Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 3

mitgearbeitet, die von Fischer entworfen wur den und also an dem Phänomen des Zusammen bindens des Altares mit der Mauer Anteil und andererseits hat Mandel die plastische Ergän zung zu den architektonischen Gedanken von Fischers Fassaden geschaffen, so z. B. die Pla stiken, die die Türme der Kollegienkirche be krönen und das Ausklingen der gebogenen und geschwungenen Wand in plastische Formen dar stellen. Der bernineske Schwung und die bernineske Dramatik haben selbstverständlich das ganze Gebiet erobert und haben Werke sowohl in den Zentren, wie auf dem Lande stark ge prägt, wie das etwa die Ritterfiguren Steinles oder Werke Michael Zürns d. J. vor Augen führen. Entsprechend dem Einfluß des römischen Hochbarocks Berninis in der Skulptur, ist in der Malerei eine starke Auswirkung des niederlän dischen Barocks festzustellen, der sowohl durch eingewanderte Künstler, wie de Neve oder Schoonjans, als vor allem durch Importstücke vermittelt worden ist. Rottmayer ist auch hier eine charakteristische Erscheinung. Der Einfluß vor allem von Rubens ist in den Werken seiner frühen Reifezeit von ausschlaggebender Bedeu tung, wie das an den Altarbildern des Domes von Passau aus den Neunzigerjahren deutlich zu erkennen ist. Von dieser Stilphase, in der das Altarbild als Einzelstück gewertet wird, geht nun die Entwicklung allmählich zur Behandlung des Altarbildes als Dekorationsstück über, wel ches Ziel Anfang des zweiten Jahrzehnts des 18. Jh.s erreicht ist. Diese Veränderung entspricht der Behandlung der übrigen Künste im dekorativen Gestalten, etwa den Fresken der Kuppeln und der Altar gestaltung oder den Plastiken an der Außen architektur. So z. B. komponiert Rottmayer in seinen Altarbildern der späten Zeit fast durch wegs dergestalt, daß er die Hauptfigur auf einem erhöhten Platz im Mittelgrund gibt, wäh rend im Vordergrund thematisch unbedeutende Figuren angebracht sind, in der Art der Repoussoirfiguren, wie wir sie aus dem späten 16. Jh. sehr gut kennen; Ein Rückgreifen also auf Vasaris Kompositionsschema. Die Figuren werden im Verhältnis zur Bildgröße kleiner gegenüber den Werken des 17. Jh.s und werden in Kurven angeordnet, die über das Altarbild unter Umständen auch hinausweisen können. Das hat den Sinn, ein Korrespondieren mit den übrigen Dekorationen zu erreichen, etwa ein Korrespondieren mit den Fresken der Lang hauswände oder des Kuppelraumes. An wenigen Beispielen können wir dieses Problem heute noch studieren, da viele Dekorationen wohl ge plant aber nicht ausgeführt wurden. Als eines 12 der besten Beispiele dieser Art kann die Innen dekoration der Peterskirche in Wien dienen, wo auch ein sehr charakteristisches Altarbild Rott mayers sich befindet, der hl. Franz von Sales am rechten Querschiffaltar, der das Hinauswei sen über die begrenzte Bildfläche deutlich vor Augen führt. Es soll womöglich in dem großen Altarbild als Glied der Innendekoration kein ruhender kompositioneller Mittelpunkt geschaf fen werden, damit die Kontinuität in der Ab folge der einzelnen Glieder der Gesamtdeko ration ohne weiteres hergestellt werden kann. Die Bildkomposition nimmt somit auf eine Konzentration auf einen thematisch bedingten Blickpunkt kaum Rücksicht. Dementsprechend verlieren die Bilder dieser Epoche vollständig den inhaltgebundenen Charakter und eignen sich also als Zielpunkte der Andacht überhaupt nicht. Als Konsequenz daraus ergibt sich die Vorblendung des Vorsatzbildes, ein Phänomen, das seit dem 2. Jahrzehnt des 18. Jh.s regel mäßig auftritt. Maler wie Rottmayer haben in der Bildkomposition gerade darauf Rücksicht genommen, indem sie den unteren mittleren Teil der Komposition unbelebt ließen, wie es am Altarbild des hl. Franz von Sales, noch stär ker beim Augustinusbild in St. Florian der Fall ist. Diese Erscheinung der Beraubung des kom positioneilen Mittelpunktes und der innerlichen Entwertung ist natürlich nicht auf Österreich beschränkt. Ich möchte nicht behaupten, daß die österreichische Entwicklung .von der oberita lienischen beeinflußt wurde, aber sie ist jeden falls parallel zu dieser verlaufen, wofür als Beispiel die Entwicklung des Altarbildes bei Sebastiane Ricci angeführt werden kann, der ebenfalls fast um dieselbe Zeit wie Rottmayer mit denselben Phasen zu diesen Endpunkten gelangt. Wie in der Entwicklung der figürlichen Künste seit dem 2. Jahrzehnt und vor allem nach 1720 ein Nachlassen der Spannung, ein allmähliches Aufgeben der häufig so entschieden vorgetra genen Dynamik festzustellen ist, das zu jenem ausgeglichenen Dekorationsstil führt, so hat die führende Kunst, die Architektur, selbst neue Wege beschriften. Fischers Auseinandersetzung mit der französischen Architektur, Hildebrandts Palastfassaden bezeichnen einerseits den klas sischen Abschluß der geschilderten Periode, andererseits — das gilt vor allem für Hilde brandt — den Ansatz einer neuen, weniger be wegten Entwicklung des 18. Jh.s. Ich möchte auf dieses Gebiet, das sich hauptsächlich an Palast architekturen zeigen läßt, nicht näher eingehen. Das bezeichnendste Werk Fischers ist die Hof bibliothek mit dem großen Kuppelsaal, der das Vorschwingen und Zurückschwingen des Rau-

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