mes, das Durchbiegen des Rauipes in der Außen architektur gemildert und gemäß der Forderung nach Flächenbildung abgeändert zeigt. Vorbild ist die französische Architektur. Noch deutlicher ist im Werk Hildebrandts das Problem der Flä chenbildung zu sehen, wie z. B. in der Fassade des Belvederes oder auch des Palais Kinsky, wo die als Fläche zu empfindende Wand und die aufgesetzte flache Dekoration zwei Schichten bilden, also ein Mehrschichtensystem, nicht ein Zusammenwachsen des Mauerwerkes mit der Dekoration, wie es bei den früheren Werken Fischers gefunden wurde. Diese Flächenbindung ist ebenso für die Innendekoration bestimmend. Ein Beispiel, das für das neue Empfinden außerordentlich charak teristisch ist, ist die Neuaufstellung der kaiser lichen Galerie in der Stallburg. Die doch als Einzelkunstwerke gedachten Bilder wurden im Gegensatz zu ihrer eigenen beabsichtigten Tie fenillusion wie Flächendekorationen in einem architektonischen Rahmenwerk von ausgespro chener Flächenhaftigkeit behandelt. Die Künstler der folgenden Generation bauen auf den Errungenschaften der geschilderten Auseinandersetzungen auf. Die Architektur ar beitet an dem Problem der Vereinheitlichung des Raumbildes, wie z. B. der Einheitswirkung des Langhausbaues bei Verschwinden der Joch einteilung, der Bewegtheit der Raumgrenze bzw. Verunklärung der Raumgrenze. Die Leistungen Hildebrandts, Christoph Dientzenhofers und Prandtauers sind in dieser Hinsicht bahnbre chend. Vorbilder für die Bewegtheit der Mauer behandlung waren wohl in Italien in den Wer ken Borrominis vorhanden, in dessen Nachfolge in der Architektur Guarinis auch Vorbilder für die konstruktive Verklammerung einzelner Raumteile zu einem Einheitsraum. In Italien hatte sich bereits der Schwerpunkt der Entwicklung aus dem Zentrum Rom nach verschiedenen peripheren Kunststätten ' ver lagert, so daß wir als Einflußsphären nunmehr wieder ähnliche Verhältnisse haben, wie am Beginn des behandelten Zeitabschnittes. Vor allem die oberitalienischen Kunstlandschaften, wie Venedig für die Malerei oder Piemont für die Architektur, sind von besonderer Bedeutung. Aber auch die Bedeutung Neapels kann nicht übersehen werden. Auch die nun zu erwähnen den grundlegenden Lösungen sind nicht im Zentrum Wien entstanden, das zur Zeit der Aus einandersetzung mit Rom alle Kräfte an sich gezogen hatte. Hildebrandt hat in der Laurenzkirche in Deutsch-Gabel sich mit Guarini grundlegend auseinandergesetzt und das gegenseitige Durch dringen an Stelle der additiven Zuordnung der Einzelräume zum Prinzip erhoben. Bereits in diesem grundlegenden Bau kommt aber auch der Unterschied zu der konstruktiven Architek tur Guarinis zum Ausdruck. Die Mauermasse erscheint in konkaven und konvexen Schwüngen bewegt als ein dem Raumkonzept nachgebendes Element, nicht aber gleich einem die Raumwir kung hervorbringenden Gerüst. Stärker noch als Hildebrandt hat in dieser Zeit diese Tendenz Christoph Dientzenhofer in seinen frühen Schöpfungen Smirschitz und Woborischt vor getragen. Hier sind die Wurzeln für Prandt auers Architektur zu suchen, der außerdem wohl auch von Fischers plastischer Behandlung der Mauermasse beeinflußt sein dürfte. An dem Hauptwerk Prandtauers, der Stiftskirche in Melk, sind die charakteristischen Merkmale dieser Stilrichtung zu erkennen. Die Fassade ist stark bewegt; aus den konkaven und konvexen Schwüngen der Mauerfläche werden die tragen den Glieder, die Pilaster, entwickelt. Der Ein druck der Wandbewegung wird noch deutlicher bei dem Blick in den Innenraum: das Vor schwingen der Zone über den Arkaden, das Zurückschwingen in der Zone weiter darüber: eine außerordentliche Bewegtheit, in die die plastische Mauer hier gerät. Die Nachfolge Prandtauers geht in dieser Hinsicht noch über ihn hinaus. Altenburg von Munggenast ist das bedeutendste Beispiel für die Vereinheitlichung des Raumes der ovalen Kuppel und des Presbyteriums. Dazu kommt in Altenburg wie ja auch in Melk die zur Raumeinheit beitragende starke Farbigkeit der architektonischen Gliederung, die dem Gesamtdekorationsgedanken entspricht. Die plastische Behandlung der Glieder der Außen architektur erfährt eine weitere Ausbildung. Als Vorbild in Österreich für diese Entwicklung kann die Fassade der Kollegienkirche von Fischer mit ihren bildhauerisch empfundenen Turmbekrönungen genannt werden. Als spätes und schönstes Werk des Prandtauerkreises in dieser Entwicklungsreihe ist der Turm der Kirche in Dürnstein zu nennen, wo ganz deut lich die Glieder der Architektur als Plastik betrachtet werden. Dem in dieser Weise vorgetragenen Innenraumgedanken entspricht eine neue Dekorations art, die von den figürlichen Künsten vor allem der Wand- und Deckenmalerei ausgebildet wird. Hatte Rottmayer seine dekorative Wirkung durch die Spannung in der Abfolge von leeren Flächen und farbig und illusionistisch körper haft geschlossenen Figurengruppen erreicht, so wird nun eine ausgeglichene Zusammenschlie ßung aller Formen und Farbflecken angestrebt. Der Repräsentant und Bahnbrecher in Öster reich ist Paul Troger. Wir finden bei ihm das 13
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