In dem vorliegenden Buch wird Ghirlandaio in freier, romanhafter Form als Chronist in das Ge schehen seiner Zeit hineingestellt. Die rauschende Renaissance-Epoche ersteht vor dem Leser, unter stützt durch zahlreiche Literaturproben. Der Mei ster steht mitten drinnen als Zeitgenosse der Medici, der Renaissance-Päpste und eines Savonarola. Dem Besucher und Kenner Italiens wird es möglich, die zahlreichen Werke dieses Meisters in der chrono logischen Abfolge einzureihen. Lukasbücherei zur christlichen Ikonographie. L. Schwann Verlag, Düsseldorf: Band VIII: Sigrid Esche, Adam und Eva, Sündenfall und Erlösung, 68 Seiten Text, 14 Abbildungen im Text, 32 Bild seiten mit 48 Abbildungen, 1 Farbtafel, Halbleinen band, DM 12,80. Band IX: Ewald Vetter, Maria im Bosenhag, 48 Seiten Text, 9 Abbildungen im Text, 32 Bildseiten mit 32 Abbildungen, 1 Farbtafel, Halb leinenband, DM 8,80. An Serien und thematischen Bildreihen fehlt es sicher derzeit nicht; was die Lukasbücherei bietet, gehört aber zu dem Vorzüglichsten dieser Art. Der Band „Sündenfall imd Erlösung" will drei erlei zeigen: Er legt dar, wie die Sündenfallbilder aus antiken, heidnischen wie jüdischen Überlieferun gen und liturgischen Anlässen entstanden sind und sich durchgesetzt haben. Er deutet die Gehalt- und Formwandlimgen des Adam-und-Eva-Bildes durch die Jahrhunderte hin bis in unsere Zeit. Endlich schildert er, wie aus der Einordnung der Stamm eltern in die großen christlichen Heilstatsachen viel fältige Bildformen entstehen, in denen Adam und Eva in verschiedensten Bedeutungen und Sinnzu sammenhängen ihren Platz haben, sei es als Sün der, sei es als Heilige, sei es als Erlöste. Diesem in sich abgeschlossenen Buch soll in der Reihe der Lukasbücherei ein Band über die Erschaffxmg Adams Imd Evas und ihr paradiesisches Dasein thematisch vorangestellt werden, während ein dritter Band die Vertreibung und cias Erden schicksal der Stammeltern behandeln wird. Gleichsam als eine Nachblüte der Mystik sind jene zarten Bildgedichte zu Beginn des 15. Jahrhunderts entstanden, die die Madonna im Rosengarten, um geben von Engeln, zeigen. Die Entwicklung führt von den Vorläufern von Stephan Lochners berühm ten Kölner Täfelchen zu Burgkmaiers Maria im Gartenwinkel imd Grünewalds Stuppacher Ma donna, deren Beziehungsreichtum durch die Unter suchung von Bedeutung, Geschichte, Entwicklung des Andachtsbildes neu gedeutet werden kann. Den Kern dieses neuen Bandes von Ewald Vetter bildet ein Stück Frömmigkeitsgeschichte, erläutert an der Geschichte eines Bildthemas. Ihm voraus geschickt ist ein Kapitel, das der Entstehung des Bildtypus und seiner Elemente nachgeht, der „umiltä", des „hortus conclusus", der „Rose". Der Schluß beschäftigt sich mit seiner Einordnung in die Geschichte der Bilder überhaupt. Durchblättert man den reichen Abbildungsteil, so fällt auf, daß „Maria im Rosenhag" ein vornehm lich deutscher Bildgedanke ist. Frankreich, Italien, Flandern haben einige wenige Werke geschaffen. Die schönsten, innigsten, empfindungstiefsten sind am Rhein, in Franken und Schwaben entstanden, deutlicher Ausdruck der deutschen Mystik und poesieerfüllter Heiterkeit. (Aus den Vorworten.) Den Bänden der Lukasbücherei gebührt ob ihres gewissenhaften Textes, ob ihrer vorzüglichen Aus stattung mit erstklassigen Reproduktionen imd ob ihrer volkstümlichen und doch tiefreligiösen The men weiteste Verbreitung. Sie eignen sich äußerst vorzüglich für Geschenke, die sicher Freude machen. P.G. Walter Groplus» Architektur. Wege zu einer optischen Kultur. Fischer-Bücherei, Frankfurt am Main — Hamburg, 1956, DM 1.90. „Die Arbeit, in der Robert Mayer das Gesetz von der Erhaltung der Energie aufstellte, soll vier Sei ten lang gewesen sein, — sie wurde die Taille des Jahrhunderts." — Diese Formulienmg — sie stammt von einem bedeutenden Lyriker der Gegenwart — sagt dem Inhalt nach etwas über das mitunter um gekehrte Verhältnis von Umfang und Bedeutung geschriebener Dinge aus. Eben dieses Verhältnis kennzeichnet den schma len Band von Walter Gropius, worin der „große alte Mann" einer ganzen Architekten-Generation mit einer Handvoll Reden und Aufsätze aus alter und neuer Zeit sein künstlerisches Wollen präzi siert. Vieles davon ist noch heute von derselben Aktualität wie vor zwanzig Jahren; das weiß jeder, dem das zimi Teil erschreckende Dilemma der gegenwärtigen Städteplanung bekannt ist. Die knappen und oft bestechend programmatischen Ausführungen lassen vor allem den leidenschaft lichen Pädagogen Gropius hervortreten, der sich überdies der soziologischen Bedingtheiten und Folgen seiner Architektentätigkeit voll bewußt ist. Der soziologische Aspekt ist für ihn bestimmend. Damit setzt er die Linie fort, die um 1860 mit einer Wandlung des künstlerischen Denkens begann und von England aus über „L'Art Nouveau" und „Ju gendstil" bis weit in die Bauhaus-Tradition hinein wirkte, (Diese historische Entwicklxmg behandelt besonders Nicolaus Pevsner in dem Buch „Weg bereiter moderner Formgebung", das demnächst an gleicher Stelle besprochen werden wird.) Für den Architekten hat der Mensch und die menschliche Gemeinschaft als fordernder Faktor im Mittelpunkt der zu lösenden baulichen Aufgabe zu stehen. Rationalismus ist nur eine Seite des Problems, Funktionalismus eine andere. Ihre sinnvolle Ver wirklichung zeigt sich vor allem in der gleichzei tigen erfolgreichen Bewältigung psychologischer Er fordernisse. Von hier aus soll sich für Gropius die „Humanisierung der Maschine" ermöglichen. Für die Anbeter des Maschinösen ist jedoch ebenso wenig Platz wie für die ästhetisierenden Launen „des egozentrischen Primadonna-Architekten". Der Architekt hat Führer und Diener zugleich zu sein. Die von Gropius erneut bekräftigte Forderung nach möglichst vielseitiger handwerklicher Aus bildung und nach einer schon im Kindergarten und in der Schule beginnenden Anleitung zum schöpfe rischen Spiel beruht auf einem alten Bauhaus gedanken. Ein kurzer Aufriß der Grundideen des Bauhauses und ein „Erziehungsplan für Architek ten" lassen erkennen, welche Stemstunde Kunst und Handwerk in Deutschland einst hatten, als diese einmalige Schule in Weimar und später in Dessau noch in voller Tätigkeit war und über die Grenzen des Landes hinaus wirkte. (Ein Blick in die pädagogischen Schriften von Paul Klee bestätigt es!) Es geht um eine Aktivierung der visuellen Kräfte im Menschen. „Ich glaube (so sagt Gropius), daß jedes gesimde menschliche Wesen fähig ist, sich gestalterisch auszudrücken." Nur dadurch kön nen sich am schnellsten höhere Kulturvorstellungen entwickeln, die die heute herrschende materiali stische Denkweise ablösen. Nur dadurch rückt die Kunst, „das Produkt menschlicher Sehnsucht und 23
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