Christliche Kunstblätter, 95. Jg., 1957, Heft 4

hunderts freizulegen; man hat die gotischen Malereien an die Innenwände des Langhauses übertragen. (Abb. 33.) Bewahrung vor Witterungseinflüssen einer seits und Zugänglidunachung verdeckter Ge mäldeteile andererseits waren der Grund für die Übertragung eines Freskenzyklus mit Dar stellungen aus dem Leben Johannes d. T., wel cher als Rest einer in der Barockzeit abgebro chenen Johanneskapelle im Stifte S e c k a u (Steiermark) verblieben war^®). Die kunstgeschichtlich bedeutenden Fresken aus der Zeit um 1280/90 sind teils im Strappo-, teils im Distaccoverfahren abgelöst, in Streifen auf Lein wand übertragen, diese zusammengefügt und das Ganze an der inneren Südwand des erst zirka 60 Jahre alten Querschiffes angebracht worden. Die Wahl des neuen Bauteiles als An bringungsort mit einer anderen Oberfläche (trockene Ziegelwand) als der ursprünglichen, ist u. a. auch deshalb erfolgt, weil die Denkmal pflege bei dieser Maßnahme auch für den Laien sofort deutlich machen will, daß es sich hier nicht mehr um den ursprünglichen Ort der Fresken handelt. Oft stehen Kirchen kaum oder überhaupt nicht mehr in kultischer Verwendung, was für die Erhaltung ihrer baulichen und künst lerischen Substanz eine ernste Gefahr darstellt. In Oberösterreich gibt es einige solcher Bau werke, die als Depots mißbraucht wurden und teils in kultische Verwendung zurückgeführt werden konnten, teils eine neue Widmung als Kriegergedächtnisstätten fanden, so z. B. die sogenannte Sigmarskapelle in Wels, wo auch Wandfresken der Zeit um 1500 weiter freigelegt und restauriert worden sind^^). Wenn letztere Fälle auch nicht eine Rückgewinnung der Bauwerke für ihre ursprüngliche Zweck widmung darstellen, so ist doch durch die neue Bestimmung als Gefallenendenkmal eine Ent rückung der Objekte aus dem rein profanen Be reich in die sakrale Region erreicht, die, bezüg lich der Gewährleistung ständiger Pflege, vom Standpunkt der Denkmalpflege nur begrüßt werden kann. Für die Erhaltung von Fresken bietet die St. Georgskapelle in Bischofs hofe n^^) (Salzburg) (Abb. 36), ein bedeutenWalter Frodl, Zur Übertragung eines Fresko zyklus des 13. Jahrhunderts im Stift Seckau, in ÖZKD VIII, 1954, p. 85—91; hier auch weitere Fälle von Freskenübertragungen angeführt. ") Da die Arbeiten derzeit noch im Gange sind und das Gerüst nicht weggeräumt worden ist, kann leider keine Abbildung dieses interessanten Innen raumes gezeigt werden. ") Otto Demus und Theodor Hoppe, Die Wand malereien der Georgskapelle in Bischofshofen, in ÖZKD VII, 1953, p. 89—95. deres Beispiel als die Welser Sigmarskapelle. Sie stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahr hunderts und man hat hier im Zuge der Adap tierung zu einer Gedächtnisstätte die an der Ostwand und Apsis des Raumes beflndlichen Wandmalereien freigelegt und konserviert. Auch hier war, wie gewöhnlich, im wesentlichen nur die Freskovorzeichnung erhalten, was natürlich eine Beeinträchtigung der künstlerischen Sub stanz darstellt. Die Malereien sind außerdem in ihrer künstlerischen Qualität auch provinziell, ikonographisch aber wegen der Variation des hier feststellbaren byzantinischen Programmes sehr interessant und stellen infolge ihrer sti listischen Einordnung als Übergangswerk vom kurvilinearen spätromanischen zum zackigen Stil (2. Viertel des 13. Jahrhunderts) ein wich tiges Bindeglied für unsere noch unvollständige Kenntnis der alpenländischen Entwicklung dar. Rein formal ordnen sich die Malereien in ihrem zwar nicht guten, aber doch kontinuier lichen Erhaltungszustand harmonisch in den Kirchenraum ein. Erwähnenswert ist hiebei, daß man zur besseren Sichtbarmachung der Fresken den spätbarocken Altaraufbau entfernt und lediglich das spätgotische Relief von der Zen tralgruppe über der Altarmensa behalten hat. Eine ähnliche Situation ergab sich bei der Fi lialkirche von Pichlwang (Oberöster reich), wo zur Freimachung der aufgefundenen spätgotischen Fresken in den Fenstergewänden des Chores der unbedeutende Altaraufbau vom Ende des 18. Jahrhunderts der wichtigeren male rischen Ausstattung geopfert wurde und durch eine einfachere Lösung mit Mensa ersetzt wer den wird. Es ist klar, daß solche in den historisch ge wordenen Zustand eines Kirchenraumes eingrei fende Veränderungen keine Muster für Pau schallösungen darstellen können und daß jeder Fall individuell behandelt werden muß: nur dort, wo es besondere ümstände und eine für das Vorhaben günstige kultische Situation er lauben, wird der Denkmalpfleger einen solchen Schritt tun. Ein weiteres interessantes Problem für die Denkmalpflege ergibt sich bei der Schloß kapelle zu Steyregg (OÖ.) (Abb. 35). Der Raum ist in der zweiten Hälfte des 17. Jahr hunderts barockisiert worden, d. h. er hat schöne Stuckornamente in der Gewölbezone sowie drei Altäre erhalten. Unter der barocken Putzschicht wurden im Vorjahr Fresken des 14. Jahrhunderts freigelegt, darunter eine große Schutzmantelmuttergottes, welche im oberen Teil vernichtet und außerdem durch den linken vorgestellten Seitenaltar teilweise verdeckt ist. 28

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