Christliche Kunstblätter, 96. Jg., 1958, Heft 1

die Jahrtausendwende tauchen dann in Aachen und Mainz die ersten bildlosen Erztüren aut. Um 1015 finden wir in der berühmten Bernwardstür in Hil desheim eine mit Reliefs geschmückte Erztür, was sich dann in Augsburg, in S. Maria am Kapitel in Köln fortsetzte. Besonders in Italien entstanden seit dem 11. Jahrhundert kunstvoll gearbeitete Bronzetüren, so in Monte Cassino, Amalfi, Ravello, Palermo, S. Marco in Venedig, Pisa, S. Zeno zu Verona, Monreale, Trani. Andrea Pisano schuf im Jahre 1336 die Südtür des Florentiner Baptisteriums, während Lorenzo Ghiberti in den Jahren 1403—1424 die zweite und 1425—1452 die dritte, sogenannte „Paradiesestür" am selben Baptisterium arbeitete. Im 15. Jahrhundert arbeitete Andrea Filarete für St. Peter in Rom die bekannte Bronzetüre. In läng ster Zeit schuf Enrico Manfrini Bronzereliefs für eine Tür am Mailänder Dom, Antonio Biggi und Giacomo Manzu fertigten Reliefstudien für ein Bronzeportal am Dom zu St. Peter in Rom an. Elmar Hillebrandt ist der Meister eines Bronze portals mit Reliefs an der Kirche von Rodenkirchen bei Köln. Unter diese Meister ist nun auch der Züricher Bildhauer Otto Münch einzureihen, der bereits in den Jahren 1935—1938 am Großmünster zu Zürich eine Bronzetüre — sogenannte Zwinglitüre —- mit Bildern aus dem Leben Zwingiis schuf. Für das um 1180 entstandene, an der Nordseite des Münsters gelegene Hauptportal arbeitete der selbe Meister 1950 die in Bronze gegossene „Bibel türe". Die Türe ist in 42 Felder geteilt, wovon zehn Schrifttext tragen und die übrigen 32 Bilder zeigen. In den vier Ecken der Türe sind in kurzen Schrift zitaten die markantesten Daten der Weltgeschichte gezeigt: oben links (mosaischer Schöpfungsbericht, l.Mos. 1, 1); oben rechts (Schöpfungsbericht des hl. Johannes, Joh. 1, 1); unten links (Bericht über die Menschwerdung, Joh. 1, 14); unten rechts (Hinweis auf das Weltenende (Apok. 22, 20). In der Mitte, links: (Dreifaltigkeit); oben: Gal. 4, 4: Sendung Christi in die Welt durch den Vater; Mitte: Mt. 28, 20: Christi Bleiben bei uns; unten: Joh. 14, 16—17: Verheißung der Sendung des Geistes. In der Mitte, rechts: (Erlösung); oben: Röm. 4, 25: Christi Tod um unserer Sünden willen; Mitte: Röm. 4, 25: Christi Auferweckung um unserer Rechtfertigung; unten: Kol. 3, 3: unser Leben in Christus. Neben diesen Textzitaten werden nun auf den ersten beiden oberen Reliefstreifen die Zehn Gebote durch Gegenbeispiele aus dem Alten Testament anschaulich gemacht (Elias auf dem Karmel, 1. Kön. 18; das Goldene Kalb, 2. Mos. 32 bzw. Stei nigung des Lästerers; Nehemias läßt die Händler am Sabbat nicht in die Stadt, Neh. 13, 15—22; Revo lution des Absalom, 2. Sam. 18; Kain und Abel, 1. Mos. 4, 1—16: Achans Diebstahl, Jos. 7; Jakob belügt seinen Vater, 1. Mos. 27; Joseph und Putiphars Frau, l.Mos. 39; Naboths Weinberg, l.Kön.21). Auf den nächsten drei Streifen ist in Bildern der Glaube an Gott Vater (Gott als Vater: Der ver lorene Sohn, Gott als Allmächtiger: Totenerwekkung durch Elias, Gott als Schöpfer des Himmels: Schöpfungsbericht aus dem Buche Job, Gott als Schöpfer der Erde: Schöpfungsbericht des Moses); an Christus (als Helfer: Rettung des Petrus vor dem Versinken, als Hirte, als Erlöser: Sinnbild der ehernen Schlange, als Auferstandener: Sinnbild des Jonas); und an den Hl. Geist (Pfingsten, Taufe des Kämmerers aus Äthiopien, Brotbrechen der Chri sten, Auferstehung der Toten) gezeigt. Am nächsten Streifen werden in Begebenheiten aus dem Neuen Testament die sechs VaterunserBitten vor Augen geführt: Tempelreinigung, Ein zug in Jerusalem, Jesus am Ölberg, Speisung der 5000, Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht, Ver suchung Christi. Die unterste Reihe zeigt im Hin blick auf die reformatorische Lehre von der Recht fertigung Vorbilder des Glaubens: Rahab (Jos. 2), Ruth, Bethsabe (2. Sam. 11), Maria, die Gottesmut ter. In kurzer, knapper, allen Gläubigen begreiflicher Sprache werden hier vom Künstler dem Volke die bedeutendsten Ereignisse der Weltgeschichte, das Geheimnis des dreieinigen Gottes, die Erlösung durch Christus, die Zehn Gebote, der Glaube an Gott Vater, Sohn und Hl. Geist wie das Vaterunser vor Augen geführt. Die einzelnen Reliefs sind einfach und natura listisch gearbeitet, die dargestellten Personen ent behren jedoch bei näherer Betrachtung nicht eines tiefen Ausdrucks. NACHRICHTEN AUS ALLER WELT In der Kirche Sta. Maria sopra Minerva in Rom wurde das Grab des Malers Fra Angelico da Fiesole, der Dominikanermönch gewesen war, geöffnet. Das Grab war erst 1916 entdeckt worden. Die gegen wärtige Öffnung wurde im Zuge des Selig sprechungsprozesses des Malermönches vorgenom men. Im Stift Lambach in Oberösterreich wurden hoch romanische Fresken aus dem 11. Jahrhundert frei gelegt. Die im Sommer 1957 in der Salzburger Galerie Welz gezeigten Radierungen zum Alten Testament von Marc Chagall aus dem Besitz von Friedrich Welz sind jetzt in der Galerie Sankt Stephan in Wien ausgestellt. Vom 1. Februar bis Ende März ist im Oberen Belvedere in Wien eine van-Gogh-Ausstellung zu sehen, in der mehr als hundert Gemälde und Zeich nungen van Goghs aus dem Kröller-Müller-Museum in Otterloo (Holland), den Bayerischen Staats gemäldesammlungen in München, dem Kunst historischen Museum in Wien und der Albertina zusammengetragen sind. Die Galerie Würthle (Wien) zeigt eine Ausstel lung „Bauen in unserer Zeit", die vor allem dem Schaffen von Prof. Konrad Wachsmann gewidmet ist. Das Hauptthema sind nicht so sehr ästhetische, sondern technische Probleme des Bauens unserer Zeit. In Recklinghausen wurde eine „Vereinigung Eikon" gegründet, die es sich zur Aufgabe macht, durch Herausgabe eigener wissenschaftlicher Ver öffentlichungen, Veranstaltung von Vorträgen und Ausstellungen, das Studium der Ikonenkunst zu fördern. Prof. Leo Bruhns, der langjährige Direktor der Biblioteca Hertziana in Rom, ist im Alter von

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