Schaftshintergründen der Tafelbilder der Pinsel flüchtig skizziert, formt der Stift auf der Zeich nung mit locker nebeneinander gesetzten Stri chen. O. Benesch hat bereits erkannt, daß die Zeichnung dem österreichischen Bereiche zuzu schreiben ist und sie in die Nähe des Meisters von Mondsee gestellt. Der grundlegende stili stische Unterschied aber zwischen dem Meister von Mondsee und der Erlanger Zeichnung ist aber wohl die vollkommen andersartige Auf fassung der Figur in beiden Fällen. Beim Mei ster von Mondsee ist immer eine Bewegung vorhanden, auch wenn eine Figur in Ruhestel lung gegeben wird, sie erscheint dann eben wie von innen heraus bewegt"). In dieser Auffassung gleicht der Meister von Mondsee dem Wiener Meister der Heiligenmartyrien. Bei der Erlanger Zeichnung ist nun dagegen ein ganz passives Stehen gegeben, eine Auffassung, die wiederum für den Meister S. H. charakteristisch ist, dessen Bilder alle vollkommen zuständlich sind. Aus diesen oben angeführten Gründen wird die Er langer Zeichnung dem Meister S. H. zuzuschrei ben sein. Was nun die zeitliche Ansetzung an belangt, so wird die Zeichnung wohl ungefähr zur Zeit des Linzer Altar es entstanden sein; allein durch das Thema wird ja schon die Ver bindung zu diesem hergestellt. Auf Grund dieser erhaltenen Werke läßt sich das Schaffen des Meisters S. H. über rund zwei Jahrzehnte verfolgen. Schon am Beginn dieses Zeitraumes, also beim St. Florianer Stifteraltärchen, tritt er uns als voll ausgebildete Persön lichkeit entgegen. Das starke Aufnehmen frem der Einflüsse, die dann aber sehr oft zugunsten der eigenen Grundkomponente fallengelassen werden — denken wir nur an die Übernahme Pacherscher Stilelemente —, beweißt die Ver ankerung des Malers im provinziellen Kunst bereich. Im Weiteren Sinne ist darunter wohl das gesamte Oberösterreich zu verstehen, im Gegensatz zu den stil- und richtunggebenden Kunstzentren, wie zum Beispiel Wien. Von den Einflüssen der Wiener Schule auf den Meister S. H. wurde bereits mehrfach gesprochen. Wir brauchen aber dabei an keine direkte Schulung des Malers in Wien zu denken, da die stilisti schen Elemente der sogenannten Schule des Wiener Schottenmeisters damals in ganz Ober österreich verbreitet waren. Den westlichsten Punkt markiert der Bäckeraltar in Braunau am Inn, den östlichsten Steyr, resprektive das Kremstal mit den Altären von Wartberg und Kremsmünster"). Pächt sieht nun in den Bildern ®) Zum Vergleich dienen können etwa die zwei Kir chenväterbilder des Meisters von Mondsee im österrei chischen Museum für mittelalterliche Kunst. ®) B. Kurth, Der Meister von Wartberg und seine Werk statt, in Phoebus 1/1946, Nr. 3/4, S. 116 ff. des Meisters S. H. eine Fortsetzung des Stiles der Tafeln von Wartberg an der Krems"'). Diese Bemerkung ist insoweit zu akzeptieren, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß in der Wiener Malerei der Meister der Heiligenmartyrien auch am Ende der Reihe steht, deren Beginn der Schottenaltar bildet. Nur wäre vielleicht besser von einer „Umsetzung des Stiles der Wartberger Tafelbilder", der noch weitgehend der von der niederländischen Malerei beeinflußten Phase der deutschen und österreichischen Malerei ange hört, „in die der Endgotik zu sprechen". Neben diesen, der allgemeinen Entwicklung der Malerei am Ende des 15. Jh.s entsprechenden Zügen wirkt beim Meister S. H. aber noch eine andere Komponente herein, die man die bäuer lich-provinzielle nennen kann und die als Unter strömung in seinem ganzen Werk verfolgt wer den kann. Dieser provinzielle Stil setzt sich in der Auffassung sehr deutlich gegenüber dem städtisch-bürgerlich orientierten ab, wobei aber auch kleinere Städte wie z. B. Steyr oder Enns in Oberösterreich diesem provinziellen Kreis zuzuordnen sind. Auch Werke verschiedener Stilstufen und Landschaften werden durch diese Grundkomponente verbunden. Unter dieser Vor aussetzung lassen sich die Tafelbilder der Wall fahrtskirche St. Leonhard bei Tamsweg, die um 1460 entstanden sind, die Werke des sogenann ten Meisters von Eggenburg, NÖ., der in den Neunziger] ahren arbeitet, oder die Leonhards legende in St. Leonhard bei Aussee um 1480 bis 1490 zirka, um nur ein paar Beispiele heraus zugreifen, sehr gut nebeneinanderstellen. Ihnen allen ist gemeinsam, daß hier der Wille zum Ausdruck, das Bestreben, die dargestellte Szene deutlich und eindringlich vor Augen zu führen, viel stärker ist als formale Gebundenheiten. Hierher gehört der Zug zum legendenhaften Schildern, worauf bei der Besprechung der Bil der des Meisters S. H. hingewiesen wurde. Hier her gehören auch die riesigen Spruchbänder bei den Linzer und St. Florianer Aposteln, die gegenüber den Figuren eine fast dominierende Stellung einnehmen, weil der Künstler Ihnen noch mehr „Aussagekraft" zugesteht als den Figuren selbst. Wir können also am Schlüsse unserer Betrach tung sagen, daß der Meister S. H. ein Ober österreicher war und wahrscheinlich längere Zeit im Stift St. Florian gelebt und gearbeitet hat. Ob er vielleicht aus der Stadt Steyr oder aus dem nahegelegenen Enns stammt, kann, solange wir urkundlich nichts Näheres über ihn wissen, nicht festgestellt werden und wir müs sen uns begnügen, ihn in dem weiteren Rahmen 10) O. Benesch, a. a. O. 21
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