Daneben führt die zweite Gruppe der speku lativen Bilder mehr zu einer Stilisierung. Da hiebei eine stärkere Forderung an das theo logische Verständnis des Betrachters überhaupt besteht, bietet sich hier die besondere Möglich keit, das Bild durch symbolische Zeichen zu er weitem oder überhaupt darzustellen, wie etwa bei der erwähnten Transfiguration in S. Apollinare in Classe. Gerade die Sichtbarmachung an sich undarstellbarer Dinge führt oft zur Ein führung sinnbildlicher Zeichen, phantastischer Formen oder einer sehr weitgehenden Entfer nung vom Naturvorbild. Diese Tendenz steigert sich bei dem visio nären Bild, von dem der Satz des Johannes Damascenus gelten kann: „Die Bilder sind er funden, um uns gleichsam als Führer zur Eihenntnis ^verborgener Dinge zu geleiten." (önniO Die Absicht dieser Bilder ist eine andere und damit auch die verwendeten Mittel. So wird das „psychologische Bild" immer einer expressiven Ausdrucksform zuführen, sowohl der des spe ziell religiösen Inhalts, wie etwa eine Pietä aus der Zeit um 1320, wie des allgemein religiösen Inhalts, wie etwa ein Martyrium von der Zeit der Gegenreformation an. Das Andachtsbild hingegen hat seinem We sen nach zuständlichen Charakter. Das trifft sowohl für die bereits erwähnten „isolierten" Figuren, als auch für die auf spekulativer Grundlage ausgebildeten, wie etwa das EcceHomo-Bild zu. Die Absicht dieser Bilder ist es, die ständige Präsenz des Dargestellten dem Gläubigen zu verifizieren. Das Wesentliche aller dieser Beziehungen zwi schen Inhalt und Form ist die Tatsache, daß jeder Zeit alle Ausdrucksmöglichkeiten zu Grebote stehen. Jeder Stil hat in seiner Ausdrucks spanne ebenso eine Möglichkeit zur Illustration, wie auch zum expressiven oder zuständlichen Büd. Aus alledem ergibt sich eine Art Hier archie. Verschiedenen Aufgaben sind ver schiedene äußerliche Erscheinungen zuzuteilen, eingeschlossen der Relativität des zeitlich ge bundenen Stils. Das Problem aller religiösen Bilder ist aber die Sichtbarmachung eines In halts, der dem Verständnis religiöser Vorstel lungen dient. Daher besteht bei jedem religiösen Bild immer die Forderung, den Inhalt erkenn bar und verständlich vor Augen zu führen. Die verschiedenen formalen Erscheinun gen religiöser Kunst sind immer direkt an den Betrachter gerichtet. Daher gilt für alle religiöse Kxmst immer der Satz des Gregor von Nazianz: „Mag sich der Geist noch so sehr anstrengen, von der Sinnenwelt wird er niemals ganz ab strahieren können." Das aber wieder führt zum Kernproblem aller Bilder: dem Erscheinen Christi, das die Grimdvoraussetzung aller christ licher Bilder ist und in allen Aufgaben und allen Gruppen gezeigt werden soll. Denn alle christ liche Bildkunst hat die Aufgabe: durch sichtbare Dinge auf unsichtbare hinzuführen. C. Pack Künsflerische Form und geistige Realifäf Der Rahmen eines Essays steckt von selbst die Grenzen ab, in denen zwei derartige Be griffe, die ihrer Natur nach mit dem Geheimnis verbunden sind, behandelt werden können: den des Versuches. Innerhalb dieses Rahmens aber erscheint es notwendig, gewisse Grundlagen zu untersuchen, es zu imtemehmen, sie auf ihre veränderlichen imd imveränderlichen Kompo nenten festzulegen. Der sich in den letzten Jahr zehnten mit trügerischer Schnelligkeit vollzie hende Wandel der „Stile", der künstlerischenAusdrucksformen, zwingt gerade dazu, nach unver änderlichen Maßstäben der Beurteilung künst lerischer Form und der Realisierimg geistiger Realität zu suchen, ohne die die Beurteilung von Kunstwerten wertlos bleibt. Schon allein das Material, durch den Zugriff der schöpferischen Hand geformt, bestimmt zu einem wesentlichen Teil die Form der Darstel lung, tritt mit ihr in eine fruchtbare Wechsel beziehung. Es diktiert von seiner Sprödigkeit oder Geschmeidigkeit her verschiedene Modi der Gestaltimg. Die Wand in ihrem Zusammenhang mit einem architektonischen Ganzen verlangt aus der an ihr zur Anwendung kommenden verschie denen Techniken des Freskos, buono oder secco, der Enkaustikmalerei oder des Sgraffitos eine künstlerische Form, die den Zusammenhang mit dem Ganzen nicht verleugnet, ihn vielmehr unterstreicht und betont. Die Gestaltung der Wand hat sich in das Allgemeine, den Bau gedanken, einzufügen, diesen Gedanken zu er11
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2