droben auf bühnenhaftem Chor gleichsam wie von prädestinierten Akteuren vollzogen oder vorzelebriert würde. Man wird das ein wenig bedenken müssen, will man das erstaunlich um fangreiche kirchenbauliche Werk von Dominikus Böhm verstehen können, und will man vor allen Dingen auch die Mannigfaltigkeit seiner Grundrisse und Bauformen verstehen können, die jeden überraschen, der sich mit diesem ein zigartigen Kirchenbaumeister unserer Zeit be schäftigt. Es dürfte wohl kaum übertrieben sein, wenn man behauptet, daß der formal künstle rische Reichtum Böhmischer Kirchenbauten die Spannungsweiten der katholischen Liturgie, ja des Christentums überhaupt, in einer Weise be stätigt, wie das wohl kaum sonst einem ein zelnen Architekten gelimgen ist. Damit ist allerdings keineswegs gesagt, daß Dominikus Böhm auch von Anfang an von allen gleich be griffen worden wäre, und daß seine Kirchen bauten unwidersprochen hingenommen wurden. Sein Weg als Kirchenbauer aus dem Geist und der Lebendigkeit der Liturgie war ebenso müh sam und schwer wie der aller jener, die sich in den Dienst der „liturgischen Erneuerung" stell ten, Was heute in dieser Beziehung bereits bis auf die entlegenen Dörfer hin eine Selbstver ständlichkeit geworden ist, war es keineswegs von Anfang an. Auch Dominikus Böhm mußte sich als „Bahnbrecher des neuen Kirchenbaus" zimächst Schritt für Schritt das Feld erobern. Wer vergäße die Schockwirkung, die die Sankt Engelbertus-Kirche in Köln-Riehl aus dem Jahre 1930 bei offiziellen kirchlichen Stellen auslöste, während das Volk etwas milder und gnädiger war, d. h. in köstlich witzigen Benennungen seinem Herzen Luft machte vor dem Unge wohnten, das ihm damals zugemutet wurde. Vorausgegangen waren allerdings schon einige beachtliche Kirchen, unter anderen die Dorf kirche in Frielingsdorf im Bergischen Land, nicht weit von Köln, die ganz vom Ge wölbe her gebaut, man könnte sagen e n t w i kk e 11, wurde und deren schöne „gotische Span nungen" einmal von einer einfachen Bauersfrau dahingehend begriffen wurden, daß sie meinte, diese Kirche wirke im Innern wie fromm ge faltete Hände. Es folgte im Jahre 1929 die Kir che des Krankenhauses für Asthmaleidende in Mönchen-Gladbach, die, wie es bereits bei der Kirche in Hindenburg geschehen war, in sauberer Klarheit Priester- und Laienraum zu einem einzigen Opferraum zusammenfaßt und die von außen gesehen wie ein mächtig sich ver breitender Strahl wirkt, der seinen Ursprung in dem völlig in Glas aufgelösten Chor hat. Im Jahre 1930 entstand die bereits erwähnte St. Engelbertus-Kirche in KölnRiehl als kreisrunder Zentralbau, dem man die Wirkung eines Zeltes in Beton nicht ab sprechen kann, ohne daß man allerdings auch sagen möchte, daß Dominikus Böhm sich nur von dem heute etwas modisch gewordenen Begriff der „Kirche als Gotteszelt" hätte bestimmen lassen, und der allerdings die eine Inkonsequenz aufweist, daß der Opferaltar nicht auch genau in die Mitte der Kirche gestellt wurde. Im Jahre 1935 entstand die St. Engelbertus-Kir che in Essen, die im letzten Weltkrieg stark beschädigt und nun wieder in der alten Weise aufgebaut wurde. Ihr folgte in gleicher Groß zügigkeit und gleichen machtvollen Maßen die Kreuzkirche in Dülmen in Westfalen, ebenfalls im Krieg stark beschädigt imd heute wieder hergestellt, bei der das Problem zu lösen war, einen liturgischen Raum mit dem unliturgischen Faktum einer Grabkirche in Einklang zu bringen, was den sonst gerne vermiedenen stark erhöhten Chor-Raum bedingte, hinter dem, tie fer gelegen, der Ort für das Grab der zu Anfang des vorigen Jahrhunderts verstorbenen Mysti kerin Anna Katharina Emmerik gewonnen wer den mußte. Es kann sich hier nur darum han deln, einige wenige der vielen Böhmischen Kir chen zu erwähnen. Bis zu jener Kirche „Sankt Maria Königin" in Köln aus seiner letzten Schaffenszeit gilt von allen Böhmischen Kirchen bauten, daß sie gebaut imd nicht, wie das bei vielen andern sogenannten modernen Kirchen der Fall ist, „konstruiert und experimentiert" sind. Dabei war es dem großen Baumeister und gläubigen Christen Dominikus Böhm geradezu eine Selbstverständlichkeit, daß der Bau als solcher in der Harmonie des Innen und Außen bereits die christliche Gemeinde „vor zubilden" hätte. So wird es auch begreiflich, daß im Detail nirgendwo der Eindruck des Ge suchten entsteht, daß alles seinen richtigen Ort hat. Das gilt nicht nur vom Altar oder vom Turm, das gilt auch vom Ort der Taufe. Böhms Taufkapellen sind, architektonisch ge sehen, Kunstwerke besonderer Art, die immer dem Ganzen seiner Kirchenbauten organisch zu geordnet bleiben. Es ist da aber noch ein anderer Gedanke, der in Böhms Kirchenbauten wieder so etwas wie eine Auferstehung feiert. Er zeigt sich im Be streben, Kirchenbau und Umwelt miteinander zu befreunden, was nicht verwechselt wer den darf mit einer plumpen Angleichung aneinander, derartig etwa, daß einer glaubt, er müsse z. B. einer Kirche in einer Fabrikgegend das Aussehen einer Fabrik, einer Gottesfabrik also, geben. Wie Böhm diese Be freundung verstand, beweisen vor allem seine vielen schönen Dorfkirchen. Da wäre in
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