früher oder später Triumphstücke des Todes zu sein. Insofern Kubin das weiß, weiß er mehr, als man in unserer so planmäßigen Welt begreift" (Emst Jünger). — Zwei Kinder aus der Nachbar schaft kommen, um zu gratulieren. Kubin freut sich mit dem Jungen, daß er das Eadlfahren sdion ge lernt hat. Wohl ist's für mich mm Zeit zum Auf bruch, aber die Bilder seines „Orbis pictus" be gleiten mich . . . Das Buch von Kurt Otte, der in 40jähriger Arbeit das Kubin-Archiv in Hamburg aufgebaut hat, und von seinem Mitarbeiter Paul Baabe ist, was Inhalt und Ausstattung anlangt, eine reine Freude. Und vor allem: der ganze Kubin ist drin. Im ersten Teil wird ein Lebensbericht gegeben, der kunstvoll komponiert ist aus wichtigen Stellen der Selbst biographie des Künstlers und aus bisher unver öffentlichten Briefen von Freunden, von Scheerbart und Dauthendey, Stefan Zweig und Franz Werfel, Klee und Kandinsky, Hausenstein und Ernst Jün ger, von Thomas Mann und Hans Carossa. Der zweite Teil bietet ein chronologisches Werkverzeich nis der gedruckten Veröffentlichungen Kubins, dem im dritten Teil Dokumente und Veröffentlidiungen über Kubin folgen. Schließlich wird das sehr sorg fältig angelegte und numerierte Werkverzeichnis noch durch ein Register erschlossen. Immer wieder sind Zeichmmgen Kubins eingefügt, die das ganze Buch auflochem. Kurt Otte und Paul Baabe haben hier für Kubin geleistet, was Glaser für Beckmann, Schwarz für Corinth und Schiefler für Münch taten. Dafür sei ihnen gedankt. G.B. Kunst der Gegenwart Kurt Badt, „Die Kunst Cdzannes". Prestel Verlag, München, 1956. DM 22.— Das höchst bedeutende Werk über die Künstler persönlichkeit und Malerei C^zannes setzt die auf bester Dokumentation und konstruktiver Syste matik beruhende Warbimg-Tradition fort. Die an fangs gestellte Frage: „Wie weit reicht die Kunst C6zannes ins Innere der Welt?" bestimmt die Kon zeption der gesamten Arbeit, die insofern neuartig ist, als es die bisherige C§zanne-Literatur (Novotny, Bewald, Dorival u. a.) bei der Feststellung von Phä nomenen bewenden ließ, die nun erstmalig in ihren metaphysischen Bezügen gedeutet werden. Die dabei notwendigen Exkurse, die oft bis zu den Theoretikern der italienischen Renaissance und wei ter zurückführen, lassen das gefundene Ergebnis dann um so unumstößlicher erscheinen, zumal die Formulierungen von einer zwingenden Präzision sind. Der gesamte Stoff gliedert sich in fünf Kapitel, deren erstes die so oft beschriebene Technik C4zannes in neuem Licht erscheinen läßt, indem die Aqua relle zum Ausgangspunkt der Betrachtung gemacht werden. Dabei ergibt sich, daß die Struktur von C&annes Farbkompositionen auf ein Gerüst von Blaustufen zurückgeht, aus dessen Fundament das gesamte Kolorit entwickelt wird. Blau ist aber die einzige Farbe, die auch im 19. Jahrhundert ihren Symbolwert noch erhalten hat, und nur bei Granne in Weiterführung und Steigertmg einer großen Tra dition „eine Bedeutungstiefe neuer Art" erhält, die „einer tieferen Schicht des Daseins", einer „Sphäre des Wesens und des Wesentlichen" zugehört. Der zweite Teil bringt eine völlig neue Interpre tation der „Kartenspieler", die wohl zu den bedeu tendsten Werken der Spätzeit zählen. Danach ent hüllen sich die fünf Entwicklungsstadien desselben Themas als „Darstellung seiner persönlichen inneren Erlebnisse", die — auf Grund des unglücklichen Verhältnisses zu seinem Vater — ihren ersten Nie derschlag in der sogenannten „Ugolino-Zeichnung" vcjn 1859 fanden. Es ist charakteristisch für die Künstler des 19. Jahrhimderts, „das eigene Schick sal zum Gegenstande ihres Werkes zu machen", was bei C^zanne auch für den „Mardi Gras" von 1888 zutrifft. Zum Typ des „homo religiosus" entwickelt sich C^zanne in seinem Werk von dem Zeitpimkt an, da er sich der Einsamkeit als des ihm auferlegten Schicksals bewußt wird, jedoch nicht mehr dagegen revoltiert, sondern dieses Schicksal annimmt und ihm seine bis dahin herrschende hemmungslose Subjektivität, seine Empfindungen und Eitelkeiten bringt. Er erfährt die Verlassenheit, hierin Dostojewsky ähnlich, und findet nach ihrer Bewältigung durch die Demut, aus einer seelischen Religiosität heraus, die transzendenten Bindungen, die sein Werk in den „Zustand des unverrückbaren Seins" erheben. Glaube und Schau verbinden sich in seinem Werk zu einer Weltstruktur, die, ein neu artiges Zusammenbestehen der Dinge enthüllend, als „religiöses Symbol" verstanden werden kann. Unter diesem Gesichtspxmkt wird auch das Pro blem der „r^alisation" betrachtet, womit nie ein ge wisser Grad der malerischen Vollendung gemeint war, sondern immer die Gestaltung einer künst lerischen Wahrheit als Parallele zur Natur. Diese war für C^zanne dann gegeben, wenn im Bild das „Leben in einer ganz neuen Vorstellung" erschien, als reines Sein, d. h. „frei vom Akzidenteilen". An der Schwelle des reinen Seins beginnt auch das Problem des Menschen, der nicht in „Opposition zu seinem Schicksal" dargestellt erscheint, sondern das „allgemeine Menschliche repräsentiert". Im letzten Teil des Buches imtersucht der Verfas ser die historische Stellung C6zannes, sein Verhält nis zur Malerei der Vergangenheit imd der Zeit genossen. Abschließend wird erstmalig der Alters stil einer genaueren Analyse imterzogen, wonach er sich hauptsächlich durch eine Erweitenmg der Farbskala auszeichnet: intensiveres Rot, Tieftonigkeit imd Steigerimg des Blaus zur tragenden Farbe. In keinem Werk jedoch sind alle drei Faktoren ver eint, „und insofern läßt sich sagen, daß sein Alters stil unvollendet geblieben ist". Die Deutungen Badts eröffnen neue Horizonte, nicht nur indem sie manch gängige C6zanne-Auffassung ad absurdum führen; wichtiger ist, daß die gänzlich retrospektiv gerichtete Betrachtungsweise C6zanne als den Endpunkt einer Epoche, als das „Schicksal" der modernen Malerei erscheinen läßt. Nach Meinung des Verfassers gehört eine Unter suchung der (noch andauernden!) Wirkung von Cezannes Malerei zu einer Analyse der von ihm beeinfiußten jüngeren Künstlergeneration. — Auch die wird eines Tages geschrieben werden müssen und helfen, die Position dieses Giganten der Malkunst genauer zu bezeichnen. Gurt Grützmacher. Guillaiime Apollinaire, Die Maler des Kubismus, übersetzt von Oswalt von Nosütz. Im Verlag der Arche, Zürich, 1956, DM 6.80. In diesem schmalen Bändchen — es erschien 1913 imter dem Titel „Les peintres cubistes" und liegt nun zum erstenmal in deutscher Übersetzung vor — sagt Apollinaire viel Geistreiches über ciie kubistischen Maler, über Picasso und Braque, Metzinger und Gleizes, Juan Gris und Fernand L4ger, über 25
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