Wenn nun entsprechend der Stellung des Liturgen am Altar die Kathedra des Bischofs aus der Apsis entfernt und seitlich in der Region zwischen Volk und Altar aufgestellt wird, dann vollendet sich darin eine Umordnung, die der theologischen Erschließung des Altarsakramen tes sinnvoll entspricht und hilfreich entgegen kommt. Allerdings kann eine solche Situationsver änderung nicht ohne Folgen bleiben: Während zuvor die Aufstellung des Wortgottesdienstes, als die anfängliche der Versammlung, durch den einfachen Vorgang der konzentrischen Zusam menziehung in die sakramentale Feier über ging, wird nun die Aufstellung vor dem Opfer altar für die ganze Zusammenkunft von ihrem Anfang an maßgeblich, und die des Wortgottes dienstes tritt in ihrer Besonderheit nicht mehr zur Geltung. Das bedeutet Gewinn und Verlust zugleich. Gelungen ist ein eindringlicher und beredter Hinweis auf den sakramentalen Gehalt der Eucharistie, gemindert ist die Darstellung der zum Sakrament erhobenen und alle sakramen talen Einzelmomente zusammenschließenden Ursprungsgestalt des gottgeweihten Mahles. Gesdiwächt ist auch die ehemals so eindring liche Darstellung der heiligen Versammlung des Volkes Gottes vor dem Bischof oder dem von ihm beauftragten Presbyter. Das Großartige und Erstaunliche ist nun, daß die Kirche in der Treue gegen ihre Überliefe rung bis zum heutigen Tag neben der abgewan delten die ursprüngliche Form hat bestehen und gelten lassen; sie ist in den römischen Titel kirchen und in der großen Liturgie des Papstes sogar die vorgesehene. Aber auch im gleichen Kirchenraum können beide nebeneinander ge pflegt werden, je nach dem Rang des Gottes dienstes und der Aufnahmefähigkeit der Teil nehmer. Für eine Gemeinde kann das bedeuten, daß sie beide Gestalten und die besondere Aus sage einer jeden sdiauend zu erfassen und die eine aus der anderen zu verstehen lernt. Unsere Überlegung endet bei der Erkenntnis, daß die Bemühung des Theologen um das Ver stehen der kultischen Vorgänge, die des Liturgen um eine volle Verwirklidiung des Gottesdiienstes in allen seinen wesentlichen Akten, und die des Architekten und des Bildners um die Schaffung des plastischen Raumes einander be dingen und sich wechselseitig fördern. Darum kann keiner von ihnen im „Alleingang" sein Ziel erreichen. Der Theologe wie der Künstler kann nur im vollzogenen Gottesdienst, in der gläubig-schauenden und demütig-empfangenden Teilnahme an ihm zu Einsichten und „Visionen" kommen, die den Anstoß zu einer Ausarbeitung geben. Der Liturge muß auf den Theologen hören, will er das Wesentliche und Heilwirkende etwa von den ästhetischen Momenten unter scheiden und die Gemeinde zu den Quellen der Mysterien leiten. Der Künstler aber vermag eine eigene Aussage, auf die der Theologe hören sollte und die dem Liturgen viele Predigten er setzen kann. Denn seine Sache ist es, Unsicht bares in Gestalt zu fassen und geistige Reali täten den aufgeschlossenen Sinnen zu bezeugen. Dr. Kurt Badt (Überlingen) Das Symbolische in der Kunsf Cezannes Cezanne gehört zu den Wundern seiner histo rischen Epoche. Auf keine Weise ist ein Künstler seiner Art imd seines Ranges aus sei ner Zeit zu erklären noch in seiner Zeit zu er warten gewesen. Wohl konnte man in einem Jahrhundert hervorragender naturwissenschaft licher Entdeckungen und großer sozialer Um wälzungen, nachdem die Aristokratie und die exklusiven Bildungsschichten von den empor kommenden Bürgern und Arbeitern verdrängt worden waren, Künstler voraussagen, die die neuesten optischen Theorien verwerten und sich dem Studium der Natur als dem einzig vertrau enswürdigen und daher einzig zulässigen Ge genstande hingeben würden (wie die Realisten und Naturalisten, z. B. Courbet und Manet, Im pressionisten und Neoimpressionisten); wohl konnte man einen sozialen Maler wie Millet, einen leidenschaftlichen Bußprediger gegen die Massentendenzen dieser Zeit wie van Gogh und sogar den Flüchtling vor dieser Zeit zu den Paradiesen der Primitiven Gauguin vorausden ken; nicht aber einen Geist wie Cezanne, dem es gelang, die Malerei zum Darstellungsmittel unsichtbarer Seinsstrukturen, ja den Prozeß des Malens selber zur symbolischen Form zu er heben. Dies nämlich ist der Sinn und die Bedeutung seines Werkes, daß darin im Vollzuge und mit tels des künstlerischen Darstellens aus einer 8
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