Christliche Kunstblätter, 95. Jg., 1957, Heft 4

Ein Problem sei noch besonders herausgegrif fen, das heute manchmal bei Kirchenrestaurie rungen auftritt. Der Wunsch, den Taufstein besser unterzubringen, ist oft verständlich. Nach der alten, wohl begründeten Ansicht sollte der Taufstein im Westteil der Kirche nahe beim Eingang stehen, wenn nicht dafür ein eigener Raum vorgesehen war. Der Täufling sollte ge wissermaßen vor seinem Eintritt in den Kir chenraum das Sakrament der Taufe empfangen. Nun steht tatsächlich in manchen Fällen der Taufstein sehr wenig ansehnlich in irgend einem Winkel des Westteiles der Kirche. Die Sucht, den Taufstein in die Nähe des Haupt altares zu bringen, entspricht keineswegs der katholischen Tradition. Doch gibt es mitunter Fälle, in denen Seitenkapellen oder ähnliche Räume, in denen etwa eine ehemalige Stiftung erloschen ist, sich für eine würdige Aufstellung des Taufsteines eignen. So wurde in der Pfarr kirche in Weißenkirchen der spätgotische Tauf stein in einer kleinen Seitenkapelle, in Pernegg in einem ehemaligen Karner aufgestellt und damit eine wirkliche Verbesserunggeschaffen. Räume, die unbenützt waren, wurden so belebt. Eine besondere Sorge für den Denkmalpfleger sind die Filialkirchen imd die exsekrierten Kir chenräume. Filialkirchen sind oft von beson derer künstlerischer Bedeutung, weil sich nie mals die Notwendigkeit ergab, Veränderungen vorzunehmen, wie dies bei Pfarrkirchen, etwa durch Erweiterung, öfters der Fall ist. Ob solche Filialkirchen nun in kirchlichem Eigentum oder im Eigentum von Ortsgemeinden oder Privaten stehen, es wird jedenfalls ein Herzensanliegen des Klerus sein, die geweihten Räume ihrer sakralen Bestimmung zu bewahren. Die Abhal tung des Gottesdienstes, wenn es auch nur einige Male im Jahr der Fall ist, wirkt geradezu lebenserhaltend für solche Bauten. Wenn die Pfarrgemeinde die pflegliche Erhaltung ein wenig imterstützt, so können wertvollste Kunst werke der Nachwelt bewahrt und vor Ver wüstung und Verkauf geschützt werden. Ein . vor Jahrhunderten konsekrierter Altar ist wohl so verehrungswürdig, daß sich Opfer für die Aufrechterhaltung des Kultes wahrlich au<^ von diesem ideellen Standpunkt lohnen. Die Stiftung von Altären galt im Mittelalter als eines der frömmsten Werke. Wenn Altar und Kirche exsekriert sind, ist eine Profanierung unvermeidlich. Trotzdem sollte der Klerus auch in solchen Fällen alle Be strebungen unterstützen, welche eine würdige Verwendung vorsehen. Erinnerungsstätten und Kriegsopfermale konnten in solchen exsekrier ten Kirchen errichtet werden, was manchmal sogar die Möglichkeit gab, den Raum wieder in unmittelbare kultische Verwendung zu nehmen. In anderen Fällen können Ausstellungen und Heimatmuseen in aufgelassenen Kirchen unter gebracht werden. Die Umwandlimg der ehe maligen Minoritenkirdie in Stein an der Donau aus einem Tabakmagazin in einen Ausstellimgsraum für barocke, meist kirchliche Kunst kam gewiß der Würde des Raumes entgegen. (Abb. 22 und 27.) Das Schweigen der Menschen beweist ims, daß solche Räume heute noch etwas von ihrer ehemaligen Weihe ausstrahlen. Die Adap tierung der Minoritenkirdie in Stein gab die Möglichkeit, einen der schönsten frühgotischen Räume Österreichs wiederherzustellen, kostbare Fresken des 14. Jahrhunderts freizulegen und ein gotisches Kapitelhaus aus einem Kohlen keller und Hühnerstall in einen der herrlichsten Räume aus dieser Zeit zurückzuverwandeln. Wenn der Klerus solche Bestrebimgen auch nicht selbst einleiten kann, die Förderung dieser Vorhaben erhöht die Achtung vor den in Ge brauch stehenden Gotteshäusern. Dies gilt in gleicher Weise von allen Bestrebungen für die Erhaltung von Filialkirchen, Wegkapellen und Bildstöcken. Christliche Kultur kann sich kaum anders besser nach außen dokumentieren, als wenn sie Ehrfurcht den Zeugnissen christlichen Denkens und Schaffens entgegenbringt und die Kunst werke liebevoll pflegt. Dr. Norbert Wibiral (Linz), Landeskonservator für Oberösterreich über das Freilegen und Restaurieren von Wandmalereien Diazu die Abbildungen 28—36 Eine in diesem Rahmen natürlich nur flüch tige Darstellung des Problems wird sich im wesentlichen auf die mittelalterlichen Malereien konzentrieren, weil sie die weitaus überwie gende Mehrzahl aller Freilegungsaktionen dar stellen. In der Regel sind solche Gemälde nicht mehr vollständig, da sie durch Zeitschäden, willkürliche Veränderungenund Zerstörungen gelitten haben. Das heißt, daß ihr unmittelbarer Schauwert mitunter sehr gering, ihre 24

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