Christliche Kunstblätter, 96. Jg., 1958, Heft 1

Gesamtwerk ist voll von stärksten Spannungen" eingeleitet wird, bespricht zuerst das gemeinsame aller Werke und schließlich die Werke im einzelnen. Uber dieser Betrachtung steht ein Gedanke, der bei der Bearbeitung der Kollegienkirche in dem Satz ausgesprochen wird: „Die höchste Künstlerschaft aber spricht sich aus, in der Fähigkeit, auch den einfachsten konventionellsten Formen etwas nie Gesehenes zu verleihen." Darin sieht Sedlmayr vor allem Fischers große Meisterschaft. Immer wieder ist die Tradition und das Gesehene das Ausschlag gebende für Fischers Pläne, wenn auch das Geniale in seinen Bauten darin liegt, trotz Tradition weit über das Gesehene und alle Einflüsse hinaus zugehen. Abgesehen von einigen kulturhistorischen Ab schnitten des ersten Teiles, wie etwa der Abschnitt: „Ein Zeitalter endet" (S. 62 ff.), liegt der Höhepunkt der Monographie Sedlmayrs wohl in den Bespre chungen der einzelnen Werke Fischers im zweiten Teil. Sedlmayr erweist sich hier als großer Ana lytiker, der die Analyse dazu verwenden will, die künstlerisch-formalen, allegorischen und kulturhistorisdaen Zusammenhänge zu klären. Das kommt zum Beispiel bei der Besprechung der Salzburger Kollegienkirc±ie (S. 106 ff.) oder der „späten Paläste" (S. 119 ff.) — Böhmische Hofkanzlei, Palais Trautson, Stadtpalast Schwarzenberg — zur Geltung, vor allem aber an der Bearbeitung der Karlskirche, die ja ohne Zweifel das bedeutendste Werk Fischers ist (S. 123 ff.). Sedlmayr zeigt hier in hervorragender Weise die historisch-traditionelle Stellung dieses Baues, die ausgewogene Durchführung und als neue Erkenntnis, die „Allusion", die in der Kirche als „neuer salomonischer Tempel" liegt. Ähnliches, aber nicht so ausführlich, ist in dem Abschnitt über die Hofbibliothek versucht. Damit ist der eigentliche Hauptteil der Mono graphie erschöpft, der durch einen vorzüglichen Ab bildungsteil ergänzt wird, in dem auf 336 Abbil dungen alles gebracht wird, was zum Verständnis des Textes notwendig ist. Die wissenschaftliche Verwendbarkeit des Buches wird aber durch die dem Abbildungsteil folgenden Abschnitte ganz be sonders unterstützt. Es ist ohne Zweifel eine sehr gute Einteilung, den ganzen „Apparat" am Schluß übersichtlich zusammenzufassen. In dem Abschnitt: „Zum Oeuvre" (S. 145 ff.) bespricht der Autor die Wege der Forschung und die fraglichen Werke. Dann folgt ein Gesamtverzeichnis des Oeuvres, das sehr übersichtlich gearbeitet, ein glänzendes Nach schlagewerk darstellt. Die einzelnen Absätze dieses Katalogs enthalten die Anführung aller einschlä gigen Urkunden, der Literatur und Bauaufnahmen und die Erwägung aller den jeweiligen Bau be treffenden offenen Fragen, so daß hier die Ansatz punkte für weitere Bearbeitungen angezeigt sind. Hier befaßt sich der Autor auch mit fälschlichen Zuschreibungen in sehr eingehender Weise, wie etwa bei der Abschreibung des Seitenportales am Stadtpalast Liechtenstein (S. 226 ff.), das in über zeugender Weise als neues Ergebnis Giuliani zuge schrieben wird. Diesem Hauptkatalog schließt sich ein Katalog der Zeichnungen und der Stichwerke an. Dem folgt eine Urkunden- und Regestensamm lung, die zwar „keinen Anspruch auf Vollständig keit erhebt" (S. 271 ff.), aber doch das wichtigste Material bringt. Mit ausführlichem Literaturver zeichnis, Anmerkungen und Register schließt die Arbeit ab. Gerade dieser Apparat mit seinen 204 Seiten ist eine großartige und dankenswerte wissenschaftliche Leistung. Das ganze Budi ist eine vorbildliche Monographie eines bedeutenden Künstlers, dessen Bedeutung und Wichtigkeit durch sie voll und ganz zur Kenntnis gebracht wird. Im ganzen ging es Sedlmayr um die Schilderung eben einer bedeutenden Person. So wird alles Persönliche an den Anfang gestellt, alles Urkundliche und Deskriptive an den Schluß, um die Möglichkeit zu haben, in der Mitte das Werk mit bildhafter Eindringlichkeit vor Augen zu führen. Diese Leistung wird durch die glänzende Herstel lung des Buches durch den Herold-Verlag und die sehr guten Abbildungen in entsprechender Weise ergänzt. Gerhart Egger. „L'Art ancien en Tchecoslovaquie" Musee des Arfs Decoratifs, Paris, Juni—Oktober Die Ausstellung vereinigte Kunstwerke recht ver schiedener Epochen und Landschaften von der Prä historie bis zum Ende des Mittelalters aus dem Staatsgebiet der Tschechoslowakei. Den Kern der Ausstellung bildete indessen die karolinische und nachkarolinische Kunst der böhmischen Kronländer sowie die spätgotische der Zipsser Städte (Slowa kei), die bis 1918 zur Stephanskrone gehörten. Ent sprechend dem politischen Programm, betonte der Titel der Ausstellung denn auch mehr die äußere geographische als die innere historische Einheit. Doch kommt ihr nichtsdestoweniger auch eine ge wisse wissenschaftliche Bedeutung insofern zu, als man zum erstenmal in Westeuropa Gelegenheit hatte, einige Hauptwerke der karolinischen Kunst in restauriertem Zustand zu sehen. Dies gilt vor allem für die Tafelbilder Meister Theoderichs aus der Hl.-Kreuz-Kapelle der Burg Karlstein, die Kai ser Karl IV. zur Aufbewahrung der Reichsklein odien mit beispiellosem Prunk hatte ausstatten lassen. Die Tafeln hinterließen einen wahrhaft überwältigenden Eindruck, obwohl sie nicht gerade glücklich vor rotem Fahnentuch hingen, das die eigenartige transluzide farbige Erscheinung und die Leuchtkraft der Bilder empfindlich beeinträchtigte. Auf den Ausstellungsplakaten in Paris sah man den hl. Andreas, eine der insgesamt 127 Tafeln Meister Theoderichs und seiner Werkstatt in der Hl.-Kreuz-Kapelle; auf dem Umschlag des auf wändig ausgestatteten Katalogs Karl IV., jedoch nicht als König von Böhmen, sondern als Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation (Aus schnitt aus der Votivtafel des 05ko von Wlaschim). Jeder wird Ausstellungen begrüßen, die das ge meinsame abendländische Erbe der beiden euro päischen Hälften betonen, zumal wenn sie im Geist der Zusammenarbeit und der historischen Wahrheit durchgeführt sind. Sobald man sich indessen an die Lektüre des Katalogs und der Beschriftungen macht, bleiben einem Enttäuschungen nicht erspart. Das Mißverhältnis zwischen der außerordentlichen Qualität und der abendländischen Weite der darge-

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