Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 3

dient ihm hier als Mittel, womit er also in einem Rückgriff auf die Malerei des 17. Jh.s als Paral lele zu den gleichzeitigen klassizistischen Reak tionen auf die letzte Phase der Barockmalerei den Forderungen der Zeit gerecht zu werden ■trachtet. Der Gegensatz zwischen der in den Kunst zentren herrschenden, im internationalen Zu sammenhang der Stilverbindungen zu begrei fenden Ideen zu dem einer einheimischen Tradition angehörenden Kunstschaffen in den Alpengebieten kann nirgendwo besser als in der Geschichte der Skulptur des 18. Jh.s erkannt werden. Die in Wien und auch in Salzburg arbeitenden Künstler, wie z. B. Donner, Mattielli, Moll, Messerschmidt oder Hagenauer, zeigen sich deutlich in den internationalen Strö mungen verankert, wie aus ihren Beziehungen zur italienischen und vor allem zur franzö sischen Formenwelt dieser Zeit hervorgeht. Demgegenüber arbeiten die Bildschnitzer der Alpengebiete in einer künstlerischen Tradition, die an die mittelalterliche Bildschnitzerkunst in vielen Beziehungen anschließt. Bezeichnend ist weiterhin das Ablehnen der strengen Formen welt des Frühbarocks, wohingegen die manieristischen Ideen durch das ganze 17. Jh. beobach tet werden, um im 18. Jh. eine noch stärkere Betonung zu erfahren. Eine Linie führt von den frühen Arbeiten Waldburgers vom beginnenden 17. Jh. über die Werke der Familie Zürn bis zur Blütezeit dieser Kunstübung in den Jahrzehnten um 1700 mit ihren Hauptmeistern Schwanthaler und Guggenbichler und schließlich zur Spät phase, wo sie etwa durch Veit Königers Arbei ten repräsentiert wird. Die Verbindung der Schnitzkunst mit der Kunstschreinerei und der Malerei führt in den Alpenländern zu der Bil dung von Gesamtkunstwerken, wie sie auch das Mittelalter in den Schnitzaltären gekannt hat. Das Zusammenwirken von Maler und Schnitzer, wie z. B. Guggenbichler und Rottmayer am Hochaltar der Stiftskirche Michaelbeuern, bringt als Gesamtheit zu erfassende Kunstwerke her vor. Ähnlich diesem Gesamtkunstwerk des Altares ist der Orgelprospekt als ein entspre chendes Schaustück behandelt. Auch die Barock kanzel in ihrem Zusammenwirken von Kunst tischlerei und Bildschnitzerei und häufig auch figürlicher Malerei gehört in diesen Zusammen hang (Abb. 44). Es ist bezeichnend, daß in den Alpengebieten im Ensemble der Kirchenausstattung die ba rocken Skulpturen sich mit den mittelalterlichen zu einer Einheit zusammenfügen, wie es häufig bei dem Einfügen mittelalterlicher Skulpturen in neue Altar auf bauten zu sehen ist, ja daß die spätmittelalterlichen Innenräume mit einer barocken Ausstattung durchaus als künstlerische Einheit empfunden werden können, wofür das Innere des Chores der Franziskanerkirche in Salzburg das sprechendste Beispiel ist. Finden wir in den österreichischen Gebieten eine Durchdringung von spätmittelalterlicher und barocker Kunstübung, so ist außerdem das Fortleben barocker Gestaltungsweise über das 18. Jh. hinaus festzustellen, das namentlich auf dem Gebiet der religiösen Malerei bis auf den heutigen Tag fortwirkt. Klaus Pack (Wien) Die Entwicklung der modernen christlichen Kunst in Österreich Wenn es auch in Österreich nicht zu einer so entscheidenden und gesammelten Bewe gung wie der des art sacre in Frankreich kam, so tritt auch hier im 20. Jh. die katholische Kirche als wichtiger Faktor und Auftraggeber in der Entwicklung der Bildenden Künste gegen über der Öffentlichkeit in Erscheinung. Es wur den und werden auch hier, auf dem mit dem großen Erbe des Barocks gesättigten — fast möchte man sagen übersättigtem — Boden, Werke geschaffen, deren Bedeutung über das rein Lokale hinausgeht, die zum Teil Marksteine bilden in der langsamen Erneuerung sakraler und religiöser Kunst, in der wir uns befinden. Es seien in diesem Rahmen nur einige wenige Beispiele herausgegriffen, die für alle stellver tretend stehen mögen. Beispiele die zeigen sol len, daß der Strom der sakralen Kunst in Öster reich im 20. Jh. in den der europäischen Erneue rung einmündet. Daß es im 19. Jh. in Österreich nicht zur Aus bildung einer starken sakralen und religiösen Kunst kommen konnte, ist zum Teil sicherlich darauf zurückzuführen, daß das Erbe des Ba15

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