Christliche Kunstblätter, 96. Jg., 1958, Heft 1

Das Apsismosailc in der Kirche von St. Gabriel Dazu die Abbildung 12 Die Apsis der Heilig-Geist-Kirche St. Gabriel er hielt bald nach Abschluß der ersten Bauperiode im Jahre 1899 ein großes raumfüllendes Gemälde. Es zeigte im Zentrum die Taube des Hl. Geistes, über den Wassern schwebend, mit vier Meter Flügel spannung, umrahmt von den zwölf Zeichen des astronomischen Tierkreises. Eine Menge goldener Strahlen gingen von der Taube aus und senkten sich auf eine schematische Uferlandschaft. Eine breite lateinische Inschrift besagte: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern" (Gen. 1, 2). Im Laufe der Jahre war das Bild, ohnehin künstlerisch und technisch anspruchslos, stark nachgedunkelt und dadurch fast blind geworden. Im Zuge einer nach den Kriegsschäden unausweich lichen gründlichen Restaurierung der ganzen Kirche wurde auch die Erneuerung der Apsis in Angriff genommen und im März 1957 vollendet. Gerade am Vortag des Festes des hl. Erzengels Gabriel konn ten die Gerüste abgebrochen werden. Angesichts der Bedeutung der Apsis für eine große romanische Kirche war es klar, daß die Aus stattung der Apsis das Gesamtwerk der Renovie rung zu krönen haben werde. Man mußte also ein Bild in kräftigen Farben und mit einem bedeut samen Thema wählen. Das Thema konnte kaum anders als auf den Hl. Geist Bezug nehmen. Starke Farbwirkung ließ sich erzielen, wenn man die fensterlose und daher lichtschwache Apsis mit einem Mosaikbild versah, das mittels künstlicher Beleuchtung lebhafte Farbreflexe und außerdem dauerhafte Frische für die Zukunft versprach. Als Thema bot sich für eine Heilig-Geist-Kirche zwanglos eine Darstellung der Glorie des Hl. Gei stes dar. Die beherrschende Mitte sollte der Taube des Hl. Geistes gehören. Weil die Kirche zugleich eine Engelskirche ist, so war rings um die Taube ein Kranz von Engeln sehr angemessen. Man wählte jene „sieben Geister vor dem Throne Got tes" (Tob. 12, 15; Apoc. 1, 4), die nach einer Lieb lingsidee des Stifters P. Arnold Janssen, des Grün ders dieser Kirche, in der SVD eine bevorzugte Verehrung finden sollten (Const. SVD 9). Da die selben Engel „von Gott in alle Welt gesandt" (Apoc. 5, 6) wurden, so ergab sich von ihnen aus ein Durchblick in die Welt der Schöpfung und in das Reich der Gnade, die beide Zeugnis geben von der Glorie des Hl. Geistes. Das war also die thema tische Aufgabe. Die künstlerischen Entwürfe dazu fertigte Pro fessor Ernst Bauernfeind, Wien*). Die technische Durchführung übernahm die Firma Dürr, Wien. Im Hinblick auf die Sonderaufgaben des Missions hauses St. Gabriel enthüllen die drei Erzengel das Ideal des missionarischen Berufes: Gabriel lehrt, Zeuge der Wahrheit zu sein, die in der göttlichen Offenbarung der Menschheit geschenkt wurde, um vom Lichte des Hl. Geistes erleuchtet, die Finster nis in der Welt zu verdrängen. Michael muntert auf, Kämpfer für die Sadie Gottes zu sein, und von der Liebesglut des Hl. Geistes erfaßt, das Böse und Diabolische in der Welt zu überwinden. Raphael gibt das Vorbild, Heilbringer im Dienste Gottes zu sein, und von der Heilkraft des Hl. Geistes erfüllt, die Schwachheit in der Welt heilen zu helfen. Von den vier oberen Engeln sind zwei im Dienste der Ausspendung der überfließenden Gnaden des Hl. Geistes, zwei im Dienste der Anbetung vor dem göttlichen Geiste dargestellt. Einige technische Angaben: Auf den Quadrat meter wurden 3500 Stück Mosaiksteine, insgesamt also bei 60 Quadratmeter Bildfläche über 200 000 Stück berechnet. Nur der geringste Teil davon sind echte Smalten, wie etwa das Gold der Heiligen scheine. Einiges Material wurde aus älteren Bestän den von St. Gabriel beigestellt, da vor dem ersten Weltkrieg einige Brüder in St. Gabriel sich mit Mosaikarbeiten befaßten. Alles in allem beschert das Apsismosaik unserer Kirche ein große Bereicherung. Die Vorzüge eines Mosaiks sind seine Haltbarkeit, seine dauerhafte Frische, die Leuchtkraft der Farben, und der durch den Glasschleier gleichsam ins Übersinnliche trans formierte Eindruck. So wird unser Mosaik, wie wir hoffen, für die fernsten Geschlechter seinen heu tigen Glanz bewahren, und ihnen künden, daß St. Gabriel in den schweren Jahren nach dem zwei ten Weltkriege unter allen anderen Aufbausorgen kein dringlicheres Anliegen kannte als die Wieder herstellung und Verschönerung seiner Kirche, zu Ehren des Hl. Geistes. P. J. Knau s, S. V. D., St. Gabriel bei Mödling. *) Professor Ernst Bauernfeind, geboren am 28. Dezember 1922 in Linz (Oberösterreich). Nach der Ma tura am dortigen Gymnasium wurde er zur Wehrmacht einberufen. Während eines Studienurlaubes unterzog er sich der Aufnahmeprüfung an der Akademie für bildende Künste in Wien bei Professor Dechener. Nadi weiterem Kriegseinsatz ermöglichte das Ende des Krieges die Fort setzung des Studiums an der Meisterschule für Kunster ziehung in Wien. Die Ablegung der Lehramtsprüfung er folgte 1949. Zwei anschließende Semester Meisterschule bei Professor A. P. Gütersloh mit Besuch der FreskoKlasse führten zum Erwerb des Diploms bei Professor Gütersloh. In der Folgezeit widmete er sich neben dem laufenden Unterricht an einer Mittelschule besonders der Wand malerei, Glasmalerei, dem Sgraffito und Mosaik. Außer an Privathäusern arbeitete er an der Kirdie von Johannesberg (Niederösterreich), an der Sühnekirche Wien XV, St. Gabriel bei Mödling, an der Pfarrkirche Tadten (Burgenland). „Das Große Halleluja" Geheimnisse der Kirche in einem modernen Wandgemälde Dazu die Abbildung 13 In einer gotischen Nebenkapelle der uralten, barock umgebauten Stiftskirche der BenediktinerErzabtei St. Peter in Salzburg entstanden in den letzten Jahren moderne Wandgemälde, welche seit her die Gemüter erregen, bei den einen schroffe Ablehnung, bei anderen inniges Eingehen erfah ren. Zweifellos — sie sind ein unüberhörbarer künstlerischer Anruf, dem mannigfache Antwort wird. Durchschreitet man das linke Seitenschiff der Stiftskirche bis unmittelbar vor das Querschiff, ge langt man links seitwärts in die stimmungsvolle

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