Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 3

Kirche eingeführt. Das Formbestimmende dieses Gerätes bleibt die Sichtbarmachung der konsekrierten Hostie. In allen diesen Dingen handelt es sich also um einen Zusammenhang, zwischen Form und liturgischem Erfordernis. Es gibt keine kano nisch richtige Form und keine kanonisch falsche. Das gleiche gilt vom Stil. Man kann nicht sagen die Gotik sei katholischer oder liturgischer als die Renaissance, aber es gibt einen Zusammen hang zwischen Liturgie und Kunst innerhalb jeder Zeit. In jedem Stilausdruck gibt es Dinge, die in ihrer Form mitbestimmt werden von dem Zweck, dem sie zugeordnet sind. Dieser Zusammenhang wäre theologisch ge dacht im großen ungefähr folgender; An der Spitze einer Art Hierarchie steht die Offen barung mit der Erscheinung Gottes selbst, dann die Religion als Auswirkung dieser Offenbarung, die Lehre und die Beziehung zu dieser Erschei nung Gottes mit Liturgie und Kult, der die stän dige Wiederholung dieser Erscheinung Gottes repräsentiert; davon abgeleitet ist die Stellung des Kunstwerkes, das im kirchlichen Bereich dem Kult dient und in diesem Dienst ebenso wie die anderen Stufen dieser Hierarchie schließlich hinführt, zu der Herrlichkeit des auf Erden er schienenen Gottes. Dr. Günther Heinz (Wien) Barock in ösferreich Vortragsresüme Die folgenden Ausführungen geben in gekürz ter Form einen Vortrag wieder, der zur Einführung in die Probleme der österreichischen Kunst des 17. und 18. Jh.s diente. Es wurden hiebei die kirchlichen Denkmäler gegenüber den profanen besonders berücksichtigt. Zwangläufig konnte in der gegebenen Form nicht die Fülle der Erscheinungsformen des österreichischen Barocks gewürdigt, sondern nur einige beson ders bezeichnende Probleme berührt werden. Der strenge Barockstil hatte sich in Italien seit den Neunzigerjahren des 16. Jh.s durch gesetzt. Das heißt aber nicht, daß neben den revolutionären Künstlern wie Annibale Carracci und Caravaggio nicht ein breiter Strom von Werken den Stil des späten 16. Jh.s ins 17. Jh. hinübergetragen hätte, wodurch wir neben den klar die neuen Ideen vortragenden Werken der Bahnbrecher eine breite Schicht von Arbeiten eines Mischstiles antreffen. Selbst in Rom kann diese Beobachtung gemacht werden und wesent lich stärker außerhalb dieses künstlerischen Mittelpunktes, wie am Beispiel der florentinischen Malerei, aber auch der Kunstübung Nord italiens zu sehen ist. Die österreichische Kunst knüpft nun im frühen 17. Jh. gerade an diese Erscheinungen der Peripherie an, so daß von einem strengen Barock im italienischen Sinn gar nicht gesprochen werden kann. Das gilt für die figürlichen Künste fast noch stärker als für die Architektur. Die Auseinandersetzungen mit Italien sind das eigentliche Problem der öster reichischen Kunst im 17. Jh. und die Grundlage für die Weiterentwicklung in der Blütezeit. Die Kunst dieser bewegten Epoche wird von ein gewanderten Künstlern, von vorübergehend hier tätigen Meistern und wenigen einheimi schen Kräften geschaffen. Daneben spielen auch die Importstücke als Anregungspunkte wegen ihrer oft bedeutenden Qualität eine nicht un wesentliche Rolle. Es soll hier auch hingewiesen werden, daß im 17. Jh. die Galerie des Erz herzogs Leopold Wilhelm nach Wien gelangte, als eine reiche Quelle der Anregungen für die Entwicklung der österreichischen Spätbarock malerei. Die Kunst des österreichischen Gebietes wird von verschiedenen Zentren beherrscht. Wir haben als wichtigstes Zentrum selbstverständ lich die Metropole Wien. Allerdings haben diese Zentren in der zeitlichen Abfolge ihre Bedeu tung geändert. So ist Wien außerordentlich bedeutend zur Zeit Maximilians 11.; es verliert seine Bedeutung als Zentrum zur Zeit Ru dolfs 11., der bekanntlich seine ganzen Kunst ideen in Prag verwirklicht sehen wollte. Auch die Herrscher Ferdinand 11. und Ferdinand HI. haben Wien nicht gerade zu einem überragenden Kunstzentrum zu machen verstanden. Erst mit Leopold 1. beginnt die große Ära, die zur Zeit Josefs 1. und Karls VI. ihren Höhepunkt er reicht. Graz als eines der Zentren der Gegen reformation spielt gerade für den Anfang der Entwicklung eine außerordentliche Rolle, zu der Zeit, da Karl 11. von Innerösterreich und Fer dinand, der spätere Ferdinand II., italienische Künstler beschäftigt haben. Außerordentlich wichtig und vielleicht das wichtigste Zentrum

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