nicht nur der konstruktiven abstrakten Malerei, sondern darüber hinaus der Raumgestaltung des modernen Bauens zugute gekommen, auch wo dieses grundsätzlich von diesen Konstruktionsprinzipien abweicht. Die Rechtwinkligkeit Mondrians ist, auch wenn sie methodisch um gangen oder, positiver ausgedrückt, überwunden wird, eben weil darin ein Grundelement unserer technischen Lebenswelt angegeben wird, ein förderndes Richtmaß. Mit der Fläche und den Gesetzen ihrer Ent faltung wird es der Künstler auch im sakralen Raum zu tun haben (das scheint mir selbst für die Skulptur zu gelten, die im sakralen Raum ohnehin nie ohne Beziehung zur Wand die Kräfte des Volumens frei ausschwingen lassen darf). Er wird die Fläche gewiß nicht, v/ie es bei manchen Schöpfungen der Abstrakten den An schein hat, als eine Art magischen Quadrats behandeln. Ob er sich, um diese Leere zu beset zen, der Mittel gegenstandsgebundener Darstel lung bedient oder sich die Aussagekraft der gegenstandsfreien Bildzeichensprache zunutze macht, das sind Entscheidungen, die jeder Künstler nach der inneren Notwendigkeit seines Formenwegs zu fällen hat. So seltsam es jedem scheinen mag, der das aus seinen Bildern ables bare malerische Ethos Oskar Schlemmers kennt, so läßt sich doch durchaus denken, daß für einen Künstler das unerhört spannungsreiche Verhält nis, das die menschliche Gestalt auf den Bild tafeln Schlemmers zum Raum und den anderen Gestalten des gleichen Raumes hat, ein erwekkendes Vorbild ist für die Art und Weise, wie ein Ereignis der Heilsgeschichte ins Bild zu bringen wäre. So kann man sich ebenfalls vor stellen, daß das dem ersten Eindruck nach ganz in sich gefangene Spiel von Bildzeichen auf einer abstrakten Tafel einen Ernst und eine Dringlichkeit der Verweisung auf eine dem Künstler unbewußte Gegenwart annimmt, wie sie ähnlich den Fenstern Manessiers oder Mei stermanns erfahren ist, daß ein solches „Bild" die atmosphäreschaffende Funktion bildlicher Elemente im Sakralraum durchaus gleichwertig erfüllt. Wie gesagt, das sind zimächst Mut maßungen, die der Nicht-Künstler mit einiger Beliebigkeit anstellen kann. Für den Künstler aber ist hier kein Raum für Beliebigkeiten. Er ist an die Forderungen seiner gesamten Form erfahrungen und des in ihm aufgebrochenen Formensinns gebunden. Wie er hier sich ent scheidet, wird aber nie unabhängig sein dürfen von dem Formschichsal unserer Zeit. Es gibt in jeder Kunstübung, wenn sie sich nicht zur Un fruchtbarkeit verurteilen will, keine Abseitig keit, aber auch keine Oberherrlichkeit über der Zeit, die sie diesem Schicksal so sehr entfrem det, daß es, auf eine sehr schmerzende, kreu zigende Weise, nicht auch das seine wäre. Wie diese Bindung zu dem Zeitgeschick vom christ lichen Künstler zu leisten ist imd zugleich in eine höhere Freiheit übergeführt werden kann, hat Manessier, ein Künstler, der unstreitig zu den ernsthaftesten Gestaltern von Werken sakraler Bestimmung in unserer Zeit gehört, als Fazit seiner Erfahrung ausgesprochen: „Die in ihrem Grundwesen tragische Zeit, in der wir leben, gibt dem menschlichen Dasein seinen tra gischen Charakter. Wir verfehlen uns gegen die Pflicht zum Zeugnis, das uns aufgetragen ist, wenn wir diese Tragik nicht auf uns nehmen, in der eigenen Existenz und in unserer Kirnst. Aber wir wissen, daß die menschliche Tragik kraft der inneren christlichen Verwirklichung durchaus zusammenbestehen kann mit dem Frieden Gottes. In dieser gelebten Einheit liegt heutzutage der wahre Sinn einer mannhaften christlichen Kunst" (zit. bei Regamey: Art S a c r e zu XX. siede, S. 254). Otto Mauer Die Pfarrkirche in Salzburg-Parsch ■ f:' Jeder katholische Kirchenbau, von Menschen hand errichtet, ist ein Sinnbild für jene „Kirche des lebendigen Gottes", die das „Haus Gottes", „die Säule und das Fundament der Wahrheit" ist (1 Tim. 3, 15), ein Sinnbild für jene „eine, heilige, katholische und apostolische Kirche", die Jesus mit den Worten an Petrus gegründet hat: „Du bist Petrus, das heißt Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen" (Mt. 16, 16). Diese bescheidene Kirche in Salzburg-Parsch hat nicht das Aussehen der großen romanischen Dome der Vergangenheit, die an die von den Mächten des Bösen imeinnehmbar, befestigte Gottesstadt erinnern, von der Jesus gesagt hat: „Die Pforten der Hölle sollen sie nicht über wältigen" (Mt. 16, 17). Sie gleicht nicht den himmelstürmenden und gleichsam vom Himmel herabschwebenden gotischen Kathedralen, die an jene Stelle in der Apokalypse des heiligen 25
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2