Christliche Kunstblätter, 95. Jg., 1957, Heft 4

Gesamtkunstwerkes einzufügen sind. Ein sol cher Fall hat sich z. B. im Zuge der Behebung von Kriegsschäden der Franziskanerkirche in Graz ergeben. Ein Bombentreffer an der Nordseite des Cho res bedingte die bauliche Instandsetzung dieses aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammenden Bauteiles in der alten Form, und den Ersatz des schwer beschädigten neugotischen Hochaltares. (Abb. 14.) Die klare Form des neu geschaffenen Tisch altares beschränkt sich auf die Wirkimg des Ma terials und vermeidet aufdringliche Einzelhei ten. Der Altar wird überragt von Tabernakel und Kreuz, bei denen die Künstler die Gegen sätzlichkeit des Materials (Messing und Eisen guß) ausgenützt und eine würdige Lösung der gestellten Aufgabe in moderner Formensprache gefunden haben. Kommunionbank und Pflasterung sind in Material und Form auf den Hochaltar abge stimmt worden. Die Denkmalpflege hat dieser Lösung zuge stimmt, weil sich der architektonische Aufbau des Altares der strengen Gliederung der Chor partie einfügt und kein störendes Element innerhalb des Chorraumes darstellt. Bei fast allen Kirchenrestaurienmgen tauchen ganz neuartige Forderungen auf, die nur aus den Bedürfnissen unserer Zeit verständlich sind: Hiezu gehört z. B. die heute als selbstverständ lich empfundene Forderung nach Beheizbarkeit der Kirchenräume. Befriedigende Lösungen, wie sie bei Neubauten von Kirchen möglich sind, werden bei historischen Bauwerken zumeist nicht durchgeführt werden können. Wesentlich ist es, keine störend sichtbaren Heizkörper und Abzugsrohre anzubringen und von Geräten ab zusehen, die dem menschlichen Organismus oder den Kunstwerken abträglich sind. Gerade auf dem Gebiete der Heizungstechnik stehen wir in einer ständigen Entwicklung, die uns kaum erlaubt, über die derzeit üblichen Heizsysteme abschließend zu sprechen. In erster Linie wäre auf eine entsprechende Erwärmung des Fußbodens hinzusteuern, so fern dies nicht möglich ist, ist wenigstens in den Kirchenbänken eine Strahlungsheizung vor zusehen. Ebenso wie unsere heutigen Lebensgewohn heiten unser Bedürfnis nach Wärme gesteigert haben, hat sich auch der Wunsch nach zeitge mäßer Beleuchtung der Kirchen geltend ge macht und geht selbstverständlichweit über die durch Jahrhunderte übliche Wachskerzenbe leuchtung hinaus. Die Lösung dieser Aufgabe und die Frage der formalen Gestaltung ent sprechender Beleuchtungskörper für historische Kirchenräume hat die Denkmalpflege sehr weit gehend beschäftigt. Wenn auch keine allgemein gültigen Richtlinien gegeben werden können, seien hier doch einige Beispiele genannt, die die Zustimmung der kirchlichen Kreise ebenso wie die der Denkmalpfleger gefunden haben. Der stärkste Lichteffekt wird sich selbstver ständlich auf den Hochaltar konzentrieren. Hier bietet sich zumeist die Möglichkeit, Scheinwerfer so anzubringen, daß sie den Hauptaltar anstrah len, ohne vom Kirchenschiff aus sichtbar zu sein (etwa am Arcus triumphalis, an Wandpfeilern und Säulen, in Oratorien). Hiebei hat die Erfahrung gelehrt, daß bei einer Überfülle von Licht und symmetrischer Anstrahlung des Altares die Plastik desselben weitgehend aufgehoben wird. Man wird daher trachten, ähnlich wie beim natürlichen Licht einfall, auf einer Seite eine stärkere Lichtquelle anzubringen als auf der anderen. Bei der Kirchenbeleuchtung hat es sich oft mals als notwendig erwiesen, die Raum beleuchtung von einer L e s e beleuchtung zu trennen. Im ersten Fall wird man insbesondere bei gotischen Räumen grundsätzlich darauf be dacht sein müssen, den ursprünglich gewollten Raumeindruck nicht durch eine unrichtige xmd übermäßige Anstrahlung der Deckenpartien zu verfälschen. Die Form der Beleuchtxmgskörper für mittel alterliche Kirchenräxime bietet besondere Schwierigkeiten. Hier müßte man sich vor der Nachbildung mittelalterlicher Formen hüten und sich, wenn möglich, auf die Anordnung schlichter Leselampen beschränken. Es können hiefür einfache Metallpenden in Glockenform vorgeschlagen werden, die so zu hängen sind, daß sie möglichst wenig in das Blickfeld fallen und keine Aufmerksamkeit auf sich lenken. (Abb. 15.) Eine Variation dieser einfachen Pendenbeleuchtung wird dadurch erreicht, daß die Metallbecher sehr klein gehalten und durch eine große Posamentriequaste zur Gänze ver deckt werden. Als Lesebeleuchtung können unter Umstän den kleine, an den Bänken befestigte und ab geschirmte Lämpchen genügen. Für die Beleuchtung barocher Räume wurden in den letzten Jahren mehrfach Kristalluster in Formen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts verwendet, die als Nachbildung originaler Luster für elektrische Beleuchtung ausgeführt wurden. (Abb. 16.) Die Raumausleuchtung kann in sehr befr|!pdigender Weise noch durch indirekte Beleuch tung gesteigert werden, und zwar durch An ordnung versteckter Lichtquellen hinter |äen Gesimsen. Die indirekte Beleuchtung eines 18

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