Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 2

und Anklänge an die Wiener Schule vom Ende des Jahrhunderts. Rückgriffe auf Michael Fächer fallen dagegen weg und wir können daher wohl den Altar auch zeitlich vom St. Florianer Altär chen absetzen und es wird nun festzustellen sein, ob er vor oder nach diesem entstanden ist. Der Linzer Altar ist wieder signiert aber nicht da tiert und zeigt auf den Innenseiten der Flügel die Werke der Barmherzigkeit und auf den Außenseiten sechs Apostel. Weitere sechs Apostel, die ursprünglich zu diesem Altar als Standflügel gehörten, befinden sich in der Stiftsgalerie von St. Florian. Eine Mitteltafel oder Schrein ist nicht erhalten. Die Bilder der Innenseite erzäh len in einem schlichten, legendenhaften Stil, Figuren und Landschaft werden in stimmungshafte Beziehung gebracht. Auch hier tritt uns wieder der Hang zum dekorativen Überspinnen der Bildfläche entgegen, was besonders deutlich bei einem Vergleich der Apostel mit den den meisten von ihnen als Vorlage dienenden Sti chen der Apostelserie des M. Schongauer wird. Im allgemeinen können wir da sagen, daß der Meister S. H. die Komposition meist fast wört lich übernimmt, aber durch dekorative Elemente wie die Spruchbänder mit Sätzen aus dem Credo bereichert, oder auch durch den ganz ornamen tal aufgefaßten Fliesenboden. Außerdem tragen die Apostel alle, im Gegensatz zu Schongauer, einen Nimbus. Verglichen mit dem St. Florianer Altar ist die Komposition der Linzer Tafeln gelockerter, die Bewegung der Figuren freier und ungezwungener. Auch das dekorative Bei werk wird gekonnter angebracht. Die Land schaftshintergründe sind nicht so reich, aber gerade dadurch wird eine größere Natürlichkeit erzielt. Wie schon weiter oben beim St. Florianer Altärchen erwähnt, sind hier starke Parallelen zur Wiener Malerschule vom Ende des 15. Jh.s zu ziehen, deren Hauptvertreter in dieser Zeit der sogenannte Meister der Heiligenmartyrien ist und zum Meister von Mondsee, der in Wien seine Schulung erhalten hatte. Da die beiden erwähnten Maler in der Hauptsache in den Neunzigerjahren tätig waren, werden wir wohl nicht fehlgehen, wenn wir den Linzer Altar mit den Werken der Barmherzigkeit zeitlich nach dem St. Florianer Stifteraltärchen, und zwar zirka in der Mitte des letzten Jahrzehnts des 15. Jh.s ansetzen. Ein weiteres Werk des Meisters S. H., das sich ebenfalls im Linzer Landesmuseum befindet, ist hier noch anzuführen. Es handelt sich um einen Marientod, auf dessen Rückseite drei Apostel mit Spruchbändern angebracht sind'). Das Bild ist härter in der Formgebung und viel spar samer im Detail als die bisher besprochenen Werke, was besonders bei einem Vergleich mit derselben Darstellung in St. Florian deutlich wird. Nun auf einmal geht es dem Künstler um die Schaffung eines realen Raumausschnittes und zu dessen Klärung wird auf viele Details verzichtet und auf das stärkste reduziert. Die hohen, weiten Architekturbogen erinnern an ähnliche Lösungen beim Meister von Großgmain, der der Salzburger Malerei zugehört und beim jüngeren Frueauf, der von Passau nach Wien geht"). Jetzt, am Ende des Jahrhunderts, ver wischen sich die Grenzen zwischen den einzelnen Schulen, der Stil wird einheitlicher und die Grundlage für das Entstehen der Donauschule wird geschaffen. Auch das Bild des Meisters S. H. muß in diese Zusammenhänge gehören, denn die Entwicklung geht eindeutig von dem St. Florianer Werk über den Linzer Altar zum Linzer Marientod, der am Ende dieser Reihe steht. In St. Florian werden Figur und Land schaft ohne innere Verbindung nebeneinander gestellt, letztere ist sozusagen nur als Folie ge dacht. Der Linzer Altar zeigt demgegenüber schon eine Wandlung, Figur und Landschaft sind nun zueinander in Beziehung gesetzt, aber noch immer dominiert das Figürliche. Am End punkt steht der Linzer Marientod, bei dem der Raum nun das Übergewicht gegenüber den Fi guren gewinnt, wobei diese größere Freiheit allerdings auf Kosten der Geschlossenheit der Komposition geht. Die zusammengeballte Gruppe der Apostel ist nur mehr in sehr labiler Weise im Raum verankert. Zum Schluß soll noch eine Zeichnung in der üniversitätsbibliothek von Erlangen, Apostel Jakobus der Jüngere, besprochen werden, die O. Benesch dem Meister von Mondsee zuge schrieben hat'). Sie steht nämlich, wie gezeigt werden soll, dem Meister S. H. nahe. Der Heilige ist, wie die Apostel des Linzer Altares, stehend dargestellt. Es fehlt aber das Spruchband und insofern steht er der Apostelserie Schongauers näher als diese. Wie auch bei diesem, ist an Stelle des Fliesenbodens ein kleiner Erdhügel als Standfläche für die Figur verwendet. Die stilistische Übereinstimmung der Zeichnung mit den uns bekannten Werken des Meisters S. H. ist vor allem in der Erfassung des Körpers mehr vom Visuellen als vom Anatomischen her gege ben. Auch die Unbeholfenheit bei den Verkür zungen und das unsichere Standmotiv gehören hierher. Der dekorative, den Körper verhüllende Faltenwurf ist ebenso ein Element der Kunst des Meisters S. H. und genau wie auf den Land5) Diese Tafel gehörte mit dem schon weiter oben er wähnten Pfingstfest, von dem leider keine Abbildung vor liegt, wahrscheinlich zu einem Altar. O. Pächt, a. a. O. Die Darbiingung Christi im Tempel des Meisters von Großgmain in der Pfarrkirche desselben Ortes ist 1499 datiert. 7) o. Benesch, a. a. O. 20

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