „Für mich ist die Malerei die Antwort auf meinen Hunger noch Harmonie und Einheit." Der Maler weiß, daß die Welt im Schlaf des Materialismus liegt. Aber er will den göttlichen Funken bewahren für diese Welt und gegen sie. Dos Geleitwort hat das Thema von der höchsten Sendung der Kunst angeschlagen, dem dieses Buchwerk und die ganze Ausstellung gefolgt ist: „. . . in der religiösen geschichte der menschheit schreiben wir also dem künstler eine bedeutende rolle zu. dos führt auch eine ernste Ver antwortung mit sich, denn der künstler kann — leichter möglicherweise als irgend ein anderer mensch — seiner berufung untreu werden, bedeutet auch ein kirchlicher auftrag an sich noch nichts besonderes, so setzt die wohl des Künstlers bei diesem doch einen besonderen ernst voraus, weil er hierbei direkt in eine gemeinschaftliche kultussphäre miteinbezogen wird und seinem werk eine höhere funktion zukommt, das Kunstwerk wird durch diese wähl keineswegs beeinflusst, es liegt jedoch in der großen tradition der Kirche, dass nur das beste dieser wähl wür dig erachtet wird, diese auffassung lebt noch immer, aber die Urteilsfähigkeit ist dadurch verlorengegangen, dass man sowohl die religion als auch die Kunst in ihrer tief sten berufung verkannt hat." Dr. Erich Widder. Quadern! dl architettura sacra; Chleso e quartiere — Edizioni Ufficio nuove chiese, Bologna. Vierteljahresschrift, bis zu 80 Seiten, Einzelheft 500 Lire, gesamter Jahrgang 1600 Lire, für Studenten 1200 Lire; seit März 1957, bisher 6 Hefte. In der rührigen Stadt Bologna hat sich unter dem Vor sitz von Kardinal Giacomo Lercaro ein „Studien- und Informationszentrum für kirchliche Architektur" gebildet. Kardinal Lercaro ist ja bekannt durch sein Interesse für die Fragen und Probleme um die christliche Kunst, zum Beispiel auch durch die Beiträge in den Katalogen zur internationalen Kunstausstellung 1956 und zur I. Biennale christlicher Kunst der Gegenwart 1958 in Salzburg. Inhaltlich ist der Bogen der geschmackvoll ausgestatteten Publikationen weit gespannt. Wie der Titel andeutet, kom men in erster Linie Fragen und Probleme der Architektur, näherhin des modernen Kirchenbaues im Rahmen der Städteplanung, zur Sprache, dann aber auch die Ausstat tung der Kirchen mit Werken der Plastik und Malerei. Den breitesten Raum nimmt natürlich Italien ein; und da ist mit Freude festzustellen, daß sich dieses Land, das bisher in den Formen des Kirchenbaues der sicher ruhm vollen Vergangenheit so stark verhaftet und verpflichtet war, ernstlich nach neuen Linien und Lösungen sucht und bestrebt ist, sich von der allzu starken und starren Bin dung an die Tradition zu lösen. Auch die Biennale in Salzburg gab darüber einen instruktiven Aufschluß mit sprechenden und ansprechenden Beispielen. Der hohe Stand im Profanbau kommt nun auch der sakralen Archi tektur zugute. Auffallend ist die starke Vorliebe für Zentralbauten; die alte Vorstellung der „circumstantes", der den Altar umstehenden Gläubigen, leuchtet immer wieder auf. Neben Italien kommen auch die anderen Länder Europas vor dem Eisernen Vorhang zu Wort, zum Teil sogar in ihrer eigenen Sprache. So wird auch das Kunstschaffen der Schweiz, Frankreichs und Spaniens, Deutschlands und Österreichs ausgiebig gewürdigt. Das Heft 1 vom März 1957, in welchem eingangs des 10. Jahrestages der Bischofsweihe von Kardinal Lercaro gedacht wird, behandelt im wesentlichen ein geschlossenes Thema, nämlich Süditalien und den Mittelmeerraum in seiner volkstümlichen sakralen Architektur. Als Gegenstück finden wir das Schaffen zweier moderner Künstler, des Schweizers Fritz Metzger und des Italieners Antonio Benetton. Weitere Kurzbeiträge schildern die Zerstörung und den Wiederaufbau von Monte Cassino und Coventry, daneben die neuen Kirchenbauten von Köln und Bologna. Einleitend werden auch prinzipielle Fragen, wie „Die aktuellen Probleme der sakralen Kunst" von PieRaymond Regamey, „Tradition und Neuheit in der sakralen Architektur", „Architektur und figurale Kunst in den Kirchen" u. a. angeschnitten. Das zweite Heft ist dem Thema „Kirche und Gemein schaft" gewidmet. Nicht mehr neu aber interessant sind die Reportage über das Hansa-Viertel in Berlin, sowie die Ergebnisse der Wettbewerbe für einen Kirchenbau in Bologna und für die große Wallfahrtskirche in Syrakus. Unter dem Leitgedanken „Ewige Werte und neue Aus drucksformen" bemühen sich die Hauptartikel in Heft 3 um die Äußerungen und Auswirkungen der Meßfeier auf das

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