Christliche Kunstblätter, 96. Jg., 1958, Heft 1

INHALT SEITE DIE SEMINARKIRCHE IN LINZ Josef Perndl 1 DER KIRCHENBAUMEISTER WERNER GROH Dr. Leonhard Küppers 7 WOHIN KAMEN DIE GOTISCHEN UND BAROCKEN KIRCHENEINRICH TUNGEN? Dipl.-Ing. P. G. Engelhardt .... 10 FREILEGUNG VON ROMANISCHEN FRESKEN IN LAMBACH Dr. Norbert Wibirol 14 DAS APSISMOSAIK IN DER KIRCHE VON ST. GABRIEL 15 „DAS GROSSE HALLELUJA" Dl. O. Bloha 15 DIE BRONZETÜRE AM HAUPTPORTAL DES GROSSMÜNSTERS IN ZÜRICH Dr. Ekkort Sauser 17 NACHRICHTEN AUS ALLER WELT .. 18 KRITIK 19 BUCHBESPRECHUNGEN 21 Titelbild : Prospekt des Deutschen Hauses in Linz von Friedrich Bern hard Werner, gestochen von Martin Engelbrecht, Augsburg, 1767. Photo Kulturamt der Stadt Linz. EINZELPREIS DES HEFTES: 12,50 SCHILLING CHRISTLICHE KUNSTBLÄTTER, Eigentümer, Verleger und Herausgeber: Diözesan-Kunsiverein, Linz o. d. D., Herrenslrofje 19. Schrillieiler: Prolessor Dr. Norbert Mike, Linz, Petrinum. — Für die Diözese St. Pölten: Prölot Dr. K. B. Frank, St. Pölten, Domplafz 1. — Der Jahrgang besteht aus 4 Heften. Bezugspreis für den ganzen Jahrgang: 50 S. Postscheck konto Wien 26.090; für dos deutsche Bundesgebiet 10 DM, PostscheckamtMünchen, Konto Nr. 120.088; für dos übrige Ausland 2 SDruck: Jos. Feichtingers Erben, Linz. - Klischees: Kübler & Co., KG, Linz.

Inhaltsverzeichnis 1956 - 94. Jahr HEFT 1 EWALD MATARE Dr. Leonhard Küppers (Düsseldorf) 1 MODERNE MEISTERGLÄSER IM HOCHSCHNITT Friedrich Knaipp (Gmunden) 2 ZUM PROBLEM DER NISCHENBILDUNGEN IN LANGSCHIFF KIRCHEN DDr. Herbert Paulus (Erlangen) 4 CASPAR LEUSERING Gudrun Rotter (Wien) 8 EIN SCHMERZENSMANN AUS DEM KREISE GUGGENBICHLERS E. Neumann (Wien) 10 VON KUNSTWERKEN UND IHREM WERT Dr. Günter Rombold (München) 11 DAS FORUM 13 BERICHTE 14 BUCHBESPRECHUNGEN 25 HEFT 2 ALLGEMEINE GEDANKEN ÜBER DENKMALPFLEGE AN KIRCH LICHENBAUDENKMALEN Josef Zykan (Wien) 1 UM DEN WIEDERAUFBAU ZERSTÖRTER KIRCHEN IN DEUTSCHLAND Dr. Leonhard Küppers (Düsseldorf) 8 KONSERVIERUNG UND RESTAURIERUNG ALTER TEXTILIEN Dr. Dora Heinz (Wien) 10 JOHANN NEPOMUK DELLA CROCE Dr. Günter Rombold (München) 15 DER MEISTER S. H. Dr. Selma Florian (Wien) 18 DAS FORUM 22 BERICHTE 25 HEFT 3 GELEITWORT 1 LITURGIE ALS GRUNDLAGE SAKRALER KUNST G. Egger (Wien) 2 BAROCK IN ÖSTERREICH Dr. Günther Heinz (Wien) 7 DIE ENTWICKLUNG DER MODERNEN CHRISTLICHEN KUNST IN ÖSTERREICH Klaus Pack (Wien) 15 DAS FORUM 20 RONCHAMP UND DIE FOLGEN 22 DIE WALLFAHRTSKIRCHE NOTRE-DAME DU HAUT IN RONCHAMP 24 BUCHBESPRECHUNGEN .....' 26 HEFT 4 RUDOLF SCHWARZ Dr. Leonhard Küppers (Düsseldorf) 1 LITURGIE UND KIRCHENBAU Arch. Prof. Dr. Rudolf Schwarz (Frankfurt/Main) 3 DIE KAPELLE DES LANDES-KINDER KRANKENHAUSES LINZ Dr. Erich Widder (Linz) 8 ST.-JOSEFS-KIRCHE IN REDL-ZIPF Karl Angerbauer (Linz) 10 DAS FORUM 13 BERICHTE 15 BUCHBESPRECHUNGEN 18

Inhaltsverzeichnis 1957 - 95. Jahr HEFX 1 Seite MORPHOLOGIE DER SAKRALEN KUNST Günter Rombold 1 PHÄNOMENOLOGIE DES HEILIGEN UND DES DÄMONISCHEN NACH DEN HEILIGEN SCHRIFTEN Bernhard Hanssler 2 STRUKTURANALYSE DER SAKRALEN KUNST G. Egger 8 KÜNSTLERISCHE FORM UND GEISTIGE REALITÄT C. Pack 11 DIE HISTORISCHEN RICHTUNGEN DER MODERNEN KUNST IM SAKRALEN RAUM W. Warnach 17 DIE PFARRKIRCHE IN SALZBURG-PARSCH Otto Mauer 25 BUCHBESPRECHUNGEN Neuerscheinungen zur Kunst der Gegenwart 28 HEFT 2 DOMINIKUS BÖHM, BAHNBRECHER DES NEUEN KIRCHENBAUS Dr. Leonhard Küppers 1 DER BILDHAUER WALTER RITTER Dr. Wieland Schmied 3 DIE KUBIN-SAMMLUNG DES GEISTLICHEN RATES ALOIS SAMHABER Dr. Erhard Göpel 5 DIE ARCHITEKTURGESCHICHTLICHE STELLUNG DER ÖSTERREI CHISCHEN EINSTÜTZENKIRCHE Dr. Erich Bachmann 9 ZUR THEOLÖGIE DES FLÜGELALTARES Dr. Ekkard Sauser 14 DAS FORUM Die Geburt der modernen Malerei 17 An der Schwelle der Ausdruckswelt 18 Der Maler der Technik 18 BERICHTE Ein neues, signiertes Astl-Werk 19 BUCHBESPRECHUNGEN 20 HEFT3 CHRISTUS UND DER ALTAR Dr. Heinrich Kahlefeld 1 DAS SYMBOLISCHE IN DER KUNST CEZANNES Dr. Kurt Badt .... 8 DIE ANALOGIE DES SEINS IM KUNSTWERK Prof. Helmut Kuhn .... 13 PHYSIOGNOMIK DES KÜNSTLERISCHEN AUSDRUCKS Prof. Dr. August Vetter 19 DAS SYMBOL DER CHRISTLICHEN KUNST Doz. DDr. Gerhard Egger 23 DAS FORUM: BERN ARD BÜFFET Gurt Grützmacher 24 KRITIK Peter Metz, Der Echternacher Codex (Prof. Walter Otto) 26 BUCHBESPRECHUNGEN 27 HEFT 4 ZUR KIRCHLICHEN DENKMALPFLEGE Univ.-Prof. Dr. Otto Demus .. 1 WELTLICHE UND GEISTLICHE ORDNUNG DER DENKMALPFLEGE Dr. Walter Semetkowski 2 KIRCHE UND FRIEDHOF IM ORTS- UND LANDSCHAFTSBILD Doz. Dr. Walter Frodl 7 UMBAU UND ERWEITERUNG VON KIRCHEN Prof. Dr. Michael Engelhart 10 DIE AUSSTATTUNG VON KIRCHLICHEN RÄUMEN UND IHRE PFLEGE Dr. Gertrude Tripp 14 DIE PFLEGE UND INSTANDSETZUNG VON SAKRALBAUTEN Dr. Josef Zykan 19 ÜBER DAS FREILEGEN UND RESTAURIEREN VON WANDMALEREIEN Dr. Norbert Wibiral 24 ÄLTESTE KIRCHEN ERSCHLIESSEN SICH DER FORSCHUNG Dozent Dr. Franz von Juraschek 30 BUCHBESPRECHUNGEN 32

Josef Perndl, Linz Die Seminarkirche in Lin: Alle bedeutenden Barodcarchitekten Öster reichs bemühten sich intensiv um den im Grund- und Aufriß von der Rundung beherrsch ten Zentralraum. Mit gutem Empfinden wandten sie ihn aber nur dort an, wo er sachlich möglich ist: in Grabkapellen, Votiv- und Wallfahrts kirchen und in Gotteshäusern kleiner Ordens konvente. Johann Lukas v. Hildebrandt') hat mit der Klosterkirche in Gabel, der Piaristenund Peterskirche in Wien früh in die von Guarini herleitende Entwicklung eingegriffen. Die Seminarkirche in Linz, zwei Jahre nach der Wiener Karlskirche begonnen, war Hildebrandts letzter kurviger Kultbau und schloß die öster reichische Reihe ab. Diese blieb im Bereich des Plastischen, während sich im benachbarten süd deutschen Raum eine Umdeutung ins Malerische anbahnte und in immer neuen Kombinationen eine Durchdringung von Langbau und Zentral bau erfolgte, bis zum letzten Wagnis sphärischer Überschneidung durch den von Hildebrandt beeinflußten Job. Balthasar Neumann. Sakristei Grundriß der Seminarkirche in Linz nach Grünschitz, Hildebrandts Kirchenbauten Aus Mangel an Raum und Mitteln mußte Hildebrandt sich in Linz bescheiden. Im Grund riß bringt er eine vereinfachte Wiederholung ') Vgl. Bruno Grlmschitz, Johann Lucas v. Hildebrandts Kirchenbauten. Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Bd. VI (1929), S. 205 ff. Ein Abriß ihrer Baugeschichfe (1718—1725) Dazu die Abbildungen 1—4 des Baukonzeptes der Wiener Peterskirche. In Anlage und Proportion ist sein oktogonaler Zentralbau in Göllersdorf, Niederösterreich, und in der Formung der eintürmigen Schauseite seine Kirchenfassade in Pottendorf, Niederöster reich, unmittelbare Vorstufe. Das Kuppel gewölbe findet in Konstruktion und Dekor sein Vorbild in der Einfahrtshalle des Palais Kinsky in Wien. Hildebrandt zeigt auch in der Semi narkirche die seinem großen Rivalen Fischer gegenüber gedrungenere, aber auch wärmere Art. Bewußter als jener zieht er das Ornament in sein Konzept, doch beruhigter und abgeklär ter als in früheren Bauten. Er wagte hier erst mals wieder im Kircheninnern den Stuck als Ersatz für die lauttönende illusionistische Deckenmalerei. So kam es zu einer neuen imd großartigen Einheit von Architektur und Deko ration, die aber viel vornehmer geriet als im carlonesken Stuckbarock. Die Art der Bauführung erfolgte so, daß Hildebrandt die Pläne für das Gesamt, aber auch für alle Einzelheiten selbst des Dekors entwarf, wohl auch ein BaumodelF) lieferte, während die Ausführimg dem Linzer Stadtbaumeister Johann Michael Prunner übertragen war. Hildebrandt behielt jedoch auch über die Ausführung die Oberaufsicht. Über die Erbauung hat 1896 Albert Hg') ein umfangreiches Quellenmaterial veröffentlicht. Doch unterliefen ihm Fehler in der Datierung und Zuschreibung, die teilweise noch in der neueren Literatur mitgeschleppt werden. Dies berechtigt zu einer neuerlichen Vorlage der Baugeschichte, die nun in einem Abriß folgt'). ') Der Hausmeister berichtet am 10. November 1718 über zwei Deutsch-Ordenshausmodelle, die er zugleich mit Kapellenrissen erhalten hat: „habe mein Tag nicht waß schener und accurater gesegen und daß alles so guet und zart ausgearweith ist". ') Albert Hg, Donners und Hildebrand's Wirken für den deutschen Ritterorden in Linz, Mitteilungen der kk. Central-Commission zur Erforschung der Kunst- und hist. Denkmale, Wien, 1896, S. 81 ff. ') Diese Arbeit wurde zur Feier des 150jährigen Bestehens des Priesterseminars am 6. November 1956 vorbereitet, kam aber aus technischen Grün den nicht zur Veröffentlichung. Soweit nicht anders vermerkt, dienen als Quelle die Bestände des Zen tralarchivs des Deutschen Ordens in Wien, Akten

Fürsterzbischof Johann. Ernst Graf Thun (t 1709) von Salzburg widmet 30.000 fl. als Dota tion zur Gründung einer Niederlassung des Deut schen Ordens in Linz. Sein Nachfolger Franz Anton Fürst von Harrach vollendet die Stiftung imd erwirbt am 10. September 1711 von Franz Anton Khevenhüller, Grafen von Frankenburg, für 17.000 fl. einen kleinen, im freien Feld südlich der Linzer Vorstadt gelegenen Landsitz''). Diesen übergibt er am 12. Februar 1712 an den Orden. Erster Komtur wird der Bruder des Stifters Johann Josef Philipp Graf von Harr ach (1678—1764). Dieser ersucht am 20. Oktober 1717 den Bischof von Passau um die Bewilligung zur Errichtung einer vom Ordens statut für eine Kommende vorgeschriebene Hauskapelle"). Nach Zusage von Reservaten und Bereinigung von Kompetenzschwierigkeiten mit der Linzer Stadtpfarre wird am 28. März 1718 der Konsens erteilt'). Um diese Zeit vollendet der mit dem Bauentwurf beauftragte Johann Lukas von Hildebrandt seine Pläne, so daß nun sofort mit Planierungsarbeiten an der Baustelle begonnen werden kann. Der Salzburger Erzbischof ist zu tatkräftiger Mithilfe bereit. Außer flnanziellen Beiträgen werden fast alle Marmorarbeiten und die Dach stühle vom Salzburger Hofbauamt geliefert. Linz bietet mit dem geringen Einkommen, das nur im Zinsertrag der Fundationssumme be steht, keine Lebensgrundlage für den Komtur. Deshalb bekommt er zur Linzer Kommende bald auch die von Friesach und später die von Lai bach übertragen. Der Graf versucht zwar, für Linz einen Gutshof zu erwerben, doch wird über den Hummelhof, Stockhof imd andere Güter vergeblich verhandelt. Auch der Plan, ein Hospital mit der Linzer Gründung zu verbin den, wofür das Haus zur Eisenhand angetragen wird, bleibt unausgeführt. Harradi weilt selten in Linz, doch läßt er sich vom Hausmeister durch Wochenberichte, die nach Wien, häufig nach Salzburg, ja beim Türkenfeldzug in Ungarn sogar dorthin nach gesandt werden, ständig informieren und gibt die entsprechenden Weisungen. Erster Haus meister ist von 1712 bis Ende 1719 der Linzer der Commende Linz. Für die Ermöglichung der Be nützung sei dem Hochwürdigsten Herrn Hoch meister Dr. Marian Turnier sowie Herrn Staats archivar d. R. Dr. Paul Kletler ergeben gedankt. °) Über die stark wechselnde Besitzerreihe des von 1620 an nachweisbaren Hauses vgl. Georg Grüll, Die Freihäuser von Linz, Linz, 1955. °) Diözesan-Ardiiv Linz, Passauerakten, Fase. 181 q Nr. 1. ') Diözesan-Ardiiv Linz, a. a. O. Nr. 10. Maler Johann Michael Seeberger®). Er wird wegen Unregelmäßigkeiten in seiner Amtsführung von Johann Adam Wenzl abge löst, der die Geschäfte durch 40 Jahre als Haus inspektor führt. Neben dem Bau der Kirche läuft der Umbau des Kommendegebäudes, das nach Plänen Hilde brandts ein neues Haupttor und ein neues Stie genhaus mit Marmorbailustrade und Kuppellateme®) erhält. Hinter dem Haus werden ein Kaplanstöckl, Offlziershaus und Stallgebäude errichtet. Dem dort gelegenen Garten widmet der Graf eine besondere Sorgfalt imd zieht zur Ausgestaltung neben dem Sdiloßgärtner von Aschach auch Hildebrandt und Prunner heran. Ende April 1718 wird die an der Kommende vorüberführende Straße nach Süden verbrei tert. Die Grabungsarbeiten für die Kapelle be ginnen anfangs Mai 1718 nach Aussteckung der Fundamente durch Hildebrandt. Am 29. Juli 1718 teilt er in Anwesenheit Prunners auf den herausgemauerten Fundamenten die Risse aus. Für die zweimalige Postreise von Wien nach Linz und einige andere Auslagen erhält er 150 fl., für die zu Wasser erfolgte Rüchfahrt 48 fl. Für Entwurf und Ausfertigung der Bau pläne werden ihm zu Beginn und Ende der Arbeit 1718 je 50 Dukaten, zusammen 411 fl. 40 kr., ausbezahlt. Die Grundsteinlegung erfolgt am 18. Mai 1718. In der Folge benützt Hildebrandt, der mit dem Umbau von Mirabell beschäftigt ist, seine häufigen Reisen nach Salzburg zur Inspektion der Baustelle in Linz und verweilt manchmal einige Tage hier. Sein Aufenthalt in Linz läßt sich für wenigstens folgende weitere Daten belegen: Anfang und Mitte November 1719; 14. Mai 1720; 9. September 1721 mit Bildhauer Josef Kracker nach gemeinsamem Auf enthalt in Melk und 28. September 1721; 9. und 26. Februar 1722; 19. bis 21. August 1722 mit dem kaiserlichen Münzstecher Gennaro, am 7. September Rückkehr der beiden aus Salz burg; 14. August 1723, wohl aus Gastein kom mend; anfangs Juli und 3. August 1724; 27. Juni Seeberger bittet um Ausgleich des durch un sichere Rechnungslegung entstandenen Schadens und führt an, er habe durch Einsturz einer Mauer an seiner eigenen „effect Mailerei und färb Gezeugs über 400 fl. Schaden gelitten". ®) Darüber verlautet in einem Visitationsbericht pro 1773/74: „Die Laterne abgetragen und die Kup pel geschlossen." Die Kuppel war offenbar unter das Dach des Stiegenhauses gezogen. Die darüber aufragende Laterne wird stark überhöht und zu weit nach links verschoben, in dem von Fr. B. Wer ner gezeichneten und von M. Engelbrecht gesto chenen Prospekt des Deutschen Hauses (siehe Umschlagseite) sichtbar. Augsburg 1767. In der Unter schrift wird Harrach mit Starhemberg verwechselt.

1725. Hildebrandt ist oft ziemlich gereizt, wohl von Wien aus verärgert und von der Gicht geplagt. Prunner ist seihst schon ein bedeuten der Meister, ordnet sich aber in einer Art Schülerverhältnis willig unter, so daß die Zu sammenarbeit meist reibungslos vor sich geht. Da Hildebrandt den Brauch hat, die Pläne gleich wieder zu sich zu nehmen oder schriftlich zurückzufordern, ist Prunner gezwungen, sich stets sofort Kopien anzufertigen. Gerüst und Bauholz werden vom Grafen Khevenhüller oder der Welser Holzkompagnie bezogen und in Scharlinz gelandet. Die Bau steine werden im Donautal gebrochen. Ziegel liefert die Linzer Stadt- oder Schloßziegelei und die Jesuitenziegelei in Urfahr. Zur Bewältigung der Arbeiten werden im eigenen Stall neben einigen Pferden sechs Maultiere gehalten. Im August 1718 arbeiten zehn Maurer und elf Tag werker. Die zwei Steinmetzmeister Johann P r u n n e r, ein Bruder des Baumeisters, und Friedrich Herstoffer, die meist in Ge meinschaft arbeiten, beschäftigen vier Gesellen. Sie besorgen in gemeinsamer Regie die Stein metzarbeiten an Sockeln, Gesimsen, Fenster gewänden und Turmvoluten. Die Arbeit am großen Ovalfenster der Fassade lehnen sie ab, da dies Sache eines Bildhauers sei. Die Arbeiten schreiten rasch voran. Da macht am 9. Oktober 1718, nachdem der Rohbau schon die Traufenhöhe erreicht hat. Prunner den Vor schlag, „er wolte den Thum bey dem Hochaltharr ordinieren und auf das gewölb im ge mauerten rondo hinausführen ... es würde ein solcher Thum gewißlich nicht übel stehen". Prunner tut dies im offenbaren Bestreben, eine Lichtquelle für den unerleuchteten Altarraum zu schaffen, ähnlich seiner Lösimg im kurz zu vor fertiggestellten Stadl-Paura, zugleich aber auch, um einen bedeutsamen Schlußakkord für den ganzen Baukomplex zu schaffen. Dieser Plan wird durch Hildebrandt und den Grafen erst ein Jahr später endgültig abgelehnt. Dafür erreicht Prunner die Errichtung einer JohannNepomuk-Kapelle, die als Ausklang der Bau maße in knappen Abstand von der Kirche an deren Südostecke errichtet werden soll. Er liefert dafür am 12. August 1720 einen Riß. Am 29. Oktober 1718 nimmt der Salzburger Hofzimmermeister Georg Hueber unter Mithilfe seines Sohnes Peter durch Zuschnei den von Brettlehren an einer Kapellenhälfte das Maß zum Dachstuhl, für den ein Wiener Zimmermeister um 24 fl. den Plan geliefert hat. In der Achsel zwischen Kirche und Kommende wird eine steinerne Schneckenstiege errichtet, die Zugang zu Oratorium, Glockenstube und Dachboden schafft. Der Hausmeister überbringt dazu Prunner am 5. August 1719 einen Ab änderungsauftrag, „welcher ihm nicht woll ge fallen und aus lauter Zohrn und Vertrißlichkeit ist er hin wöckher gangen und gemeldet, er khan auf dieses kheine andword geben". Bald darauf äußert sich aber Hildebrandt zu Prunner: „es gefahle Ihme sowohl das Gebäu der Neuen Schneckhen-Stiegen, der Wagen-Schupfen und besonderist der Neue Stahl gar wohl." Am 24. August 1719 kommen aus Salzburg drei Zil len mit dem Marmor zum Hauptportal und dem Gerüstholz für den Dachstuhl, den Peter Hueber mit sieben mitgebrachten Gesellen aufstellt. Ab 3. September deckt man das Dach mit leinölgetränkten Lärchenschindel, die dann einen roten Anstrich bekommen. Im Frühjahr 1720 wird zur Schaffung eines Hofes hinter dem Hause nach dem Entwurf Hildebrandts eine Quermauer aufgeführt, die vor ihrem über höhten Mittelfeld ein Brunnenbecken mit was serspeiender Tierfratze erhält. Am 21. April 1720 hat der Linzer Bildhauer, wohl Leopold M ä h 1, der am 14. Oktober 1721 mit 158 fl. ent lohnt wird, die aus Eggenburger Sandstein gehauenen Kapitelle für die Fassade fertig. Da Prunner um diese Zeit viel anderwärts beschäf tigt ist und in Lambach, Schlierbach, Tillysburg und Schloß Wartenburg zu tun hat, beginnt in diesem Jahre die Kapellenarbeit verspätet. Vom 12. Mai bis zum 30. September 1720 wird das Hauptgewölbe gespannt und dann grob an geworfen. Die zwei Gewölbe des Oratoriums sind Mitte November vollendet. Am 2. November 1720 mißt der Wiener Theateilngenieur Antonio Beduzzi den Altar raum aus und begehrt den Riß für die Nepomukkapelle. Er ist offenbar beauftragt, Entwürfe für die Statuen zu liefern. Am 22. Jänner 1721 revidiert Hildebrandt die Abrechnung der bei den Steinmetzmeister für die Jahre 1718 und 1719 und setzt die geforderte Summe von 1170 fl. um 50 fl. herab. Am 23. März 1721 zeigt Prunner einem wel schen Stukkator, der am Bau des Grafen Tilly in Wels beschäftigt ist, das Kircheninnere. Es handelt sich um den in Oberösterreich mehr fach beschäftigten Paolo d'A Iii o^"). Dieser sendet am 30. März 1721 einen Entwurf nach Wien und veranschlagt die Kosten auf 350 fl. Einen von einem Wiener Stukkator eingeholten Entwurf findet er für gut in der Komposition, aber zu flach im Relief. Um den 10. Juli 1721 reist der mit der Aus führung der Fassadenstatuen beauftragte Wie ner Bildhauer Josef Kracker durch, an- ") Gütiger Hinweis von Dr. E. Hainisch über die Tätigkeit AUios in Wels, Aktennachweis G. GrüU.

geblich, um in der Schloßkapelle von Aschach einen Altar aufzustellen^^). Er kommt um den 20. Juli zurück und erhält den Auftrag für den Transport der Statuen. Am 14. Juli 1720 tref fen aus Salzburg Peter Hueber und fünf Ge sellen mit den Marmorgewänden für die Por tale und das Ovalfenster und dem Gerüstholz für den Turmdachstuhl ein, für den diesmal Hueber selbst am 20. April 1721 den Riß ge liefert hat. Der Turm wird mit Regensbmger Eisenblech gedeckt, das auf 260 fl. kommt. Der Linzer Klampferer erhält für die Arbeit 226 fl. Der Linzer Maler Johann Wolfgang Dallinger erhält für die Vergoldung der zwei Dachkreuze und des Turmkreuzes 126 fl. Das Gold wird vom Goldschlager in St. Florian bezogen. Das um Kreuzknauf und Stiefel gewundene Laub werk wie auch das Dach selbst wird mit Kupfer farbe gestrichen, die aus einer in Leinöl auf gekochten Mischung von Kupferstaub, Silber glätte und roter Mennige besteht. Die Kreuzsteckung erfolgt am 25. Juli 1721. Am 28. August 1721 treffen die Fassaden statuen mit dem Portalwappen ein und werden unter Aufsicht Krackers versetzt. Dieser erhält am 24. September 1721 zur Rückfahrt 10 fl. Reisegeld. Wegen der Weichheit des Eggenburger Sandsteins wird alles mit Öl eingelassen imd zweimal mit Bleiweiß gestrichen. Es ist vorzügliche Wiener Bauplastik, deren Erhaltung um so wertvoller ist, als die nach der Linzer Arbeit von Josef Kracker und seinem Vater Tobias für Mirabell gelieferten Statuen ver loren gingen und es für die in Wien befindlichen Werke noch an genauer Zuschreibung mangelt. Die Deutung der vier allegorischen Frauenflguren gibt der Graf selbst: „Die oben aufwerts stehenden zwei Statues stellen Vor jene zur lincken gegen dem Veit die freygebigkeit oder freywillige armuth, in einer handt ein trüchel haltend, in der andern einiges Geld weisend, die andere zur rechten und gegen dem Haus bittet die Wachsambkeit. Vorn zu ihrer seithen einen Strausvogl habend, der in einer Klauen ein Kugl oder Stein haltet. Die zwei liegenden oder sitzenden will jene eines pferd muntstuck weisend, den gehorsamb, die ander aber durch die zwei habende Tauben die reinigkeit Vorstellen, zu welcher all diese dieses Hohen Ordens Ritter vergelübtet sein. Diese Statues sein zu Wien durch den beriembten Der Hausmeister irrt, denn es handelt sich bloß um die Anbringung der Wappen des Grafen Alois Thomas v. Harrach und seiner Gemahlin an dem schon bestehenden Altar der Schloßkapelle. Auf dem mit Hildebrandt geschlossenen Akkord be stätigt „Josef Krakherr" am 8. August 1721 den Empfang von 20 fl. Gräfl. Harrachsches Familien archiv, Wien, Hs. 220. Statuario . . . gebildet worden." Der Name ist dem Grafen entfallen. Am 9. September 1721 nimmt Hildebrandt zur Färbelung des Turmes Proben von mit Essig und Bier versetzten Farben vor, wogegen Prun ner die Einwendung erhebt, „es seye durch den Herrn Ingenieur etwas zu viel, imd zwar nicht nach seinem guterachten ordinieret worden, nehmlichen die obersten Thurnpfeiller oder Lassenen von denen Capitellen herab betten, umb besser gegeneinander abzustechen und in die Augen zu khommen, nicht gleich denen Capitel len völlig angefärbet, sondern wehnigstens die Mittleren Feldungen in diesen, ohne die Rosen, weiß gelassen werden sollen". Der Hausmeister hat Vor- und Obsicht zu tragen, daß das „etwas viel erforderte Pier zu nichts anders als zur anmachung der färben verwendet werde". Am 28. September 1721 schließt Hildebrandt mit dem Linzer Tischler und Hausmeister des Grafen Salburg, Wolfgang Rae hinger, einen Vertrag über die Verfertigung des Ge stühls, der vier Innentüren, der Außentüren und des Haupttores für 391 fl. Die Wände des Gestühls sollten gemäß dem nach Salzburg ein gesandten Modell in eingelegter Arbeit und die Innentüren ebenso mit dazustehendem Muster verfertigt werden. Hildebrandt kontrahiert auch mit dem Stukkator, der zuvor eine Probearbeit hatte machen müssen. Anfangs Oktober wird von einem Salzburger Steinmetz das Haupttor gewände und das darüber befindliche Oval fenster versetzt. Einen Einblick in die Arbeitsweise Hilde brandts bietet ein Bericht über seine Durch reise am 9. Februar 1722. Er stellt Fehler am Portale fest und gibt Anweisung, wie der Wasserabfluß an den Festons zu bewerkstelligen sei. Für die Stuckarbeit fordert er fetteren Gips und verlangt, daß der Leib des Engels oberhalb der Nische besser mit Flügeln bedeckt werde. Für die Belebung der Begleitlisenen macht er eine Zeichnung. Er wünscht, daß im Kuppel relief statt Gottvater allein die Allerheiligste Dreifaltigkeit aufscheine, der Stukkator möge dafür einen neuen Riß nach Wien einsenden. Auch solle das Laubwerk besser exprimiert werden. Der Tischler möge bis zu seiner Rückkimft einen Kirchenstuhl sowie ein Tor zur Begutachtung fertig machen. Die Fensterrahmen und Beschläge des Schlossers Leopold P u g g 1 werden gutgeheißen. Für die Verglasung schneidet er Papiermuster, die an idie Frei städter Glashütte zu senden sind. Er spricht mit dem Bildhauer wegen der Kapitelle und Vasen für die Nepomukkapelle, der pro Stück 10 fl. fordert und sagt dem Steinmetz für die Arbeit am gleichen Werk 120 fl. zu. Er fordert

Änderungen an der Brunnennische der Quer mauer, an der Herstorffer arbeitet. Mit Martin Altomonte hält er Absprache wegen des Altarblattes. Auf der Rückfahrt am 26. Februar 1722 bringt er den Salzburger Hof-Steinmetzpalier mit, der das Tor abtragen und neu setzen muß, sich auch bereit erklärt, die vier Innen türen selbst zu setzen, um neue Fehler, für die er eine Verwechslung des Salzburger Fußes mit dem in den Plänen verwandten Wiener Fuß verantwortlich macht, zu vermeiden. Hilde brandt übergibt dem Palier die Risse für den Altar und unterrichtet ihn über die Aufstellung. Der Palier teilt mit, daß in Salzburg die zwei Marmorputti für den Haupttorgiebel fertig seien. Diese treffen anfangs März ein. Sie tragen Me tallattribute als Symbole für die Tätigkeit des Ordens, Kelch und Stola, Kreuz und Schwert. Justus Schmidt") weist mit Recht auf die völlige Übereinstimmung mit den Salzburger Absatz putten Donners hin. Sie wären somit die früheste Fassung von Kindergestalten, die so viele Arbeiten Georg Raphaels Donners begleiten. D'Allio hat zwei neue Risse für das Mittel feld verfertigt imd fordert wegen vermehrter Stuckarbeit höheres Entgelt. Wohl aus Ersparungsgründen bleibt man dann beim ersten Ent wurf. Die Arbeit beginnt am 18. April 1722. D'Allio übernimmt das Hauptrelief, während sich zwei Gehilfen zuerst den Nischen und Ge simsen zuwenden. Einer der beiden, ein Wel scher, trägt sich an, die Nischen in Stukkolustro auszuführen, er habe solche Arbeiten in der Wiener Peterskirche und am Belvedere ausgeführt. Er verlangt pro Nische 30 fl., doch kommt es nicht dazu. Am 3. Mai 1722 sendet Altomonte durch seinen in Wien befindlichen Sohn Andrea den Entwurf des Altarblattes an Hildebrandt. Kurz darauf reist er selbst nach Wien und bringt von dort genaue Weisungen für die Färbelung der Stuckarbeit mit. Am 15. August 1722 legt jedoch Hildebrandt eigen händig auf Papier die Proben mit „Englischrot, Ungrisch-Berggrün, gelber Erde und Kienruß" fest. Dem Stukkatur gibt er eine Zeichnung für die Emporenbrüstung, Anweisung für den Stuck des unteren Gewölbes und verspricht einen Entwurf für das Abschlußgitter. Für diese Arbeit, erklärt der Hausmeister, wären in Linz nur zwei Schlosser kapabel, die in der Jesuitenund Ursulinenkirche schon ähnliche Arbeiten ") Justus Schmidt, Linzer Kunstchronik, 3. Teil, Linz, 1952, S. 211. Dagegen lehnt Pigler die Ur heberschaft Donners ab, Andreas Pigler, Raphael Donner, Leipzig-Wien, 1929, S. 76. Bis jetzt ist eine so frühe Tätigkeit Donners in Salzburg nicht nach gewiesen. gemacht haben. Die Stuckarbeit ist Mitte Sep tember 1722 vollendet. Der Stukkatur bekommt 307 fl., dazu für Arbeiten im Vestibül, Stiegen haus und Kuppel der Kommende 33 fl. Am 28. September 1722 trifft die von Josef Kracker verfertigte Statue des hl. Johannes Nepomuk ein samt einem Ersatzkopf für eine Fassadenflgur, deren Kopf durch Anschwellen eines Holzdübels zersprungen ist. Die Nepomukflgur trägt ein Eisenkreuz mit Bleikorpus und ein Blechbirett. Das Sockelrelief, das den Sturz des HeUigen über die Moldaubrücke zeigt, muß erst von einem Linzer Bildhauer ins Reine gearbeitet werden. Die Kapelle ist am 3. Ok tober 1722 vollendet, das gesamte Werk wird mit Bleiweiß gestrichen"). Im April 1723 errichtet man in der Nordost ecke zwischen Haus und Kirche einen auf einer Säule ruhenden Übergang in das Oratorium. Im Mai wird die Fundierung für den Hochaltar gelegt, doch trifft das Marmormaterial für den Altar mit zugehörigem Schnitzwerk erst am 2. September 1723 auf vier Schiffen aus Salz burg ein. Am 5. September 1723 wird ein Ver trag mit dem Linzer AntonLustig geschlos sen, der für die Fassung sämtlicher Teile 180 fl. verlangt. Die ihm zur Probe übergebenen Teile werden zu Altomonte nach St. Florian gebracht, damit dieser die Arbeit begutachte. An der Auf stellung des Altars arbeiten im September der Salzburger Hofpalier und dessen zwei Gesellen. Da die Altarsrückwand zu geradlinig ist, muß deshalb die konkave Mauer seitlich etwas aus gebrochen werden. Am 4. Oktober 1723 beginnen die Gesellen das Pflaster zu legen. Der aus Salzburg gelieferte Rahmen für das Altarbild ist so verzogen, daß in Linz ein neuer geschnitzt werden muß, ebenso einige fehlende Festons und Engelsflügel. Nachdem an der Altarrück wand Holzkohle zur Sichenmg gegen die Feuch tigkeit aufgeschichtet ist, wird das schon im Februar vollendete Altarbild eingesetzt. Da der Graf einiges daran bemängelt, verspricht Alto monte zwar eine sofortige Verbesserung, kommt jedoch erst Ende Februar 1724 dazu, „den Corpus des Cruciflx in bessere Proportion und Annehmlichkeit zu bringen wie nicht minder die ganze Creutz-stellung mehreres als vorhin dem Aug ins Mittel zu repräsentieren". Am 5. März 1724 kann der Hausmeister melden, daß das Bild noch trocknen müsse, und dann nur ") Statue und Kapelle werden durch Christoph Wilhelm V. Thürheim erworben und 1729 im Schloß Weinberg bei Kefermarkt aufgestellt. Das Werk ist gut erhalten, der rechte Engel fehlt. Transport belege im Schloßarchiv Weinberg, Linzer Regesten B II G 8, 3090—93 und 3095, bearbeitet von Fr. Schober.

noch „mit Eyerklar zu beschmieren sei". Altomonte bekommt für das Kreuzigungsbild 125 fl. Am 11. Mai 1724 treffen vier Nischenstatuen, die Namensheiligen des Grafen, St. Josef und St. Johannes Ap. sowie die Ordenspatrone St. Georg und St. Elisabeth, ein. Sie wurden von einem Salzburger Bildhauer für 120 fl. ge schnitzt. Die vorzügliche Arbeit dürfen wir wohl Simeon Frieß zuschreiben. Für die Total vergoldung verlangt Lustig pro Statue 35 fl. Am 17. Juli 1724 kommen aus Wien zwei große Ovalbilder mit geschnitzten Rahmen für die Seitennischen. Sie zeigen den Tod des hl. Josef und das Martyrium des hl. Johannes Nepomuk und stammen von Joh. Georg S c h m i d t"). Josef Kracker liefert drei Wappen und zwei Putti für das Tor des Kommendegebäudes. Das Torgewände macht Johann Prunner. Die Ge samtkosten des Portals betragen 279 fl. Am 3. August 1724 erklärt sich Hildebrandt mit dem vom Haustischler Wolf Mittermayr her gestellten Sakristeikasten mit reicher Einlege arbeit zufrieden. Er wünscht, daß man an den Türen das Ordenskreuz weglasse, da es oft genug an den Apostelkreuzen aufscheinen werde. Er gibt Anweisung zur Verbesserung der Festons und Engelsflügel und zur Erweiterung der zu eng geratenen Altarstaffel. Die vom Linzer Glockengießer S i 1 v i u s C r o c e am 19. September 1724 gegossenen Glocken überschreiten das im Kontrakt vom 29. August 1724 vorgesehene Gewicht um 18l^ Pfund und kosten 491 fl. Die Linzer Gürt lerin erhält für die in durchbrochener Arbeit ausgeführte und mit drei Wappen versehene feuervergoldete Ampel sowie für Rauchfaß und Schifferl 100 fl. Im März 1725 wird die am 23. Jänner 1724 für 120 fl. bei Spaz bestellte rückwärtige Marmorballustrade aufgestellt. Zu gleich wird auch das Abschlußgitter angebracht, für das ein Linzer Schlosser (wohl Georg Koller) 420 fl. erhält. An die von Lustig ge malten Apostelkreuze kommen eisengeschmie dete vergoldete Leuchter. Der Steyrer Uhr macher bekommt anfangs Juni für die Turmuhr 240 fl., der Kupferschmied 9 fl. für die Zeiger und der Schwertfeger für deren Vergoldung 30 fl. Am 13. Dezember 1724 hat Graf Harrach seinen Vetter, den Fürsterzbischof von Passau Josef Dominik Graf von Hamberg, um Vor nahme der Weihe gebeten"). Am 2. Mai 1725 dankt er für die Zusage^") und versichert, daß die Kapelle „so ney als zührlich wol versehen und Die Bilder werden 1895 auf zwei neuen Seiten altären adaptiert. Diözesan-Archiv Linz, a. a. O. Nr. 12. Diözesan-Archiv Linz, a. a. O. Nr. 14. gänzlich bereyt" sei. Am 3. Juni 1725 nimmt der Bischof die feierliche Einweihung vor, nachdem er am Vortag die im Vestibül der Kommende aufgehängten neuen Glocken benediziert hat. Im Sepulcrum des Altares werden Reliquien der hl. Märtyrer Probus und Modestus ge borgen. Das jährliche Kirchweihfest wird auf den dritten Sonntag nach Pflngsten festgesetzt. Nach der Konsekration feiert ein Bruder des Bischofs, Franz Anton Graf von Bamberg, Dom herr zu Salzburg, der zum Weihbisdiof von Passau bestimmt ist, seine Primiz in der neu geweihten Kapelle. Jetzt erst, nach der Weihe, wird das schon früher vollendete Gestühl auf gestellt. Die Gesamtkosten, soweit sie in Linz für Honorare, Löhne und Material bis Mitte 1725 verrechnet werden, ergeben eine Summe von 12.808 fl. Der Graf ist auch auf die künstlerische Aus stattung der Wohngemächer bedacht. Es flnden sich darin Bilder des Prinzen Eugen, des Land komturs Graf Goldstein und des Grafen Harrach von Conde; ein Bild des Erzbischofs Graf Thun von Z a n u s s i, zwei Wachsbossierimgen der Kommende mit über hundert Figuren, im Win ter 1722/23 von Joh. Papt. Zeto aus Tittmoning und seinem Sohn für 60 fl. verfertigt. Michael Seeberger bekommt für zwei Bilder des „Thürkhl und Härmelin", der zwei Liebimgs pferde des Grafen, 20 fl. Auf einem Kamin steht zwischen holländischem Porzellan ein Frauen kopf aus weißem Marmor auf schwarzgebeiztem Postament von Balthasar Permoser um 1720. Von einem italienischen Maler stammen mehrere Marinestücke und Landschaften. Graf Harrach, vom Anfang an mit der Nepomukkapelle unzufrieden, läßt im September 1727 eine neue aus Untersberger Marmor errich ten. Die Aufstellimgskosten allein betragen 263 fl. In ihr findet eine Frühplastik Georg Raphael Donners Platz. Für diese Statue des hl. Johannes Nepomuk wurde am 12. Mai 1727 in Salzburg ein auf 350 fl. lautender Ver trag zwischen Donner imd dem Hofbauverwalter Koch abgeschlossen. Die Kapelle selbst bringt die fast wörtliche Wiederholimg der früheren, nur nimmt das Giebelfeld noch einmal das Motiv vom Hauptportal der Kirche auf. Hier wie dort zeigen sich drei Cherubsköpfchen, Salzbur ger Arbeiten aus der Werkstatt Sebastian Stumpfeggers. Da die am 20. April 1718 zur Straßenerweiterung durchgeführte Grundüber tragung „unter Vorbehalt aller Jurisdiktion und Obrigkeit" erfolgt war, erklärt der Magistrat der Stadt Linz 1834 die Nepomukkapelle als städtisches Eigentum und läßt sie 1899 an die Ostseite der Stadtpfarrkirche übertragen. Eine noch schwerere Beeinträchtigung erleidet die

HL Elisabeth von Simeon Fries (?) Phofo; Kurt Walter, Linz SEMINARKIRCHE IN LINZ Kircheninneres Photo: H. G. ßolock, Wien ä«fc

n 4\ Fassadenfigur von Josef Krodcer Photo: Kurt Walter, Linz SEMINARKIRCHE IN LINZ Kuppelrelief, Stuck von Paolo d'Allio Photo: Max Koior, Eferding i

■■ ■■■■ ■ m ST. JOSEF IN KARLSRUHE Ansicht von SW Photo: Manfred Schöttl Mannheim Werner Groh ST. KONRAD IN KARLSRUHE Modellaulnahm

s • l" ^ ' ' I -p » vi-' ■■? iMv.y r »f.f Photo: Manfred Schöttle, Mannhelm WERNER GROH, KIRCHE MARIA KÖNIGIN IN WÖSSINGEN Chor mit Fenster von R. P. Litzenburger

Schauseite der Kirche durch .die in mehreren Perioden erfolgende Vergrößerung und Auf stockung des Kommendegebäudes. Harrach darf sich aber noch seines Werkes erfreuen. Seiner vermittelnden Art gelang es, Wiener Hofkunst und Salzburger Werkarbeit, ein führendes Genie österreichischen Barocks und die ausführende Tat eines hervorragenden Provinzarchitekten zu einem gemeinsamen Werk zu einen, so daß es zu einem einheitlichen Kult raum wird, erfüllt von adeliger Noblesse, barocker Wärme und religiösem Emst, der künstlerisch bedeutendsten Kirche von Linz. Harrach stirbt als Nachfolger des Prinzen Eugen, mit dem er lange in Freundschaft verbunden war. Noch in seinem Testament^') bedenkt er seine Stiftung in Linz mit 25.000 fl. Die Kom mende kann sich trotzdem nicht halten. Sie wird nach fallweiser Verpachtung 1796 an eine Gräfin Sprinzenstein verkauft'®). Doch am 31. August 1804 erwirbt der Linzer Bischof Anton Gall die Liegenschaft zur Gründung eines Priestersemi nars und so erwächst der ehemaligen Deutsch ordenskirche eine neue, schöne Aufgabe. ") Gräfl. Harrachsches Familienarchiv Wien, Zahl 648 vom 24. Jänner 1753, Abschrift. Ersuchen des Landkomturs Alois Gral Har rach um Verkaufsbewilligung vom 18. November 1795; Genehmigung des Hochmeisters, Datum Mer gentheim, 28. Dezember 1795. Dr. Leonhard Küppers, Düsseldorf Der Kirchenbaumeisfer Werner Groh Dazu die Abbildungen 5, 6, 7, 8, 10 Es ist eine erfreuliche Tatsache, daß sich auch in kirchlichen Kreisen immer mehr die Er kenntnis Bahn bricht, daß im Bereiche der Kunst das Ungewohnte nicht auch von vornherein schon das Falsche sein muß. Gewiß, es wird noch viel experimentiert, vor allem auf dem Gebiete des Kirchenbaues, und es mag wohl auch immer noch zu viele geben von solchen, die hier vom Ausgefallenen her in eine dumme und deshalb schon überflüssige Ekstase geraten, die z. B. einen bestimmten Ingenieurstil mit einem neuen vmd wegweisenden Baustil, Kirchenbaustil, ver wechseln. Aber wie sollte es das nicht geben, in einer Zeit, die dem Individualismus und Sub jektivismus mehr huldigt, als sie zuzugeben gewillt ist! Um so begrüßenswerter allerdings ist es auch, daß nicht nur Kirchenbaumeister von hohem Rang, wie z. B. Rudolf Schwarz, sondern auch jüngere, über den Raum ihrer engeren Heimat noch v/enig bekannte, sich un beirrt bei ihren Kirchenbauten an der Sache orientieren, das heißt aber hier nicht mehr und nicht weniger als an der Liturgie. Dazu gehört im Raxun Baden, näherhin in der Erzdiözese Freiburg, zweifellos Werner Groh, der am 9. Oktober 1919 in Karlsruhe geboren wurde und noch heute dort lebt. Außer mit verschie denen Wettbewerbserfolgen, die er sich für Ge werbe- und Volksschulen holte, kann er mit einer Reihe beachtlicher Profanbauten aufwar ten, mit einer Reihe privater Wohnhäuser in Karlsmhe und Umgebung, mit verschiedenen Kindergärten, Kinderheimen, Mädchenwohnheimen, Ledigenheimen und einem Festsaal in Östringen bei Wiesloch. Und bei allen diesen Profanbauten spürt man die Ehrfurcht des Baumeisters vor dem von der Sache her Gefor derten, immer aber verbunden mit einem über das Zweckhafte hinausweisenden Empfinden für das Schöne, sei es von der Komposition oder von der Farbigkeit oder auch vom Einbezug der Umgebung her in das Gesamte des baulichen Komplexes. Was von Grohs Profanbauten gilt, läßt sich in noch eindeutigerer Weise von seinen Kirchenbauten sagen, deren in der Erzdiözese Freiburg im Breisgau inzwischen eine Reihe existieren, erfreulicherweise muß man auch hier sagen; denn es beweist, wie sehr man audi in dieser Diözese dem Neuen im künstlerischen Bereich gegenüber aufgeschlossen ist. Eine erste größere Aufgabe auf dem Gebiet des Kirchen baus fand der junge Architekt, als man ihn im Jänner 1954 beauftragte, die St.-Peter-undPaul-Kirche in Karlsruhe wiederaufzubauen. Diese Kirche steht im Karlsruher Westen, zwi schen einer alten engen Blockbebaucmg und einem inzwischen neuangelegten weiträumigen Wohnviertel. Das sich ergebende Problem war kein leichtes, wenn man bedenkt, daß die im Jahre 1884 in klassizistischer Manier gebaute

Kirche im letzten Krieg größtenteils zerstört wurde, daß allerdings die Fassade mit den Tür men voll erhalten geblieben war. Außerdem standen noch die Mauern der Seitenschiffe und die Apsis mit dem Triumphbogen. Der Architekt blieb somit an einige Voraussetzimgen gebun den. Die noch erhaltenen Umfassimgswände be stimmten klar den Grundriß, aber schon das neue Äußere der Kirche verrät auch bald den neu erstandenen Innenraum, so daß von dieser guten Entsprechung her das leicht mißverständliche und bisweilen auch etwas verpönte Wort „Sach lichkeit" hier vielmehr als erfreuliches Ereignis zu erwähnen bliebe. Im Innern verrät vor allem die durchsichtige Klarheit des weiten, um die früher seitlich des Chores angeordneten Sakri steiräume verlängerten Raumes, wie sehr es dem Baumeister darum zu tun war, nicht nur ein Gottes-Haus, sondern ebenso klar auch ein Gottes-Volk-Haias zu bauen, einen Raum der echten Begegnung zwischen Christus und der Gemeinde am Altar auf den Vater hin. Diesem Grundgedanken dient in diesem schönen — man möchte wirklich nicht zögern, zu sagen „sakra len" — Bau alles, das Farbenspiel an den Betonsteinen, die Verglasung des Betonfiligran werkes der Längswände der Hauptschiffe von der Karlsruher Malerin Klara Kress, die 72 Glasfenster des Lichtbandes in den Seiten schiffen von Emil Wächter und vor allem der Altarraum, gleichsam eine heilige Insel, auf der der Altar aus grünem Porphyr um drei Stufen erhöht frei im Halbrund der Apsis steht. Diese Kirche ist — um mit Rudolf Schwarz zu spre chen — ein weg-artiger Raum, sehr unter strichen noch durch eine durchlaufende Holz decke. Aber schon die Weise, wie die Chorapsis sich, gleichsam umfassend, der Gemeinde zu ordnet, beweist, wie sehr auch der in der Liebe kommende Kyrios Christos gemeint ist, wie beide gemeint sind. Er imd sein Volk, im Zueinander-Hinschreiten, wie also letztlich Liturgie gemeint ist. Und alles das ist hier ohne intelektualistische Spielerei da, völlig selbstverständ lich und einfach. Ein zweites Mal noch wurde Werner Groh die Aufgabe gestellt, an bereits Vorhandenem anzuknüpfen und doch etwas Neues zu gestalten. Es handelt sich um die HerzJesu-Kirche in Karlsruhe, einer Arbeit aus dem Jahre 1955. Hier galt es, aus einer früheren Schwimmhalle eine Kirche zu bauen. Dazu war allerdings zugleich eine Erweiterung notwendig. Daß am Ende die schlichten Formen eines basilikalen Raumes — wieder mit einer schönen Ent sprechung von Innen und Außen — heraus kamen, lag nur allzunahe, auch daß der Campanile — nach Art der Ravennatischen Glocken türme — seitab steht imd nur in der reinen architektonischen Klarheit seine Schönheit ent falten sollte. Im Innenraum hat lediglich die Chorwand eine künstlerische Gestaltung er fahren und zwar durch ein großes und groß zügiges Relief von Professor Emil Sutor, das Abendmahl darstellend, in einer recht imgewohnten Form zunächst; denn aus dem Ganzen stark herausgenommen ist eine „ChristusJohannes-Minne", aber gerade dadurch ist hier eine Herz-Jesu-Darstellung künstlerisch wie re ligiös gelungen, die man als gültig und überzeu gend bezeichnen darf, wenn man bedenkt, was bis zum heutigen Tag immer noch in Kirchen und Privathäusern an sentimentalem Kitsch auf diesem Gebiet zu finden ist. — Als schönes Bei spiel einer schlichten Dorfkirche von Werner Groh wäre noch die Filialkirche „Maria Königin" in Wössingen aus dem Jahre 1955 zu erwähnen. Es ist recht geschickt und kompositorisch an sprechend, wie hier der niedrige Turm und die Westfassade mit einander zusammengetan wor den sind, wobei der Turm gleichzeitig ein wenig als Baldachin für die über dem Hauptportal draußen thronende „Maria Königin" wirkt, die der Karlsruher Künstler L. Barth hier als sehr ordentliches Sgraffito angebracht hat. Man ver mutet hinter diesem ein wenig burgartigen Westwerk zunächst im Innern mehr Schwere, aber der Raum ist duftig imd hat etwas Schwe bendes, was zweifellos in sauberer Konsequenz durch die Holzdachkonstruktion, die sie tragen den schwerelosen Holzstützen und nicht zuletzt durch die große Lichtquelle rechts vom Haupt altar, ein Fenster von Roland Peter Litzenburger, erreicht worden ist. Auch in dieser kleinen Kirche wird es spürbar, in der Art und der Auf stellung des Altars, wie sehr Groh immer wieder die Liturgie befragt und nicht nur Gottes-Häuser, sondern Gottes- und Gottesvolk-Häuser zu bauen bemüht ist. Dabei beharrt er keineswegs ein seitig bei einem basilikalen Grundriß einer Kirche des sogenannten „wegartigen Raumes". So bildet eine seiner beachtlichsten Kirchenbau ten, die 1957 konsekrierte St.-Josef-Kirche an der Pulverstraße in Karlsruhe, mit ihren großen, ru higen Wand- und Fensterflächen einen recht eigenwilligen Kubus. Zunächst nimmt sich dieser Bau in seiner Umgebung noch ein wenig einsam aus, aber schon der zehn Meter von der Kirche abgerückte Glockenturm deutet darauf hin, daß hier mehr als nur eine Kirche geplant ist, daß vielmehr dieser klar geästete, außen ge schlemmte Backsteinbau der Kirche Bestandteil, wenn auch Hauptbestandteil, eines geplanten Ge meindezentrums sein soll, ähnlich dem, wie es in Basel-Riehen z. B. Fritz Metzger gebaut hat. Nacheinander werden hier noch Gemeindesaal, Kindergärten und Wohnungen für die Pfarr-

geistlichen entstehen. Am deutlidisten verrät wohl hier der Grundriß das wichtigste Anlie gen. Wenn wir den Architekten selber hören, so sollten aus liturgischen Gründen Chor und Al tar mit allen architektonischen und künstle rischen Mitteln ihrer Würde und Heiligkeit ent sprechend herausgehoben werden, und anderer seits sollte die Gemeinde selber möglichst nahe beim Altar ihren Platz haben. So entstanden zwei trapezförmige Räume, die mit ihren Breit seitenineinandergeschoben sind. Dabei öffnet sich der Chorraum breit zum Gemeinderaum hin, der sich seinerseits auch wieder—wie das Symbol be tend ausgebreiteter Arme — zum Chor hin öff net. Im Schnittpunkt dieser beiden aufeinander zugeordneten Räume steht erhöht der Altar. Chor und Altar sind deutlich herausgehoben und vom Gemeinderaum klar getrennt. Gerade dieses Getrenntsein, in der Verschmelzung der zwei Räume, vom Liturgischen her unbedingt wichtig, war dem Architekten ein echtes Anliegen, das er durch verschiedene architektonische Mittel zu erreichen versuchte. Da ist zunächst das Haupt licht. Es fällt durch die transparenten Seiten wände des Chores auf den Altar und erhellt von da aus die ganze Kirche. Die breit nach vom auseinanderlaufenden Seitenwände des Ge meinderaumes werden am Übergang zum Chor raum durch schräggestellte Wände abgefangen, deren verlängerte Linienführung wieder auf den Altar als Schnittpunkt weist. Außerdem fällt der Fußboden aus hellbraunen bis dunkelvioletten Spaltklinkern vom Eingangsportal her leicht zum Chor hin, der dann in drei breit ausgezogenen Stufen wieder die ursprüngliche Höhe des Ein gangs gewinnt. Die Decke unterstreicht ebenfalls diese Sonderstellung des Chors. Sie steigt vom Portal her leicht an, hat im First über dem Altar ihre größte Höhe und fällt dann gleichmäßig zur Chorrückwand wieder ab. Diese Linienführung der Decke ist auch äußerlich an der Dachform deutlich sichtbar. Über dem Altar ist der höchste Punkt des zum Chor ansteigenden | Firstes, der durch ein Kreuz ? herausgehoben wird. Im In- j nern der Kirche sind die | Wände in der Natürlichkeit s □ Grundriß von St. Josef in Karlsruhe, Baujahr 1955/56

und Urlautlidikeit ihres Materials belassen und wirken durch grüngelblich und auch rötlich schimmernde leichte Farbunterschiede der Back steine wie ein belebtes, kleinmaschiges Fugen netz. In diesen tragenden Backsteinwänden sah Groh eine Einheit des konstruktiven imd des schmückenden Elementes, des Notwendigen und des Schönen. In ausgezeichneter Einfühlimg in die vom Architekten beabsichtigte Raumkonzep tion hat Clara Kress die Chorfenster gestaltet, bei denen durch die harmonische Farbgebung und die weiträumig ornamentale Bleiführung der Eindruck eines lichtdurchlässigen aber un durchsichtigen Wandbehanges entstanden ist. Dadurch, auch durch die übrigen künstlerischen Werke im Raum, bekommt St. Josef in Karls ruhe den Charakter eines Werkes wie aus einem Guß. Diesen Eindruck gewinnt man auch bei der letzten von Werner Groh erbauten Kirche, die inzwischen ihrer Bestimmimg übergeben wurde, der Pfarrkirche St. Konrad in Karlsruhe, an der Ecke Hertzstraße und St. Barbaraweg gelegen. Ein Blick auf den Grundriß macht es auch hier deutlich, wie sehr Groh bemüht ist, bei seinen Kirchenbauten, das künstlerische Können immer vorausgesetzt, gleichsam seinen Glauben zu be fragen, der hier nicht lediglich das Private meint, sondern das Eingebundensein in die Gemeinde, die in der Feier der Liturgie zum Gottesvolk werden soll, was zur Voraussetzung hat, daß der Architekt alles subjektivistische Liturgiefremde oder Ablenkende, Störende, vermeidet. Hier in St. Konrad in Karlsruhe könnte das Äußere zu nächst den Verdacht auf Ablenkendes auf kommen lassen und zwar beim Anblick der Fensterlösungen. Dieser Verdacht verschwindet aber gleich schon beim Eintritt in idie Kirche. Es hat mehr als einer bereits unter den modernen Kirchenbauern bezüglich indirekter Lichtführung beim genialischen Barock eine Anleihe gemacht und doch kaum mehr erreicht als einen auf den Endeffekt hin beunruhigenden und auseinander fallenden Raum. Bei der Konraid-Kirche von Werner Groh ist das durchaus nicht der Fall. Wenn man von Außen her zunächst einigen Verdacht schöpfen wollte, so überrascht der Innenraum im Gegenteil durch seine großartige Geschlossenheit und durch eine Lichtfülle, deren Quellen ebendeshalb nicht schmerzen können, weil sie sich nidht aufdrängen. Hier/ so meine ich, hat es ein junger Kirchenbaumeister er frischend aufrichtig und ohne Ängste ausgesagt, daß es durchaus die Möglichkeit gibt, auch unter den Modemen zu rangieren, selbst wenn man vor der Tradition in aller Ehrfurcht sein Haupt verneigt und bereit ist, ihr Bestes in die Neuzeit hinüberzuretten. Dipl.-Ing. P. G. Engelhardt, Stift Seitenstetten Wohin kamen die gotischen und barocken Kircheneinrichtungen? Häufig wird von Kunsthistorikern und Kunstfreunden, Geistlichen und Laien, die Frage gestellt; Wohin kamen die oft herrlichen, künstlerisch wertvollen Einrichtungen der Go tik und Barocke, die sich laut alten Aufzeich nungen und Kirchenrechnungen in vielen Gotteshäusern fanden, von denen aber heute nur mehr wenig oder nichts vorhanden ist? Diese Frage kann hier nur generell beantwor tet werden, denn in den meisten Fällen gibt es hiefür keine Aufzeichnungen in den Pfarr chroniken, auch würde eine Angabe aller Fälle den engen Rahmen dieser Abhandlung weit überschreiten. Wollen wir aber auf unsere vorhin gestellte Frage eine Antwort erhalten, müssen wir auf die Ursachen eingehen, die zur Beseitigung der alten Einrichtungen führten. Da ist nun zwei fellos der Holzwurm eine dieser Hauptursachen, vor allem bei den ältesten gotischen Beständen. Welch verheerende Zerstörung dieser Schädling an Altären und Einrichtungen hervorrufen kann, sehen wir an den Flügelaltären von Kefermarkt, Gampern, desgleichen an dem Re naissance-Hochaltar zu Gurk, dem Chorgestühl in Baumgartenberg, der Einrichtung des Schlierbacher Gotteshauses und viele andere. Vor Jahrhunderten kannte man keine Ver-

gasung vind Konservierung, weshalb sicherlich ein Großteil gotischer, aber auch barocker Al täre und Figuren diesem Feind zum Opfer fiel. Auch Feuer und Kriegswirren haben im Laufe der Jahrhunderte viel wertvolles Kirchengut zerstört. Betreten wir aber in Wien und den Städten der Bundesländer die Antiquitätenläden, stau nen wir über die meist gar nicht geringe Zahl dort befindlicher kirchlicher Kunstgegenstände. Wir können da meist alles finden, angefangen von gotischen und barocken Heiligen, Engeln und Putten bis zu den Leuchtern, Lustern, Am peln, Reliquienschreinen und Paramenten. Wir werfen einen Blick in die Kunstabteilung des Dorotheums und machen dort die gleiche Erfah rung. Wir betreten Künstlerheime, in denen die erlesensten gotischen Heiligenfiguren wie in Museen stehen oder bis zu hundert und mehr barocke Engel und Putten an Wänden schweben und auf Möbeln sitzen. Wollen wir wissen, wie alle diese wertvollen und manchmal sogar seltenen Objekte in den Handel kamen, ihrem ursprünglichen religiösen Zweck entzogen, nur mehr als reines Kunst objekt geschätzt, nicht selten zu gewinnver heißender Handelsware degradiert, ist die Ant wort nicht schwer: Barockisierung, Klösteraufhebung und Regotisierung sind die Hauptursadien hiefür. 1. Barockisierung. Das Zeitalter der Barocke räumte in vielen Fällen mit dem Alten, das ist mit der Gotik, auf. Die Kirchen wurden dem neuen Zeitgeist entsprechend entweder von Grund auf neu ge baut (St. Florian, Garsten, Melk) oder barokkisiert, das ist mit barockem Stuck überkleidet (Kremsmünster). In beiden Fällen fiel die go tische Einrichtung, soweit sie Holzwurm und Feuchtigkeit bisher verschont, ganz oder zumin dest größtenteils zum Opfer. Die Altäre samt ihren oft sehr wertvollen Figuren, Reliefs und Gemäl den wurden entweder zu Spottpreisen verkauft oder wanderten auf den Dachboden, dem wei teren Schicksal überlassen, teilweise wurden sie an Interessenten für Weg- imd Hauskapellen überlassen. So wissen wir beispielsweise, daß der gotische Heiland, den wir heute im unteren Belvedere in der gotischen Abteilung bewun dem, von der Kirche in die Pfennigbergkapelle und von dort durch den Handel in private Hand kam. Desgleichen war der gotische Christus im oberösterreichischen Landesmuseum ursprüng lich in der Pfarrkirche zu Hallstatt, überdauerte im sogenannten „roten Haus", der damaligen Wohnung des Mesners, den großen Brand des 18. Jahrhunderts imd kam scliließlich durch Ankauf in das Museum. Die sogenannte Sonntagsberger Madonna, ein Prachtstück unter den gotischen Schätzen des kunsthistorischen Mu seums in Wien, kam von Seitenstetten auf den Sonntagsberg, aus der dortigen Wallfahrtskirche dann in eine Wegkapelle, wo sie entdeckt, von Übermalungen befreit, ins Museum wanderte. In einem kleinen Häuschen in Krumau stand die berühmte Krumauer Madonna. In einem Hause unweit Altmünster steht eine herrliche Madonna aus der Astl-Werkstätte. Dies nur einige Beispiele. Nur von einzelnen Figuren, meist Madonnen oder Patroziniumsheiligen, an denen das Volk mit besonderer Verehrung hing, verblieben, eingebaut in eine barocke Architekturumrah mung (Pacher-Madonna in der Franziskaner kirche in Salzburg, Franziskanerkirche in Wien, Mauer bei Melk u. v. a.) oder als Pfeiler- und Nebenaltarplastiken, auch als Wandschmuck in der neuen Umgebung, wie wir dies in den mei sten barockisierten Landkirchen beobachten können. Andere wieder wanderten, wie schon erwähnt, in Kapellen, wo sie zum Teil noch heute stehen. Wieder andere wurden in den Wegkapellen verstaubt und durch späteren derben Anstridi entstellt, entdeckt und von Museen erworben (Sonntagsberger Madonna, Pfennigberg-Christus, Krumauer Madonna u. a.) oder aber von Händlern um billiges Geld oder durch Tausch für eine moderne, meist minderwertige Figur erworben. Weitaus der größte Teil ging von verstaubten Dachböden in Unkenntnis des künstlerischen Wertes und aus Unverstand in die Antiquitätenläden, anstatt in der Kirche oder im Pfarrhof konserviert und gepflegt zu werden. 2. Klosteraufhebungen. Was zur Zeit der Klosteraufhebungen beson ders unter Josef II. an unwiederbringlichen Kunstschätzen zugrunde ging, spottet jeder Be schreibung. Meisterwerke der Goldschmiede kunst wurden zertrümmert, wertvolle Kirchen einrichtungen zerrissen oder devastiert, kost bare Handschriften mit herrlichen Initialen und Inkunabeln wagenweise zu billigem Kilopreis verkauft oder verstampft. Wohl blieben die ehemaligen Klosterkirchen mit ihrer oft kostbaren Einrichtung größtenteils als Pfarrkirchen bestehen, aber die Pfarren, durch die Aufhebung des Klosters schwerstens geschädigt, konnten die meist sehr kostspielige Erhaltung der Kirche nicht im notwendigen Um fang leisten, und so kam es, daß die pracht vollen Gotteshäuser und ihre Einrichtung nur zu oft schweren Schaden litten und noch heute leiden. Die Dächer werden defekt, die Balken

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