Christliche Kunstblätter, 95. Jg., 1957, Heft 4

Im ersten Jahrzehnt ihrer Tätigkeit überwog die Aufgabe der Forschung auch im Sinne einer statistischen Bestandaufnahme. Hinsichtlich der Erhaltung hatte die Kommission mit ihrem Stab ehrenamtlicher Mitarbeiter in der Zentrale und den ebenso ehrenamtlich berufenen Landes konservatoren (unter ihnen Adalbert Stifter für Oberösterreich) nur die Möglichkeit, die zur Erhaltung Verpflichteten anzurufen und die dabei in Frage kommenden Dienststellen zur Anerkennung berechtigter Forderungen hin sichtlich Art und Weise der technischen Durch führung der Programme zu bewegen. Noch innerhalb der ersten Periode wurde der Einfluß der Kommission auf bewegliche Kunstdenkmale ausgedehnt. Die zweite Periode von 1873 bis 1911 ist durch eine erhebliche Ausweitung der Auf gaben bestimmt; zu den Bau- und Kunstdenkmalen kamen die „historischen Denkmale", unter denen in erster Linie Archivalien, aber auch sonstige Zeugen der Vergangenheit, Mün zen u. dgl. gemeint waren. Unter der neuen Be zeichnung „kk. Zentralkommission für Erfor schung und Erhaltung der Kunst- und histo rischen Denkmale", kurz „für Kunst- und histo rische Denkmale" wurde sie bei Aufrechterhal tung ihres gremialen Charakters nunmehr in drei Sektionen gegliedert, die erste für die Denkmale der Prähistorie und der Antike, die zweite für die kirchlichen und profanen Denk male des Mittelalters und der neueren Zeit bis zum Schluß des XVIII. Jahrhunderts und die dritte für „historische Denkmale verschiedener Art von der ältesten Zeit bis zum Schluß des XVIII. Jahrhunderts". (Statut vom 18. Juli 1873.) Das Netz der ehrenamtlichen Konservatoren als der wichtigsten Hilfsorgane der ZK. wurde möglichst verdichtet, so daß durchschnittlich jedem politischen Bezirk oder wenigstens Grup pen von solchen nach der Sektionsgliederung berufene Konservatoren zugewiesen waren. Man ließ die Probleme nicht mehr nur an sich herankommen, eine mehr intern wirksame Änderung des Statuts (vom 19. Februar 1899) betonte die Berufung der Zentral-Kommission zur Initiative. Auch in dieser Form blieb die Kommission eine im wesentlichen beratende Körperschaft ohne behördliche Hoheitsrechte und mehr oder weniger auf den guten Willen jener geistlichen und weltlichen Stellen oder Persönlichkeiten angewiesen, die Träger der Eigentums- oder Verfügungsrechte am betref fenden „Denkmal" waren. Im ersten Jahrzehnt unseres Jahrhunderts begann sich ein lebhaftes Interesse des Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand von Österreich-Este für die Probleme und Aufgaben der Denkmalpflege abzuzeichnen, das sich in seiner durch Kaiser Franz Josef mit Ah. Handschreiben vom 22. Jänner 1910 verfüg ten Berufung zum Protektor der Kommission realisierte. Vermutlich unter dem Einfluß der für Herbst 1911 nach Salzburg einberufenen „Gemeinsamen Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz" — die „Deutschen Tage für Denkmalpflege" waren in damals selbstverständlicher Gemeinschaft stets auch von Österreich besucht — verfügte der Kaiser auf Antrag des Unterrichtsministers die schon 1909 angeregte Erlassung eines neuen Statuts (Ah. Entschließung vom 31. Juli 1911). Nachdem schon 1897 durch die Errichtung des kk. archäologischen Instituts die Aufgaben der bisherigen 1. Sektion zum größten Teil ausge schieden worden waren, wurde jetzt auch die 3. Sektion abgetrennt und das ihren wesent lichen Inhalt bildende Archivwesen verselb ständigt. Die Kommission erhielt nunmehr den Namen „kk. Zentralkommission für Denkmal pflege" mit dem kk. Staatsdenkmalamt als Exekutivstelle, und vor allem mit der Berufung beamteter Landeskonservatoren derart, daß dem kunsthistorischen Landeskonservator auch ein technischer Landeskonservator beigeordnet werden sollte. Die Forschungsarbeit übernahm im Rahmen der Zentralkommission das „Kunsthistorische Institut", dem vor allem die wissen schaftliche Inventarisation des Kunstbesitzes und die Herausgabe der Kunsttopographie übertragen wurde. Der Einflußkreis des „Höch sten Protektors" war sehr weit gezogen und führte oft genug zu Interventionen; seiner „Militärkanzlei" mußte regelmäßig berichtet, in wichtigen Fällen direkt die „Höchste Stellung nahme" eingeholt werden. Wir kommen damit auch zur Frage der g esetzlichen Regelung der Denkmalpflege in Österreich. Keiner der vor dem Ersten Welt krieg vorbereiteten Gesetzentwürfe wurde par lamentarisch oder autoritär (auf Grund des § 14 der damals geltenden Verfassung) erledigt. Erst nach der Ausrufung der Republik am 12. No vember 1918 kam als Abwehr gegen schwersten Notstand ein erstes Gesetz, das Verbot der Aus fuhr von Kunstgegenständen, zustande. (Gesetz vom 5. Dezember 1918, StGBl. Nr. 90, betreffend das Verbot der Ausfuhr und der Veräußerung von Gegenständen von geschichtlicher, künst lerischer oder kultureller Bedeutung, abgeän dert und ausschließlich auf die Ausfuhr einge schränkt durch die Fassung des Bundesgesetzes vom 24. Jänner 1923, BGBl. Nr. 80.) Mit diesem Gesetz wurden dem bisherigen (kk.) Staatsdenk malamt eindeutig behördliche Funktionen über tragen; das Amt war erste Instanz, übergeord nete Dienststelle und Rekursinstanz das Bun desministerium für Unterricht.

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