Christliche Kunstblätter, 96. Jg., 1958, Heft 1

vermorschen, der Figurenschmuck verwittert, im Innern zerstört Feuchtigkeit die Fresken, zer mürbt der Holzwurm die Schnitzereien, und es gelingt nur imter schwersten Opfern für Pfarre und Denkmalamt, diese Perlen heimischer Kunst zu retten (Spital a. P., Baumgartenberg, Wald hausen, Garsten u. a.). Viele Kloster- imd ehe malige Pfarrkirchen oder Filialkirchen in Klosternähe wurden aufgelassen, billig samt Inventar versteigert. Bestenfalls wanderte ihr Inventar auf den Dachboden (Monidsee). Das Schicksal einzelner Teile aus ehemaligem Klo sterbesitz läßt sich noch verfolgen: Die Fischer kanzel der ehemaligen Dominikanerkirche von Krems kam nach Tautendorf, die herrlichen Chorstühle des Benediktinerstiftes Garsten, ein Prachtwerk barocker Holzschnitzkunst des Garstner Laienbruders Obermüllner, kamen teilweise in den Alten Dom zu Linz, wo sie heute noch in ihren originellen flguralen Dar stellungen die Bewunderung jedes Kunstver ständigen erregen, teilweise wurden sie zu Ver kleidungen und Konsolen für Schloß Matzen umgearbeitet. Der Abt- und Priorsitz fand im Kapitelsaale zu Kremsmünster einen würdigen Platz. Aus der Kartause Gaming kam der prächtige Marmorhochaltar, leider etwas verstümmelt, nach Ybbssitz. Der linke Seitenaltar in Tauten dorf stammt aus der Pfarrkirche in Stein, der Hochaltar mit prachtvollem Tabernakel und der rechte Seitenaltar (xun 1750) aus der Dominika nerkirche in Krems, Stühle ebenfalls von dort und aus der Allerheiligenkirche in Stein. Nach Tulln kamen reiche Chorstühle aus Gaming und der herrliche Hochaltar aus Marmor aus der auf gelassenen Karmeliterinnenkirche in St. Pölten. Meist aber wissen wir nicht, wohin alle die vielen Altäre und Figxiren wanderten. Ging schon aus Kirche und Chor vieles ver loren, betrauern wir vielleicht nicht minder den Verlust der Kunstschätze, die in den Kloster gebäuden sich fanden. Häufig wußte man mit den weiten Räumen nichts anzufangen, teilweise wurden sie abgetragen (Waldhausen), verkauft oder sie standen leer, der Witterung preisgege ben, wurden später bestenfalls Strafhaus (Suben, Garsten) oder wunden an Private weitergegeben (Mondsee, Spital, Hanshofen, Dürnstein). Immer aber wurde die kostbare Einrichtung verschleu dert, xmd was diese Häuser heute noch bergen, sind geringe Reste einstigen Kimstbesitzes. Die Bibliotheks- und Archivbestände kamen, soweit es sich um Handschriften und Inkunabeln han delte, teils nach Wien oder in die Landeshaupt stadt. Vieles ging zugrunde oder wurde als Makulaturpapier zu Spottpreisen verkauft. Sei tenstetten hat beispielsweise aus dem aufge hobenen Stift Ardagger auf einem Wagen kost barste Handschriften heimgeholt! Aus den Sakristeien, Kirchen und Paramentenkammern der in ihrem Bestand belassenen Klöster wan derten aber besonders historisch wertvolle un ersetzliche Kunstschätze der Gold- imd Silber schmiedekunst in die staatlichen Sammelstellen und wurden dort eingeschmolzen, manches schöne Stück kam nicht so weit und wurde von Unterhändlern auf unreelle Weise verschoben und veruntreut. So ist zu erklären, daß von all den vielen romanischen und gotischen Kelchen, Monstranzen, Pektoralen, Peden, Ostensorien u. a. selbst in den größten Klöstern von den reichen, in alten Verzeichnissen angeführten Beständen kaum etwas übrig blieb. Nur beson deren Umständen ist es zu danken, daß ein malige Kostbarkeiten, wie der TassUokelch in Kremsmünster (780) oder Idas gotische Rauchfaß in Seitenstetten (um 1500), von der Abliefenmg verschont blieben. Was unter Josef II. noch übrig blieb, ging zu Beginn des vorigen Jahr hunderts den Weg in das Münzamt. Die Kremsmünsterer Rotula (jetzt Kunsthistorisches Mu seum, Wien), ihres kostbaren Edelsteinschmuckes beraubt, oder die einst kostbaren Altarbild rahmen in Kremsmünster bestätigen dies. 3. Regotisierung Wie Sturmesbrausen fegte in der Mitte des vorigen Jahrhunderts die Idee der Regotisierung barocke Einrichtungen bester künstlerischer Qualität unerbittlich aus den gotischen Kirchen hinaus. Mit der gleichen Konsequenz, mit der seinerzeit gotische Einrichtung der barocken weichen mußte, ging man nun zu Werke. Nur war der Unterschied: Die Barocke hatte aus sich heraus immerhin Eigenes, Wertvolles als neuen Ersatz zu bieten. Die Neogotik aber ersetzte kostbares Barockgut meist durch wertlose, ge leimte „Brettelgotik". Das Schicksal hunderter barocker Kircheneinrichtimgen war besiegelt! Hochaltäre wurden zerlegt, ihre Teile zu Seiten altären degradiert, Figuren und Bilder an Pfei ler und Wände verbannt (Steyr, Stadtpfarr kirche: Hochaltarbild von Reselfeldt), zum Groß teil aber wanderten sie zu billigen Preisen in Antiquitätenläden, Privatkapellen und auf Kir chen- und Pfarrhofdachböden, dort den krassen Temperaturunterschieden, dem Holzwurm und Staub schonungslos preisgegeben, stets in ihrem Bestand gefährdet. Am besten kamen hiebei die ärmeren Kirchen und Filialkirchen weg, die sich eine dem neuen Zeitgeist entsprechende Einrich tung nicht leisten konnten und daher ihre barocke Einrichtimg beibehielten, ja oft hierin noch aus größeren Kirchen eine Bereicherung erfuhren.

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