Kunstnachrichten aus Italien DER PETERSDOM RESTAURIERUNGSBEDtTRFTIG Schon seit einigen Monaten fällt den Besuchern des Domes von St. Peter das gfoße Stahlgerüst auf, das auf dem Baldafchin des Bernini über dem Papstaltar zu sein scheint, in Wirklichkeit sich aber unter dem Gewölbe der Apsis befindet. Nach einer Mitteilung der Kongregation, die für die Bierhaltung der Peterskirche verantwortlich ist, löst sich die schwere Stukkatur der Apsis vom Gewölbe und droht herunterzufallen. Sie muß daher idringend gesichert und überholt werden. Die Basilika von St. Peter, der „Dom der Dome", feiert übrigens in diesem Jahr ein bedeutendes Jubiläum; es jährte sich zum 450. Male der Tag der Grundsteinlegung der heutigen Kirche. Am 18. April 1506 begab sich Papst Julius II. an der Spitze einer feierlichen Prozession, von Kardinä len und Prälaten geleitet, nach St. Peter, um in einer 25 Fuß tiefen Grube den Grundstein zur neuen Basilika zu legen. Ursprünglich hatte der Papst nur an die Errichtung einer Kapelle für sein Grabmal gedacht, von dessen Ausmaßen der Moses von Michelangeloi eine Vorstellung gibt. Als sidi aber erwies, daß dieses Grabmal nicht in die alte Peterskirche gepaßt hätte, die Restaurierung der baufälligen Kirche aber nicht mehr möglich war, entschloß sich der kunstsinnige Papst, eine neue Basilika zu bauen, was übrigens schon Papst Nikolaus V. ungefähr 50 Jahre vorher im Sinn ge habt hätte, aber durdr seinen allzu frühen Tod verhindert wurde. Julius II. holte das Gutachten verschiedener Künstler ein, unter denen die Archi tekten Michelangelo Buonarotti, Sangallo, ein per sönlicher Freund des Papstes, und Bramante wa ren, dessen Projekt Julius II. den Vorzug gab. Wie der Papst später in einer Bulle vom, 19. Fe bruar 1513 feststellt, sollte „an die Stelle der ehr würdigen Erinnerungen die Größe der Gegenwart und der Zukunft gesetzt werden". Die Weltkirche verlangte nach einem Riesenbau, der die Idee des Papsttums in einem Zentralbau darstellt, dessen Mitteltrakt mit einer Kuppel alles beherrscht. Julius II. förderte diesen Bau trotz der großen Ausgaben für die notwendigen Kämpfe und Kriege im Kirchenstaat durch die Zuwendung großer Geldsummen. Bei seinem Tode im Jahre 1513 wa ren die vier Kuppelpfeiler und die Gewölbebo gen für die Kuppel fertig, 1514 überraschte der Tod auch Bramante und erlaubte es ihm nicht, das gewaltige Werk zu Ende zu führen. In der Folgezeit ging der Bau langsamer vor sich, die Pläne wurden einigemale abgeändert; im Jahre 1614 stellte Carlo Maderna die Fassade fertig und erst 120 Jahre nach der Grundsteinlegung, im Jahre 1626, konnte Papst Urban VIII. an die Ein weihung des Riesendomes schreiten. Die Kollonaden wurden erst unter Alexander VII. 1663 voll endet. Wer heute den Petersdom in all seiner -Pracht bestaunt, denkt wohl kaum noch an AltSt.-Peter, das dem neuen Gotteshaus Platz ma chen mußte. Viele Zeitgenossen waren seinerzeit gegen den Abbruch des ehrwürdigen Bauwerkes. Die herrliche alte Basilika wurde mit einer Rück sichtslosigkeit ab.gerissen, die der Renaissancezeit eigen war, heute aber unverständlich ist, Bra mante zerstörte alle Grabmäler, stürzte die herr lichen antiken Säulen einfach um, obwohl sie er halten hätten werden können. Von der fünfschiffigen Basilika ist nichts übrig geblieben. Das bis dahin von der ganzen Welt bewunderte ApsisMosaik „Christus inmitten seiner Apostel" ist ebenso verschwunden wie der Triumphbogen mit der Darstellung „Konstantin der Sieger schenkt dem Herrn und St. Peter die Kirche". Außer den Säulen um den alten Hochaltar, die Bernini in die Loggien der Kuppelpfeiler aufnahm und denen er in den gewundenen Säulen seines Baldachins ein Denkmal setzte, sind nur einige schöne Ein zelstücke erhalten geblieben, wie das Mosaik „Die Schlüsselüberigi'abe oder Navicella" in der Ein gangshalle und das Kreuz Justins in der Schatz kammer. In einem Punkt allerdings widerstand Julius II. seinem Baumeister grundsätzlich: Nie mals werde er seine Einwilligung dazu geben, daß das Grab des heiligen Petrus verlegt werde, er klärte der sonst so entgegenkommende Papst. KATAKOMBEN IN ROM NEU ENTDECKT Die Via Latina ist neben der berühmten Via Appia Antica eine der ältesten Straßen, die vom Süden her nach Rom führen. Man kannte schon lange heidnische und .christliche Grabanlagen an dieser antiken Verkehrsader. Als beim Bau von großen Wohnhäusern im Vorjahr die Grundfesten nachgaben, wurde man auf weitere unterirdische Hohlräume aufmerksam. Die päpstliche archäolo gische Kommission forschte nach und entdeckte im Oktober des Vorjahres eine bisher unbekannte ctiristliche Katakombe. Im April wurde nun das Ergebnis der Entdeckung durch P. Antonio Ferrua S. J., Sekretär der päpstlich-archäologischen Kommission, der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Daß diese Grabanlage bisher unbekannt blieb, hat seinen Grund wohl darin, daß sie: nicht öffentlich und im Besitz einer Christengemeinde war, son dern als private Beisetzungsstätte einer Familie oder einer Gruppe von Familien diente, und daß sie kein Märtyrergrab enthielt und darum auch im röniischen Martyrologium und in den antiken und mittelalterlichen Pilgerführern und anderen Schriften nie genannt wurde. Die Anlagen umfas sen zwei Stockwerke, liegen der Plauptsache nach in 21 Meter Tiefe, sind nicht allzu ausgedehnt — die Hauptachse mißt nur 48 Meter und die Breit achse 27 Meter — und stammen im wesentlichen aus dem Beginn des 4. Jahrhunderts. Was die meiste Freude bei der Entdeckung auslöste, ist der reiche Freskenschmuck an den Wänden. „Bisher wurde noch nie ein Bildschmuck aus der früh christlichen Zeit von derartig hoher Qualität auf gefunden; man hatte fast den Eindruck, in eine Kunstgalerie der Spätantike eingedrungen zu sein", erklärte der Gelehrte in einer Unterredung. Die Motive für die etwa 50 Fresken im zweiten Stockwerk sind genommen aus dem Alten und Neuen Testament, aber auch aus der heidnischen Mythologie und aus dem Alltagsleben. Äußerst lebendig sind manche Szenen aus dem Alten Te stament dargestellt, _z. B. die Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies, Kain und Abel, die Zerstörung von Sodoma mit der Flucht Lots, das Opfer des Isaak, der Zug /durch das Rote Meer, besonders aber die Sintflut: Gott Vater gießt durch ein großes Fenster gewaltige Wassermassen auf die Erde. Von den Darstellungen aus dem Neuen Testament sind besonders eindrucksvoll: Christus mit den 12 Aposteln, Christus zwischen Petrus und Paulus, das Gespräch mit der Samari terin, die Bergpredigt, die um das Kleid Jesu 27
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