Alfred Kubin an Pfarrer Alois Samhaber Schönberg, N.-Bayern, 24. IX. (1953). Lieber und verehrter Herr Pfarrer — mein Er holungsaufenthalt welkt nun langsam —. Er war von wundervollen, hauptsächlich Seherlebnissen er füllt, denen wie meist auch leise Negativa entgegen stünden — im g a n z e n glücklich und befriedigend balanziert. — Im Zentrum stand die Ankunft meines Verlegers vom Kösel-Verlag, München, wel cher die fertigen Druckbogen des bedeut samen „Lesestückes" die H a r p y i e mitbrachte — eine Prosa von seltsamstem Reiz, 43 Druckseiten und von mir mit 11 Illustrationen gescihmückt, die si^ post festum als wirklich geglückt erweisen und mit Swifts „Vikar von Wakefield" — und einiger Gesundheit auch also 1953. Doch immer noch gute „zeichnerische Ernte" — und wenn Zilli auch wohnungshalber — wie sie glaubte und wie es sie freut, etwas Hübsches daherbringt — ist auch das erwünschenswert — und ein wenig Gegenpol zu den schlimmen „Altersdingen", die ängstigen und ver grämen. — Noch ist*s ja erst Mittel herbst und unsere Strapazenzeit noch nicht in Schwung. — Ihre Mitteilungen überraschten mich z. T. nicht: auf die Mitarbeit war nicht so ausgiebig wohl zu zählen, das Interesse war geteilt — das Ergebnis wird durch Dorn dennoch ein günstiges sein. — Nxm auf ein liebes Wiedersehen — ich werde rapportieren, besonders im Kulturellen ist's unerfreulich mit der „Moderne". — In Treue grüßt Sie der alte Kubin. Legende zu den drei Zeichnungen: Alfred Kubin, Pferd im Gewitter, Bleistift skizze, 1924 (Größe 22,5X28,5 cm). Sammlung Sam haber. Alfred Kubin, Zwickledt, Bleistiftskizze um 1935 (Größe 18,8X19 cm). Sammlung Samhaber. Alfred Kubin, Der Schlangensteig, Federzeich nung, 1932 (Größe 26X34 cm). Sammlung Samhaber. Dr. Erich Bachmann (München) Die archlfekfurgeschichtliche Stellung der österreichischen Einstützenkirche I. Der gewölbte Einstützenraum ist zwar allge meiner Besitz der abendländischen Bau kunst, zu selbständigen Sakralbauten jedoch ist dieser in vieler Hinsicht befremdliche Raum typus nur in begrenzten Gebieten erhoben wor den. Nur die mitteleuropäische Baukunst und deren Ausstrahlungsbereich nach Norden und Osten hin, nur Deutschland, Österreich, der süd liche Ostseeraum, die böhmischen Länder, West polen und die Zips kennen gewölbte Einstützen kirchen. West- und Südeuropa ist die Einstützen kirche — von einigen verwandten Erscheinungen im östlichen Mittelmeer und einer einzigen Aus nahme in Spanien abgesehen — fremd geblieben. In Italien, Frankreich und England gibt es lediglich Krypten und profane Räume dieser Art. Der Prototyp des gewölbten Einstützenraums ist der antike Rundraum mit Ringtonne, der allerdings, wie es scheint, auf den S e p u 1k r a 1 b a u beschränkt blieb. In dieser Bau schicht, die wie der Totenkult überhaupt ererbte Vorstellungen mit traditionalistischerHartnäkkigkeit festhielt, hat dieser eigenartige Raumtypus eine kontinuierliche Überlieferung, die einerseits über die römischen und etruskischen Grabbauten zurück bis in die paläolitische Vorzeit^), andererseits über das Mittelalter hinweg bis tief in die Neuzeit reicht. Im mittelalterlichen Sakralbau ist der ge wölbte Einstützenraum jedenfalls von Anfang an in Kirchen vorwiegend sepulkraler Bestim mung (Grabkirchen, Karner, Friedhofs kapellen, heilige Gräber) vertreten, wenn auch nur in Form von Unterkirchen uncl kryptenar tigen Räumen®). ^) Vgl. die Talayots auf den Balearen. ^) Dies bezeugen die Kirchen St. Michael in Fulda, St. Michel de Cuxa (Feglise de la Creche), die Kar ner und Friedhofskapellen in Maria Saal, St. Lambrecht, Berg bei Spittal; Schemnitz in der Slowakei; Großglobnitz, St. Quirin in Bozen; Maria zell, Metnitz, Altenmarkt, Neumarkt, Frohnleiten, Simitz, Pfarrkirchen, Eisenerz, Gossensaß; femer die Chorhauptkrypten, die entweder Ossarien oder hl. Gräber waren, in: Tivoli, San Silvestro; Wölchingen; Köln, St. Kunibert; Daun; Breisach; Koufim; Murau; Neuenburg; München, Augustinerkirche; Lüneburg, St. Nikolai; Oschatz; St. Georgen i. P.; Schwarzach-St. Veit; Schlägl; Worms; Altenburg; Passau, St. Nicola; Jarnac; Gossec etc.; oder die Hl. Grabkirchen in Augsburg, Groß-Komburg, Oberwittighausen, Stan dorf und in nachmittelalterlicher Zeit die „Sepolcri" Montanas und noch die Kilianskrypta der Würzbur ger Neumünsterkirche aus dem Anfang des 18. Jahr hunderts.
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