ruhenden Kräfte ankündigt. In der Periode nach 1900 wandelt sich die etwas akademisch anmutende, Stimmungshafte Tonigkeit zu einem lichten „Im pressionismus", um dann 1909 plötzlich zu einer entscheidenden religiösen Aussage zu gelangen: das „Abendmahl"; das Bild rief damals einen Sturm der Entrüstung hervor, wurde aber schließlich 1911 von Sauerlandt für das Museum in Halle erworben. Den Höhepunkt seiner religiösen Thematik erreicht Nolde 1911/12 in dem neunteiligen Zyklus aus dem Leben Christi. Die Symbolkraft der glutvollen Farbe ist schon sichtbar, doch das Leuchten steigert sich in der Alsen-Zeit zu einer bisher ungekannten In tensität. Die Farbe ist sein eigentliches Vokabular und niemand wie er hat es verstanden, die sinnlidie Substanz des Materials so in den Bildcharak ter einzuschmelzen. Eine Südsee-Reise bestimmt die Thematik der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Die Suche nach einem „Ursprung", die bei Nolde wohl mehr unbe wußt gefühlt wurde, ist es, die aus seinen Land schaften, seinen dämonischen Masken und den zau berhaft schönen Blumen immer wieder das My thische erahnbar macht, das panische Element jeder Natur. Ein Blick auf das Schaffen der letzten 20 Jahre beweist, daß den einsamen Künstler alle inneren und äußeren Nöte — das Verfemtsein, das während der Hitler-Zeit verhängte Malverbot und die teil weise selbstgewollte Isolation nach dem Kriege — seine künstlerische Kraft nicht zu lähmen vermoch ten. Das intime Leuchten spät entstandener Ölbil der und die duftige Lockerkeit der letzten Aqua relle zeigen die imgeschwächte malerische Potenz eines der größten Künstler unseres Jahrhunderts. Gurt Grützmacher. Plastik im Kirchenbau, Jahrbuch für christliche Kunst 1955/56. Verlag der deutschen Gesellschaft für christliche Kunst, München, 1957. 96 Seiten, DM 12.—. Hans Dennhöfer gibt uns im vorliegenden Heft einen Überblick über die Plastik im Kirchenbau Deutschlands und Österreichs seit 1937, ähnlich wie er ims im letzten Jahrbuch über die kirchliche Malerei orientierte (vgl. meine Besprechung in den „Christlichen Kunstblättern" 1956/1). Die besten der gezeigten Arbeiten sind von bekannten Mei stern geschaffen: Ewald Matare, Karl Knappe, Toni Schneider-Manzell, Josef Jaekel, Josef Henselmann, Gerhard Mareks, Siegried Moroder, Roland Friedrichsen, ötto Herbert Hajek. An der Qualität manch anderer Werke, die aufgenommen wurden, mag man füglich zweifeln. Freilich drängt sich überhaupt der Eindruck auf, daß die Plastik (und das gilt nicht nur für die kirchliche!) heute einen Rangwettstreit mit der Architektur und der Malerei nicht aufnehmen kann. In das Heft wurde auch eine Gastvorlesung „Liturgie und Kirchenbau" aufgenommen, die Ru dolf Schwarz an der Technischen Hochschule zu Aachen gehalten hat. Er untersucht darin die Ent wicklung der Baukunst im letzten Jahrhundert, geht dann auf die Bewegung ein, die seit dem Ersten Weltkrieg zur Erneuerung des Gottesdien stes geführt hat und stellt Parallelen zwischen beiden fest. Schließlich begegneten sich beide und „was nun anhub, ist beider Begegnung und Ver mählung". Rudolf Schwarz müßte nicht er selbst sein, wenn er nicht zum Schluß auf noch bestehende Mißverständnisse hinwiese — vor allem dasjenige, daß für den Baumeister schlichter Dienst genüge. Er habe einen „poetischen Beitrag" zu leisten, frei lich in einem genau zu verantwortenden Sinn. — Außerdem bringt das Heft nocli Auszüge aus dem Artikel „Christus und der Altar" von Dr. Kahlefeld, den unsere Zeitschrift in der letzten Nummer brachte. Die Ersdieimmgszeit des Heftes (Oktober 1957) ist lei'der nirgends angegeben. G. R. Kohlhammer Kunstkalender 1958. Format 35.5 mal 36 cm. 14-Tage-Kalendarium. DM 6.50. Unter den vielen Kunstkalendern ist dieser sicher einer der schönsten. Er bringt in vorzüglicher Wiedergabe Meisterwerke alter und neuer Zeit: neben Werken von Dürer, Lukas Cranach, Bellini, Tizian, Velasquez und El Greco finden sich solche von Vlaminck, Corinth, Heckel, Otto Mueller, Klee, Kandinsky und Feininger. Besonders hervorgeho ben seien Renoirs „Lesende", Cözannes „Wegbie gung in Montgeroult" und van Goghs „Straße mit Zypressen", die Meisterleistimgen der Farbrepro duktion darstellen. Übrigens ist die Auswahl typisch; der Verlag hat mit feinem Gespür heraus gefunden, was heute „anspricht". G. R. August Macke, Ausstellungskatalog Städtisches Kunsthaus Bielefeld. Bearbeitet von Gustav Vriesen und Eberhard Binder. 1957. Der Katalog ist deshalb besonders wertvoll, weil er das erste Verzeichnis der Aquarelle des Meisters enthält. Er umfaßt 548 Nummern. Welche Kost barkeiten sich darunter befinden, veranschaulichen die farbigen Abbildungen. — Das einzige, was man an dem ansonsten mit minutiöser Genauigkeit aus gearbeiteten Katalog aussetzen kann, ist das Feh len der Katalognummem unter den Abbildungen, so daß die Identifizierung nicht immer gelingt. G.R. Almanach auf das Jahr des Herrn 1958. Friedrich Wittig Verlag, Hamburg. Was ist heute die Aufgabe des christlichen Künst lers? Wieland Schmied antwortet: „Die Wirklichkeit als Schöpfung zu erfassen und als solche transparent zu machen." Der Salzburger Bildhauer Toni Schneider-Manzell hat diesen Weg vom Abbild zum Symbol konsequent beschritten. Immer wieder kann man seinen Kreuzweg, dessen 14 Sta tionen im Almanach vollzählig abgebildet sind, be trachten und — was mehr ist — vor ihm auch beten. Jede Station ist von größter Einfachheit und zugleich von höchster Geschlossenheit. Dennoch wird in äußerster Kühnheit die "Fläche immer wieder ge sprengt, indem das Kreuz über sie hinausragt. — Die ersten Stationen strahlen Ruhe aus — es ist die Ruhe des Herrn, der das Urteil des Pilatus hört und das Kreuz auf sich nimmt. Dann steigert sich der Zyklus (der dreifache Fall!) bis zimi furchtbaren dramatischen Höhepunkt: der Annagelung ans Kreuz. Der am Kreuze Erhöhte aber ist schon der Sieger (vgl. die Abbildung in Heft 1/1957 dieser Zeitschrift!). Und so ist die Trauer der Mutter imd die der Frauen eine gefaßte Trauer. Die Ruhe die ser beiden letzten Stationen ist die der in Christus Erlösten und auf seine Auferstehung Hoffenden. Das schmale Bändchen enthält außerdem Bei träge von Albrecht Goes, Johann Christoph Hampe, Heinz Beckmann u. a. G. R.
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