Dr. Leonhard Küppers (Düsseldorf) Dominikus Böhm — Bahnbrecher des neuen Kirchenbaus ES sind noch nicht zwei Jahre her, daß in Köln der Architekt Dominikus Böhm starb. Damit nennen wir einen Namen von allerbestem Klang, der berühmt geworden ist nicht nur im deut schen Raum, sondern in der Welt. Dominikus Böhm war aber nicht nur Architekt. Sein echtes, überzeugendes Künstlertum ließ ihn auch an dere Bereiche erobern. Hierher gehört z. B. das ausgedehnte Werk seiner Glasmalerei. Dabei kam es ihm — zum Unterschied von der klas sisch-gotischen Glasmalerei — vor allem auf die Erreichimg eines besonders straffen Gefüges und einer summarischen Wirkung an. Mit ehrlicher Bewunderung stehen wir heute vor seinen groß artigen Rosetten, denen in Dülmen, im Dom zu Worms imd vor allem vor denen in St. Wolfgang in Regensburg. Dennoch muß gesagt werden, daß Böhms letzte Größe sich im Architektonischen, und hier wieder vorzüglich im Kirchenbau, offenbart. Seine große Kunst gestraffter orna mentaler Glasfenster dient seiner Architektur, besser noch vollendet sie, indem sie sie vor dem zu Eigenbetonten oder auch nur Mittelmäßigen aus fremder Hand bewahrte. Was aber von den Glasfenstern des Meisters gilt, daß in ihnen — ausgehend von jenen in der St. Engelbertus-Kirche in Köln-Riehl aus dem Jahre 1931 über viele andere hinweg bis zu jener imposanten vollständigen Farbverglasung der St. Wolfgangskirche in Regensburg aus dem Jahre 1940 — eine kontiniüerliche Weiterentwicklung spürbar bleibt, das gilt auch von seiner Kirdienarchitektur. Dominikus Böhm stammt aus einer bayerisch schwäbischen Baumeisterfamilie und wurde am 23. Oktober 1880 in dem Marktflecken Jettingen an der Mindel geboren. Der musikalische Knabe sollte dem Willen der Mutter entsprechend Lehrer werden, doch dem Drang zum Bau meisterberuf folgend entschied sich der junge Böhm zum Besuch der Bauschule in Augsburg, wo er Schüler von Eugen Hönig wurde. Im elter lichen Baubüro entstanden bald auch schon seine ersten selbständigen Entwürfe. Er wechselte die Schule und kam danach als Schüler Theodor Fischers an die Technische Hochschule nach Stuttgart. Mit 27 Jahren bereits wurde der hoch begabte junge Architekt im Jahre 1907 als Lehrer an die Bausdiule in Bingen am Rhein be rufen. Im Jahre 1908 ging er an die Bau- und Kunstgewerbeschule nach Offenbach am Main, wo er eine tiefe und dauernde Freundschaft mit Rudolf Koch, dem Erneuerer des deutschen Schriftwesens, schloß. Aus zahlreichen Ent würfen aus dieser Zeit läßt sich erkennen, daß die große Liebe Böhms vor allen Dingen dem Kirchenbau galt, wobei sich in auffallender Herbheit bereits eine deutliche Abwendung vom Altherkömmlichen beweist. Das machte sich auch spürbar, als Böhm im Jahre 1919 die Sankt Josefs-Notkirche in Offenbach baute, die allerdings in ihrer Art noch eine starke An lehnung an früher Vorhandenes beweist, hier an die sogenannten nordischen Mastenkirchen. Die erste Schaffensperiode Böhms im Bereich des Kirchenbaus fand ihren Abschluß mit der schwäbischen Kriegergedächtniskirche in N e uU1 m aus den Jahren 1924/25, die in frappieren den Durchblicken, überraschenden Lichtfüh rungen, Fensterdurchbrüchen und schrägen Pfeilerfluchten nicht nur einen gänzlich neuen Raumgedanken verrät, sondern auch das eigentliche, liturgische Anliegen des tief gläubigen Christen Böhm erkennen läßt, nämlich christozentrisch imd damit auf den Altar als Zentrum und Mittler hin zu bauen. Von dieser klaren Intention hat Dominikus Böhm sich bei allen Kirchen, die er in der Folgezeit gebaut hat, bestimmen lassen. Er stand gläubig und in echter Lebendigkeit im Kreis jener, denen die „liturgische Erneuerung" damals ernstes und dringliches Anliegen war, das aber will besagen, denen es darum zu tun war, daß Menge Volk und Volk Gottes volk würde in der Begegnung mit Christus im Opfer auf den Vater hin. Von daher hat Dominikus Böhm es deutlich gewußt, daß der christliche Kirchenbau keineswegs nur Gottes haus zu sein hätte, sondern ebensosehr auch Haus des Gottes v o 1 k e s, daß es in ihm also nicht lediglich einen eigen- und überbe tonten Altarraum zu geben hätte, sondern auch einen Raum für die Gemeinde, einen Raum, der es möglich macht, eine unbeteiligte Gemeinde zu beteiligen, eine schlafende Gemeinde zu wecken, eine tote Gemeinde zu verlebendigen, sie in das „heilige Spiel der göttlichen Liturgie" einzubeziehen und damit zu erlösen vom gelangweilten Dasein des bloßen Zuschauers bei etwas, was 1
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