Johann Nicolussi, Vom Sinn des Leidens, Verlag Felizian Rauch, Innsbruck, 35 Seiten, broschiert, S 12.—. Die Broschüre stellt einen Sonderdruck dar aus dem fünfbändigen Werk, das folgen wird unter dem Titel: „Meine Gedanken sind nicht eure Ge danken" mit den fünf Themenkreisen: Gott in der Natur, Gott im Alten Testament, Gott in Palästina, Gott im Neuen Testament, Gott im Jenseits. ÜlDer jeden Menschen kommt das Leiden, er kann ihm nicht entfliehen. Aber in seine Hand ist es gegeben, das Leiden als Stufen zu verwenden, die ihn näher zu Gott führen, oder es als willkommenes Argu ment zu benützen, um Gott den Rücken kehren zu können. P, q. Allgemeine Kunstwissenschaft Hans Sedlmayr, Kunstwerk und Kunstgesdiidite. Heft 1 der Hefte des Kunsthistorischen Seminars der Universität München. Verlag Hueber, Mündien, 1956, DM 2.50. Während die Zahl der kunsthistorischen Einzel untersuchungen ins Unübersehbare wächst, be sitzen Untersuchungen über Prinzipien und Metho den dieser Wissenschaft nach wie vor Seltenheits wert. In der vorliegenden Schrift geht es um die Inter pretation von Kunstwerken. Diese wird als Re produktion, als Wiedererschaffen bestimmt. Vor aussetzung dafür ist eine Einsicht in das Wesen des Kunstwerks, in seine Strukturiertheit und in seine Einmaligkeit. Zentraler Akt der Einzelinter pretation ist das Erfassen des individuellen an schaulichen Charakters dieses bestimmten Kunst werks. Es kann nur eine einzige „richtige" Inter pretation eines Werkes geben, die daran zu erken nen ist, daß sie aus dem Ganzen Einzelheiten ver steht, welche die andere nur hinnehmen mußte. Mit der richtigen Interpretation ist imtrennbar ein Urteil über den Rang des betreffenden Kunstwerks verbunden. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn die Interpretation, die sich zunächst stumm, in der Ein samkeit des Geistes vollzieht, in Worte gefaßt werden soll. Denn das Erfassen des anschaulichen Charakters ist ein intuitiver Akt, der sich mit den Mitteln der Sprache, die dem diskursiven Denken entstammt, niemals adäquat wiedergeben, sondern nur umschreiben läßt. Die kunstgeschichtliche Methode, die der Inter pretation entspricht, ist die strukturanalytische. Sie wurde in den zwanziger Jahren entwickelt und hat seither die frühere Alleinherrschaft der stil geschichtlichen Methode abgelöst. Dadurch hat sie dazu beigetragen, die Kunstgeschichte von einem einseitigen, unfruchtbaren Historismus zu befreien. Denn jede Kunstgeschichte setzt die Begegnung mit dem lebendigen Kunstwerk voraus. G. R. Andre Malraux, Psychologie der Kunst — Das imaginäre Museum; übersetzt von Jan Lauts, „rowohlts deutsche enzyklopädie". Band 39, Hamburg, 1957, DM 1.90. Andre Malraux unterscheidet drei Zeitalter der Kunst. Im Anfang war alle Kunst sakrale Kunst. Diese schuf ein heiliges Universum. — Auf dieser Stufe blieb die Kirnst der Primitiven, aber auch diejenige der nichtabendländischen Kulturvölker bis in unsere Zeit hinein stehen. Das zweite Zeitalter der Kunst hat profanen Cha rakter. Der Umschwung geschieht im Griechenland des 6. bis 4. Jahrhunderts. Zeichen dieser aufs Ir dische, genauer gesagt aufs Menschliche zurückge führten Welt ist das Lächeln. Lächeln kann — nach Malraux — nur der Mensch, der sich nicht mehr vor Göttern und Dämonen fürchtet. — Während das frühe Mittelalter die profane Kunst der Griechen ablehnt und wieder sakrale Kunstwerke schafft (wie es dazu kam, berührt Malraux nicht), wird die Kunst des abendländischen Kulturkreises in der Renaissance endgültig profan. Darüber kann auch die vorgeblich religiöse Kunst des Barock nicht hin wegtäuschen. Die Heiligen sind Schauspieler ge worden, sie wollen das Volk zur Religion „ver führen". An die Stelle des heiligen Universums ist ein solches der Phantasie und der Verklärung ge treten. Gleichzeitig ist zum erstenmal so etwas wie eine Ästhetik entstanden; die absolute Herr schaft der Religion ist abgelöst worden durch die Herrschaft der Schönheit, für die ein strenger Kanon erfunden wurde. In diesem Prozeß der Intellektualisierung spielt das Museum eine entschei dende Rolle. Das ist eine sehr anfechtbare These, da das Museum später entstand als die huma nistische „Kunst der Verklärung". Malraux scheint hier Ursache und Wirkung zu verwechseln. In unserer Zeit ist die Kunst in ihr drittes Zeit alter getreten. Das ist an der modernen Kunst deut lich ablesbar. Ob diese gerade mit Manet beginnt, kann man bestreiten. Was ist das Ergebnis dieser „Revolution der modernen Kunst?" „Was wurde aus einer Malerei, die Nachahmung, Phantasie und Verklärung ablehnte? Malerei." — Gefördert wird diese Entwicklung durch das „imaginäre Museum", das uns' die Photographie und die Reproduktions techniken liefern. Dadurch ist unserer Generation zum erstenmal die Kirnst der ganzen Welt zugäng lich geworden. Damit haben sich auch unsere Wert maßstäbe geändert: die hellenistische und die römi sche Kunst sowie der italienische Ekletizismus spre chen nicht mehr zu uns und selbst der große Raffael ist tot. Dagegen bewundern wir wieder die Haupt werke der sakralen Kunst: die vorderasiatische, die frühchristliche, die byzantinische, die romanische Kunst, die Kunst der „Wilden" in ihrer Gesamt heit. Aber wohlgemerkt, wir bewundern sie nicht wegen ihres sakralen Charakters, sondern wegen ihrer formalen Kraft. Dahinter steht eine neue Ästhetik, für die nicht mehr die Schönheit, sondern die künstlerische Potenz höchster Wert ist. „Der moderne Künstler will alles primär seinem Stil unterwerfen können, angefangen beim rohesten, nacktesten Gegenstand." An die Stelle der Auto nomie der Schönheit tritt die Autonomie des Künstlers. Ein faszinierendes Buch, ohne Zweifel. Das ent bindet uns aber nicht der Verpflichtung, seine The sen auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Vor allem erhebt sich die Frage, ob die Einteilung der Kunst in eine sakrale und eine profane nicht eine erschöpfende ist. Dann stellt sich das Problem, wie denn die „Revolution der modernen Kunst" und wie das „Ende der normativen Ästhetik" zu deuten sind (an beiden Tatschen ist nicht zu zweifeln). Entweder bedeuten sie eine radikale Weiterentwicklung der profanen Kunst (die damit nicht nur zu einer un sakralen, sondern sogar zu einer antihumanistischen wird), ein hemmungsloseres Streben nach Auto nomie, das nicht nur die Gesetze, die die Übernatur — mit der alle sakrale Kunst rechnet —, sondern auch die Gesetze, die die Natur dem Menschen auf erlegt und die nocii alle „humanistische" profane 21 .;f ■
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