Christliche Kunstblätter, 96. Jg., 1958, Heft 1

zumindest den gleichen Betrag ein, den der Händler bietet. Für viele Pfarrkirchen würde sich die Mög lichkeit ergeben, wieder in den Besitz solider Gegenstände zu kommen, die auf andere Weise zu erwerben für sie unmöglich ist. Manche Kir chenvorstände haben in letzter Zeit in weiser Erkenntnis und lobenswerter Sorgfalt begonnen, einzelne zurückgelegte Stücke, beispielsweise Altäre, Bilder, Statuen, auch schmiedeeiserne foeuze, die oft zu Dutzenden, besonders im Innviertel, in Turmkammern herumliegen, in der Kirche, bzw. auf dem Friedhof, wieder zu Ehren zu bringen. Ein Wort sei noch gesagt über den in seiner Zahl ohnedies schon stark dezimierten Bestand an gotischen und barocken Kapellenfiguren. Es scheint geboten, solch wertvolle Figuren in das Innere des Hauses an einen gesicherten Ort, etwa das Wohn- oder Schlafzimmer zu ver setzen, bevor der „Kapellenheilige" auf Nim merwiedersehen eines Nachts verschwindet, wie die zahlreichen Diebstähle der letzten Zeit beweisen. BERICHTE Freilegung weiterer romanischer Fresken in Lambach Im Jahre 1957 wurden in die barocken Futter mauern des sogenannten Läuthauses der Stiftskirche zu Lambach, welche anläßlich der Erhöhung der Türme in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts vor den romanischen Mauerbestand vorgesetzt worden waren, Tastlöcher getrieben, die zur Auffindung ro manischer Malereien geführt haben. Diese Entdekkung hat die bereits anläßlich der Feststellung der romanischen Gewölbemalereien des Raumes ausge sprochene Vermutung, daß es sich hier um den Westchorraum der romanischen Kirche handle, wei terhin unterstützt. Heuer wurden mit dem Eintreiben weiterer Tast löcher in der Vorhalle der Kirche und im Wendel treppenraum sowie mit Fundamentgrabungen fol gende Ergebnisse erzielt: Das Vorhandensein des romanischen Mauerwerks ist im wesentlichen an allen Seiten des sogenannten Läuthausraumes gesichert. Dieser Raum, der aller Wahrscheinlichkeit nach ein Teil des Westchores der ersten Kirche gewesen ist, hatte in roma nischer Zeit andere Proportionen, d. h. daß sein Fußboden unter dem jetzigen, wohl aus barocker Zeit stammenden Gewölbeeinzug lag. Dies beweist die Lage der sich zum Kirchenschiff öffnenden drei Arkaden, sowie auch der Umstand, daß sich die Malereien an den Wänden der darunterliegenden Vorhalle nach unten fortsetzen. Man weiß derzeit noch nicht, wo der Fußboden des romanischen Rau mes lag; auf jeden Fall muß er an einer Stelle zwischen dem Fußboden des Läuthausraumes und dem jetzigen Niveau der darunterliegenden Vor halle zu suchen sein. Letztere Feststellung kann aus einem weiteren Fund erschlossen werden, der bei der Fundament untersuchung unmittelbar vor dem Haupteingang der Kirche gemacht worden ist. Man stieß auf eine parallel zur Kirchenwestwand verlaufende Mauer mit zwei Baunähten, die ungefähr in der Flucht der beiden Kanten des jetzigen Kircheneinganges liegen. Die rechts und links von diesen Nähten lie genden Flächen sind in den oberen Teilen mit figuralen und ornamentalen Fresken bemalt; der Gegen stand war nicht sicher auszunehmen: links vielleicht die „Geburt Evas" oder eine Auferstehungsszene aus dem „Jüngsten Gericht", rechts von dem durch die Nähte fixierten Abgang vermutlich ebenfalls ein Teil des Weltgerichtes (Abbildung 11); darunter Dazu die Abbildung 11 an beiden Seiten perspektivische Mäanderfriese. Die Szenen sind oben durch das jetzige Fußbodenniveau der Kirchenvorhalle abgeschnitten, d. h. daß der mit seinem Estrich zirka 2,1 m unter dem der zeitigen Vorhallenboden liegende Gruftraum ur sprünglich höher war und seine Gewölbe- oder Deckenzone anläßlich der Zuschüttung mit Erde zerstört worden ist; im Erdreich wurden auch tat sächlich bemalte Mauerstücke gefunden, die ver mutlich von daher stammen. Die zwischen den beiden Nähten liegende unbemalte Mauer (zirka 1,90 m) ist späteren Datums und muß wohl von der Vermauerung eines Abganges in den Gruftraum herrühren. Es ist ziemlich wahrscheinlich, daß es sich hier um die Krypta unter dem ehemals erhöhten West chor der romanischen Kirche handelt, als dessen Teil wir den sogenannten Läuthausraum wohl an sprechen können. Die Malerei, welche beiderseits des ehemaligen Stiegenabganges in kleineren Flä chen von zirka 54X70 cm freigelegt worden ist, stammt, soweit die untersuchten Teile erkennen lassen, aus der Zeit des Erstbaues der Kirche. Mög licherweise sind diese Freskenreste noch etwas älter als die jetzt allgemein knapp vor oder um 1100 angesetzten Wand- und Gewölbemalereien des darüberliegenden Westchores. Interessant ist ferner die Feststellung eines offenbar romanischen Qua derwerkes in einem Raum neben der Wendel treppenanlage, welche die Vermutung zuläßt, daß ein Chorquadrat im Anschluß an das mittlere Joch des Westchorraumes bestanden hat; diese These muß allerdings noch durch genauere Untersuchung des Mauerwerkes sowie Vermessung begründet werden. Aus statischen und kultischen Gründen mußte der Versuchsschacht zur Feststellung der Fundament verhältnisse für die geplante Stahlstützkonstruktion zur Entlastung des romanischen Mauerbestandes, der eigentlich durch Zufall zur Auffindung der Krypta geführt hat, vorerst nach der Freilegung dieser Fresken und ihrer Sicherung wieder ge schlossen werden. Erst nach der Entfernung der Futtermauem wird im Einvernehmen mit der hochw. Stiftsvorstehung an eine genauere Unter suchung und allenfalls Freilegung dieses Krypta raumes gedacht werden können. Dr. Norbert Wibiral.

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