Christliche Kunstblätter, 95. Jg., 1957, Heft 2

erster Linie die frühe Kirche in Frielings dorf im Bergischen Land zu erwähnen. Man könnte sagen, daß diese Kirche im Wuchtig schweren der Außenform, im Material, ja sogar im Farbigen des Steins und des Daches sich der Umwelt befreundet, wichtiger aber bleibt trotz allem, daß hier die Kirche die Landschaft be herrscht, daß sie Krone dieser Landschaft ist und damit den Primat des Heiligen vor allem Säkularen betont. Andere Dorfkirdien sind die in Ringenberg bei Wesel am Niederrhein und die im Jahre 1929 erbaute Kirche in B i rk e n im Westerwald, um noch diese beiden zu nennen. Jene enthält zweifellos die ganze Groß zügigkeit und beglückende Weite der nieder rheinischen Landschaft und ist doch alles an dere als „plump vertraulich". Sie macht sich nicht gemein mit der Umwelt, sie nimmt sie nur sehr ernst und bleibt trotz allem in vor nehmen Abstand. Sie gibt nichts preis vom Hei ligen, dem der Meister in sicherem Wissen den „s t i 11 e n B e z i r k" zuordnet. Von hier aus ist es begreiflich, daß Dominikus Böhm — wie es auch die konsequente Eigenart von Rudolf Schwarz ist — dem Altar im Innern der Kirche einen „heiligen insularen Bezirk" zu ordnet. Aber es geht nicht bloß um das Innere und um den Altar. Dafür ist die erwähnte zweite Dorfkirche, die in Birken, schönstes Beispiel. Der Meister war an die Umfassungs mauern einer alten Kapelle gebunden und kam so wie von selbst zu einem kegelförmigen Dach über einem quadratischen Raum. Auch hier gilt: was in der konsequenten Durchführung nachträglich an ein Zelt erinnern könnte, möge man nicht gleich verwechseln mit etwas, was aus einem voraufgegangenen Willen zum Zelt vielerorts in unserer Zeit — und dann nebenbei aus falscher theo logischer Voraussetzung — entsteht. Böhm schuf in dem Dorfkirchlein von Birken ein Bild der Gemeinde und sagt mit der Umfrie dung des heiligen Bezirks durch eine Mauer zu gleich aus, daß wahre Gemeinde immer nur sein kann in dem Maße, als sich die Menschen aus der Zerstreuung in die Sammlung, aus dem Lärm in die Stille zu holen vermögen. Mit sol cher Erkenntnis, realisiert in seinen Kirchen bauten, ragt Dominikus Böhm nun noch über den Bereich seiner künstlerischen Sen dung hinaus xmd wird zugleich zum säuber lichen Verkünder einer echten theologischen Wahrheit, einer Wahrheit, die gerade unserer bedrohten Zeit besonders not tut. Dr. Wieland Schmied (Wien) Der Bildhauer Walfer Ritter Renoir sagte einmal: „Kunst ist ein Hand werk wie die Tischlerei." Der Bildhauer Walter Ritter, der in Linz als Professor an der Kunstschule wirkt, möchte nach eigenen Wor ten lieber als Handwerker, denn als Künstler angesprochen werden. Kunst ist für ihn nichts Isoliertes, keine bloß ästhetische Angelegenheit, sondern untrennbar verbimden mit dem Leben wie jedes andere Handwerk und jede andere Handlung des Menschen. Künstlerisches Tun kommt für ihn aus der Einheit des Lebens und Erlebens, in dem nicht begrifflich zwischen den Hervorbringungen des Menschen geschieden wird. Was der Mensch tut, dient nie bloß einem bestimmten Zweck, sondern dem ganzen Men schen. Ritters Auffassung der Kunst nähert sich darin weitgehend der des mythisch-religiösen Menschen, der Kunst schuf und religiös war, ohne dafür bestimmte Begriffe ausgebildet zu haben. Die künstlerische Gestalt aller Arbeiten Wal ter Ritters wird mitbestimmt durch das ver wendete Material, durch die Technik, durch das Handwerkliche. „Jede neue Technik ist ein neuer Stil", sagt Ritter. Und er hat in seinem Leben ein Großteil seiner Anstrengungen auf die Entwicklung neuer Techniken, neuer Aus drucksmöglichkeiten, verwandt. Ritter ordnet sein Werk zuerst in den Sinnzu sammenhang der Welt, dann erst in die Formen sprache unserer Zeit. Das bedeutet, daß seine Arbeiten immer die Gestalt von Lebewesen an nehmen, wie sie die Natur hervorbringt oder doch hervorbringen könnte: von Menschen, Tie ren oder Fabelwesen („Harpyie"). Dabei ist es gleichgültig, um welches Thema es Ritter geht, was er im Einzelfall ausdrücken will: ob das Thema inhaltlich bestimmt ist (wie beim „Abendmahl") oder ob es im Formalen begrün det liegt („Dreiklang": drei Figuren, deren Hai-

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