unauffällig machen. Die Behandlung des künst lerischen Schmuckes aus Stein oder Stuck ist einem geschulten Restaurator zu überlassen, der neben handwerklicher Ausbildung auf eine ent sprechende denkmalpflegerische Erfahrung hin weisen kann. Wenn bei den baulichen Instandsetzungsarbei ten die technische Seite überwiegt, so ist dieselbe bei der Instandsetzung des Innenraumes keines wegs zu vernachlässigen. Die Gesunderhaltung der Materie wird auch hier vor jeder ästhe tischen Aufgabe zu beachten sein. Von allfällig notwendigen Trockenlegungsarbeiten im Inneren war schon im Zusammenhang mit der Trocken legung des Mauerwerkes die Rede. Manchmal zeigen sich im Inneren an den Wänden feuchte Flecken, die durch Niederschlagswasser hervor gerufen wurden, das etwa durch die Strebe pfeiler eindringt. Bevor an die Ausmalung des Innenraumes geschritten wird, müssen solche Schadensquellen immer ausgeschaltet werden. Manchmal lagert der Bodenbelag einer Kirche so unmittelbar auf Humus, daß eine ständige Durchfeuchtung festzustellen ist und alle Holz teile an ihren auflagernden Flächen einer bal digen Vermoderung entgegengehen. In solchen Fällen erscheint es unerläßlich, daß der Fuß bodenbelag abgenommen und steril verlegt wird. Auch können Holzgegenstände wie Bänke und Altäre unter Verwendung von Folien so auf gestellt werden, daß Bodenfeuchtigkeit nicht aufsteigen kann. Vielfach wird die Beobachtung gemacht, daß an den Kunstwerken der Kirche große Schäden dadurch entstehen, daß sie gegen Feuchtigkeit nicht genügend abgesichert sind, wenn mit der Restaurierxmg begonnen wird. Vor jeder Tönung des Innenraumes sollen daher alle beweglichen Kunstgegenstände, soweit sie entfernt werden können, aus der Kirche gebracht, soweit dies nicht möglich ist, durch eine Abdeckung ge schützt werden. Jeder Innenrestaurierung soll eine genaue Untersuchung des ursprünglichen Zustandes vorausgehen. Fs zeigt sich, daß die Wahl der ursprünglichen Farbgebung und Oberflächen erscheinung meist den Vorzug vor jeder anderen Behandlung verdient. Vor allem wird aus einer solchen Untersuchung klar, wie der Erbauer der Kirche sich die Erscheinung gedacht hat, oder wie diese im Laufe der Jahrhunderte sich ent wickelt hat. Wo Polychromierungen und Wand gemälde zu vermuten sind, ist besonders vor sichtig vorzugehen. Leider kann eine solche Untersuchung meist erst dann einsetzen, wenn die Gerüste stehen. Fr erscheint darum ratsam, sich erst nach Aufstellung der Gerüste von der ursprünglichen Erscheinung zu überzeugen und keine voreiligen Beschlüsse zu fassen, die später nur schwer abzuändern sind. Dem Denkmal pfleger ist es bewußt, daß diese Auffassung mit unter schwer durchzusetzen ist, weil ja genaue Kostenvoranschläge vor Beginn jeder Arbeit vorliegen sollen. Bei geschickter Lenkung wer den die Restaurierungsprogramme so auszu arbeiten sein, daß sie elastisch den Gegeben heiten angepaßt werden können. Bei mittelalterlichen Baudenkmalen ist oft die Frage zu beantworten, ob die Steinteile, wie Rippen, Schlußsteine, Konsolen etc. freizulegen sind oder nicht. Tatsache ist, daß im Mittelalter die meisten Steinteile entweder bemalt oder geschlämmt gewesen sind. Diese Oberflächen behandlung war jedoch so dünn, daß der Stein charakter dadurch niemals verwischt wurde. Die zarte Bemalung der Steinteile hat im Ge genteil dem Innenraum jene harmonische Wir kung gegeben, die wir bei den Restaurierungen des vorigen Jahrhunderts meist vermissen. Das 19. Jahrhundert pflegte entweder die Steinteile in einer allzu romantischen Weise nach einem beliebigen Vorbild vom Rhein oder aus Frank reich zu bemalen oder in etwas rationalistischer Weise die Steinteile vollkommen freizulegen bzw. abzustecken, in der Meinung, daß die Materialgerechtigkeit die einzige richtige ästhe tische Lösung wäre. Der richtige Weg liegt wohl darin, Steinteile von allen späteren Übertün chungen zu befreien und einen alten Zustand der Bemalung sorgfältig freizulegen, soweit ein solcher vorhanden ist. In einzelnen Fällen hat es sich auch als dankbar erwiesen, wenn der älteste Zustand nicht mehr wiederhergestellt werden konnte — einen Zustand aus dem 16. oder 17. Jahrhundert beizubehalten bzw. wie derherzustellen. Die Freilegung eines solchen historischen Bestandes verdient jedenfalls den Vorzug vor einer neuzeitlichen und willkür lichen Gestaltung. Bei Heranziehung entspre chender Kräfte kann eine solche Freilegung mitunter durchaus wirtschaftlich sein. Sie kommt jedenfalls billiger als die steinmetzmäßige Über arbeitung, wodurch die ursprüngliche Oberfläche verlorengeht. Es ist immer ein unleidliches Kompromiß, wenn aus Mangel an Geldmitteln auf die Entfernung dicker Tünchekrusten aus späterer Zeit verzichtet werden soll. Bei der üntersuchung des Bauwerkes im Inneren soll immer getrachtet werden festzu stellen, in welcher Reihenfolge die einzelnen Zustände aufeinander gefolgt sind und wie zu den verschiedenen Zeiten die Kirche ausgesehen hat. Es ist dies nicht nur für die Lokalgeschichte von Bedeutung, sondern gibt oft interessanten Aufschluß über den Geschmack der einzelnen Generationen. Die üntersuchung soll sich nicht
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