Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 3

Ausbreiten der Figuren in die Fläche, die Zer legung aller dargestellten Objekte in klar be grenzte Farbfiächen, die in einer harmonischen Abfolge farbig und im Tonwert durch ein ge mäßigtes Helldunkel ohne scharfe Cäsuren gegliedert die Gesamtfläche bedecken (Abb. 42). Das Prinzip der Helldunkelflächenabfolge als dekoratives Mittel hat Troger zweifellos bei seiner neapolitanischen Schulung von Solimena übernommen, wenn auch bei ihm die Kontraste in seinen Freskoarbeiten wesentlich gemildert erscheinen. Die Tonigkeit seiner Frühwerke, wie es vor allem in dem Kuppelfresko der Kajetanerkirche in Salzburg zu beobachten ist, kann ohne oberitalienische Einflüsse nicht erklärt werden, wobei sowohl an G. B. Crespis Decken als auch an Piazetta als Vorbild zu denken ist. Neben dem Solimena-Dekorationsstil bringt Troger auch für die Dekoration rechteckiger Saalarchitekturen — vor allem Refektorien — Giordanos Prinzip der Randdekoration, das für die Venezianische Deckenmalerei des 18. Jh.s von so großer Bedeutung ist, nach Österreich, wofür Beispiele in Hradisch und Geras ange troffen werden. Noch stärker als im Dekorationsstil ist der Gegensatz gegenüber der älteren, vor allem von Rottmayer und Gran repräsentierten Stilstufe, im Altarbild. Man kann von einem Bruch in der Entwicklung sprechen. Das Altarbild als Deko rationsstück macht einem expressiven, inhalts betonten Schaustück Platz. Eine vermittelnde Stellung nimmt hier Martino Altomonte mit seinen vom neapolitanischen und römischen Spätbarock beeinflußten Altarblättern ein. Tro ger erweist sich in seinen frühen Leistungen auf diesem Gebiet als direkter Nachfolger Pretis, also als ein spätes Mitglied der Carvaggiotradition. Auch auf diesem Gebiet machen sich im Laufe der Entwicklung oberitalienische Ein schläge immer deutlicher bemerkbar, und zwar hauptsächlich ein Einfluß des Piazettakreises. Mitwirkend nimmt Troger damit Elemente derjenigen Bewegungen in Oberitalien auf, die in der Malerei der zweiten Hälfte des 16. Jh.s Vorbilder suchte. Diese Wiederaufnahme des Formgutes des späten 16. Jh.s gehört zu den charakteristischesten Erscheinungen des 18. Jh.s. Auch der größte Meister flgürlicher Kunst dieser Epoche in Österreich, Raphael Donner, hat sich stark mit diesem Problem auseinandergesetzt. Ähnlich Troger ist bei ihm aber auch jener Hang zu stark expressiver Mitteilung anzutreffen. Als Ergebnis der behandelten Entwicklung des reli giösen Bildwerkes kann Donners Pietä im Dom zu Gurk angesehen werden, die zugleich auch den künstlerischen Höhepunkt der ganzen Rich tung verkörpert. 14 Auch in der Malerei ist die Verbindung ex pressiver inhaltlicher Aussage mit dem als artistischem Selbstzweck gesteigerten maleri schen und zeichnerischen Effekt gesucht, worum sich auch die Vorläufer in Italien, wie Magnasco oder Bazzani bemüht haben. Hier werden nicht nur Ideen des 16. Jh.s wiederaufgenommen, son dern man folgt einer Kunstübung, die während des ganzen 17. Jh.s, wenn auch nur im provin ziellen Bereich, festzustellen ist, wie Phänomene in den Werken Maffeis oder Mazzonis beweisen können. Phänomene, die sowohl diese Komponente als auch die expressive und inhaltgebundene Rich tung neapolitanischer Prägung in sich schließen, wie Bencovich oder eben Troger, bilden die Grundlage für die Kunst Maulpertsch', der in der letzten Phase des österreichischen Barocks die bedeutendste Malerpersönlichkeit ist. Maulpertsch geht im Gebiet der Wand- und Deckenmalerei über Troger weit hinaus, was die Zerlegung der dargestellten öbjekte in wirk same Farbflächen betrifft. Der malerische Eigen wert dieser Einzelformen ist wesentlich erhöht zu Ungunsten der Klarheit der Struktur der dargestellten öbjekte, der menschlichen Figuren vor allem, die oft fragmentiert, verzerrt erschei nen. Gerade das Hauptwerk seiner Frühzeit, die Ausmalung der Flachkuppel der Piaristenkirche in Wien, zeigt diesen sowohl malerisch freien als auch sehr ausdrucksstarken Stil. Fast noch deutlicher zeigen Maulpertsch' Leinwandbilder, wie etwa das Martyrium des hl. Judas Thäddäus im Schottenstift oder des hl. Narcissus im Ba rockmuseum in Wien, die Neigung zu fast über triebenem Ausdruck, verbunden mit dem Auf lösen fest umrissener Formen zugunsten der Färb- und Lichtwirkung (Abb. 43). Diese stark expressive Richtung, die in ihrer Verbindung zur oberitalienischen Malerei zu begreifen ist, beherrscht vor allem das ostöster reichische Gebiet mit Wien als Zentrum, wäh rend Westösterreich, vor allem Tirol, sich dem bayrischen Einfluß immer stärker öffnet, wofür die Arbeiten Günthers im Inntal charakteristi sche Beispiele sind. Die Einflußsphären auf die Malerei des 18. Jh.s sind sehr vielfältig. Nicht nur italienische und süddeutsche, auch von der holländischen Malerei werden Anregungen verarbeitet, vor allem von Rembrandt und seinem Kreis. Dieses Phänomen ist z. B. bei Maulpertsch festzustellen. Fast noch deutlicher tritt es in den Werken J. M. Schmidts auf. Dieser unerhört fruchtbare Künstler ver sucht zu einer Synthese der verschiedenen Rich tungen zu gelangen und schließlich eine Verein fachung und Festigung der Struktur des Altar bildes zu erreichen. Ein betontes Helldunkel ,'sk .

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2