Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 2

Lande nannte") (wobei dahingestellt bleibe, ob Frömmigkeit das einzige Motiv für den „Dom bau" war). So erhielt Heipfau wieder ein mächtiges Got teshaus, einen hohen, breiten Einheitsraum, der gegen Westen seltsam abrupt abbricht. Im Osten ist ihm ein schmales Presbyterium vor gelagert, neben dem sich der stämmige, weithin sichtbare Turm erhebt. Noch vor den Fresken in Mattighofen malte J. N. della Crpce diejeni gen von Heipfau. Das Tonnengewölbe des vierjochigen Langhauses zeigt Darstellungen aus dem Leben des hl. Stephanus (dem die Kirche geweiht ist). Sie verteilen sich wie folgt: Evangelienseite: Bestattung des Leichnams Verteidigungsrede vor dem Hohen Rat Stephanus als Armenpfleger Der jugendliche Stephanus tut sich unter den Altersgenossen durch seine Geistesgaben hervor Mitte: Der Leichnam des Stephanus in der Einöde Der zur Steinigung bereite Stephanus mit Saulus und den Zeugen Diakonatsweihe des Stephanus Stephanus wird für das Christentum gewonnen Epistelseite: Totenklage um Stephanus und seine Verherrlichung durch Engel Ausstoßung vom Hohen Rat Stephanus belehrt die Christen Stephanus belehrt die Schrift gelehrten Der Freskenzyklus beginnt über der Orgel empore und folgt dann, allerdings nicht streng systematisch, dem Leben des Heiligen, das in einer großartigen Darstellung des Martyriums und einer kleineren, bedeutend schwächeren, die Stephanus in der Glorie zeigt, im Presbyterium endet. Ein ähnliches Fresko des Stephanus in der Glorie hatte sich übrigens auch schon vor dem Brande an derselben Stelle befunden"). 1890 wurden die Fresken nicht sehr glücklich restauriert. Da die stellenweise Übermalung nur mit Temperafarben geschah, konnte Josef Wat zinger, Salzburg, bei der Restaurierung im Jahre 1955 an vielen Stellen die ursprüngliche Farbigkeit der Fresken wieder zur Geltung brin gen. Diese ist heller und leuchtender als die der Fresken in Mattighofen, vielfältig in der Ab stufung und im ganzen doch harmonisch. Der formale Aufbau ist ungleich und teilweise un befriedigend. Am stärksten in Farbe und Kom position wirkt die „Verteidigungsrede vor dem Hohen Rat": steil steigt eine Treppe empor, von deren oberer Plattform aus der Hohepriester die heftige Disputation des Stephanus mit seinen Gegnern, die sich auf eben dieser Treppe ab spielt, verfolgt. Rechts eine aufstrebende Säule mit einem phantastisch darumgeschlungenen Vorhang, und hinter und über dem allen eine kühn erfundene, utopisch wirkende Architektur. Die vier Joche des Langhauses sind durch Korbbogenjoche getrennt, die nun einen angeb lich ursprünglichen, jedoch nicht sehr befrie digenden gelben Anstrich erhalten haben. Im Gegensatz dazu ist der Stuckvorhang am Triumphbogen, der zuletzt mit seinem ver waschenen schmutzigbraunen Ton sehr wenig Gedenkbuch, S. 18. ®) Kreisarchiv München, Innviertier Akten 106/4. aus sich' machte, durch seine jetzige, glaubhaft ursprüngliche Färbelung zu einem Blickfang ersten Ranges geworden, ebenso die Kartusche hoch oben in der Mitte mit der Inschrift: „Iniqui ejicientes extra civitatem lapidabant". Das Langhaus selbst hat durch die vorsichtige Fär belung der Pflaster und Kapitelle, wie auch durch die Entfernung eines unerfreulichen Kreuzwegs seine ursprüngliche Weite wieder gewonnen. Das Chor-Fresko mit der Darstellung des Martyriums des hl. Stephanus war schon vor der Restaurierung von 1890 schwer beschädigt, so daß sich der ursprüngliche Bestand auch durch die jüngste Restaurierung nicht völlig wieder herstellen ließ. Andere Partien dagegen haben sehr gewonnen: so die in Ausdruck und Bewe gung kraftvollen Schergen. Mit berechtigtem Stolz konnte der Meister dieses Werk signieren: J. N. della Croce invenit et pinxit. — Die Um gebung des Freskos war durch kitschige Blu menornamente entstellt. Hier konnten zum Teil die alten Darstellungen wieder aufgedeckt wer den. Die Inschriften (adorate Deum — anbetend preiset Gott; prae nimia chqritate — er starb vor Liebe hin) nehmen deutlich Bezug auf das Martyrium des Heiligen. Dfe Pendants waren zerstört; sie wurden durch eucharistische Sym bole ergänzt (panis angelorum — Brot der Engel; ecce agnus Dei — seht das Lamm Gottes). Nach der großzügigen Wiederherstellung und Ausmalung des Gotteshauses waren anscheinend die Mittel der Landgemeinde erschöpft. Viel leicht haben auch die unsicheren Zeiten — 1779 fiel das Innviertel an Österreich — verhindert, daß die Kirche eine den Fresken ebenbürtige Ausstattung erhielt. 1783 wurden zwei beschei dene Seitenaltäre angeschafft. Die Renovierung des halb zerstörten Hochaltares unterblieb. 17

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