(1090—1153) —, die natürlich die Darstellungen aus dem Weihnachtsfestkreis förderte. Die Künstler haben nun diese Gedankengänge aufgegriffen und in ihren Bildern den Weih nachtsfestkreis bevorzugt — Meister des Klarenaltares, Meister der Goldenen Tafel, Meister Francke, Meister von Flemalle, Hans Multscher, Hugo van der Goes, Geertgen tot Sint Jans, Altdorfer. Besonders wirkte dies dann auf die Flügelbilder der Flügelaltäre. Die Darstellungen aus dem Osterfestkreis be schränken sich, bei den Beispielen aus Ober österreich, mehr auf die Leidensszenen des Herrn; Christus als der glorreich Auferstandene, als der „Erstgeborene von den Toten", der ims das Tor zum Leben aufgestoßen hat, der der Grund für unsere seelische und körperliche Auf erstehung ist, ist etwas zurückgetreten. Die Kirnst des ersten christlichen Jahrtausends dachte hier ganz anders. Die Apsismosaiken der römischen und ravennatischen Basiliken spre chen ein deutliches Zeugnis®). Aus diesen kurzen Überlegungen sehen wir, wie der Künstler des Flügelaltares Liturgie den Gläubigen bildhaft vor Augen führen wollte, wie er darin gebunden war an die Frömmigkeit der damaligen Menschen, die mehr passiv be trachtend denn aktiv am hl. Opfer teilnahmen. Er konnte, mochte er auch noch ein so großes Genie sein, nie so frei seinen Einfällen nach gehen als etwa die Künstler religiöser Kunst heute. Für ihn stand das Anliegen der christ lichen Gemeinschaft vor seinem persönlichen Anliegen. Hier gilt das Wort Pius' XII. aus sei ner Enzyklika „Mediator Dei": „. . . die schönen Künste stehen erst dann im Einklang mit der Religion, wenn sie wie vornehme Mägde in den Dienst des göttlichen Kultes treten"®). ®) Jungmann J. A., Liturgie und Kirchenkunst, Rektoratsrede, 1953, S. 10; Jungmann J. A., öster liches Christentum, Stimmen der Zeit, April 1953, Heft 7. ®) Pius XII., Enc. „Mediator Dei", 1947, Rex-Verlag, Luzern, N. 143. Weiters: Braun J., Der christliche Altar, 1924, B. 2, S. 445—517; Künstle K., Ikonographie der Christ lichen Kunst, B. 1, 1928. DAS FORUM Die Geburt der modernen Malerei Rückblick auf die Cezanne-Aussfellung In München, Oktober—November 1956 Daß die Diskussion um C^zanne keineswegs be endet ist, sondern in immer neue Phasen tritt, zeigt sich nicht nur an den bedeutenden Veröffentlichun gen der jüngsten Vergangenheit, sondern auch an den Ausstellungen, die anläßlich der Wiederkehr seines fünfzigsten Todestages in Den Haag, in seiner Geburtsstadt Aix-en-Provence, in Zürich und in München stattfanden. Im Verhältnis zu den äußeren Ausmaßen — es wurden etwa 150 Werke in einem, durch Stellwände aufgeteilten, großen Raum gezeigt — war der Erfolg der Münchner Schau überraschend, bewies er doch jene unwider stehliche Anziehungskraft, die das Schaffen Cezannes, mitsamt aller ihm innewohnenden und schwer faßbaren Probleme, ausübt. Zusammen mit der zeitlich fast parallel laufenden Van-Gogh-Ausstellung war es für die Kunstwelt das Ereignis des Jahres. Wenige Bilder der frühen Periode, wie etwa „Der Mord" und die Kopie nach Delacroix* „Die Freiheit führt das Volk", lassen die schwerblütige, romantisch-historisierende Bewußtseinslage erkennen, in der sich C^zanne um diese Zeit befand. Dann kam die entscheidende Begegnung mit Camille Pissarro (1872) und der gemeinsame Aufenthalt in Auvers, wo sich die pastose Farbigkeit löst und am unbe schwerten Landschaftsmotiv eine impressionistisch gehaltene Palette erprobt wird, die aber bald alle Stimmungselemente des Impressionismus zu elimi nieren beginnt und an kleinformatigen Stilleben die absichtslose, unsentimentale Existenz des Gegenstandes mit der ganzen Härte ihrer Form auftaucht. Die Dinge beginnen, aus dem Malprozeß heraus zu wachsen imd bekommen eine „bis ins Unzerstörbare hinein gesteigerte Wirklichkeit", — so schrieb Rüke an Clara Westhoff, als er 1907 diese Bilder im „Salon d'Automne" gesehen hatte. Aus all dem ragt aber schon in einsamer Vollen dung „Der Bahndurchstich" heraus, dieser Eck pfeiler in der künstlerischen Entwicklimg C6zannes, worin er seiner geahnten Raumauffassimg schon einmal ganz nahe war. Die hier herrschende glä serne Stille, die beinahe schmerzhaft kontrast schärfende Distanz einer anorganisch anmutenden Landschaft läßt einsichtig werden, mit welch tiefer Berechtigung der Meister vom Malen als von einem Akt der Realisation sprechen konnte. Malen war für ihn immer ein Akt der Wahrheits findung. Das verraten besonders die Selbstbildnisse, die fernab aller momentanen Gefühlswerte eine nüchtern beobachtende Reportage sind, eine Wie derholung des vom subjektiven Bewußtseinsstrom losgelösten Menschen, voll „demütiger Objektivi tät", in einem unvorstellbaren Moment der Selbst entäußerung. Den Höhepunkt bildeten die Bilder der achtziger Jahre, die Landschaften von L'Estaque, die Stil leben, die inmitten eines rätselhaften Bildraumes ein würdevolles Eigendasein führen, die zeitlosen Erscheinungen der Ebene von Bellevue, die trium phierende Struktur in den frühen „Badenden" und das zauberhafte Gestaltwerden eines „Sous-bois". 17
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