Christliche Kunstblätter, 94. Jg., 1956, Heft 2

dort die Illusion des Blicks in den Himmel (und zwar bewußt illusionistisch gestaltet), hier ein zelne Bilder, deren phantastisch-orientalische Szenerie kulissenhaft-theatralisch wirkt. Nun, man kann einwenden: das liegt am verschie denen Thema, an der verschiedenen Aufgaben stellung. Aber gerade das ist schon sehr bezeich nend. Die frühklassizistische Architektur würde die Fresken Altomontes nicht mehr vertragen. Wilhering will nach oben geöffnet erscheinen, der Raum von Mattighofen dagegen ist hoch, aber geschlossen. Und darum wirkt auch ein ähnliches Thema, das der Himmelfahrt Mariae im Chor von Mattighofen, nicht mehr in dem Maße illusionistisch wie das große Decken gemälde in Wilhering (übrigens ist das Chor fresko signiert und datiert: J. N. della Croce 1780). Viel eher lassen sich die Fresken della Croces mit denen des JohannBaptistZimmerm a n n (1680—1758) vergleichen. Die Land schaftskulissen della Croces (etwa auf dem Fresko „Königin von Saba") zeigen enge Verwa.ndtschaft mit denen des großen bayrischen Rokokokünstlers (z. B. auf dem Fresko in Schäft larn, das die Überreichung der Stiftungsurkunde darstellt). Ähnliches läßt sich von der Architek turmalerei della Croces sagen. So läßt J. B. Zimmermann die „Vision des hl. Norbert" in Schäftlarn sich in einer kühn erfundenen und stark verkürzten, aber symmetrisch aufgebauten und daher formal sehr streng wirkenden Archi tektur abspielen, die sich bei della Croce in der „Verteidigungsrede des hl. Stephanus" in Hei pfau bis in Einzelheiten wiederholt. Nur ver zichtet della Croce auf die Symmetrie und schafft dadurch eine ganz andere, freiere Bild wirkung, wobei Auflösungstendenzen im For malen sichtbar werden, die freilich wieder dem dramatischen Moment der Szene zugute kom men. Auch die Farbgebung della Croces ist so sehr mit der Zimmermanns verwandt, daß eine Abhängigkeit sicher anzunehmen ist. Die Fresken der Seitenschiffe geben Szenen aus dem Neuen Testament. Während die Fresken des linken Seitenschiffs (Bergpredigt, Auferwekkung des Lazarus, Gespräch am Jakobsbrunnen) sehr gelitten hatten und vom Restaurator, Pro fessor Daringer aus Wildenau, weitgehend er gänzt werden mußten, leuchten diejenigen des rechten Seitenschiffs (Heilung des Blindgebo renen, Hauptmann von Kapharnaum, Christus und die Ehebrecherin)'^) in alter Frische. Mit ihren lebendigen Gruppendarstellungen stellen sie wohl die beste Leistung des Künstlers in Mattighofen dar. Welch prächtige Greisenant litze haben nicht die Pharisäer, die neugierig die Schrift zu entziffern suchen, die Christus in den Sand malt! Hier hat sich die Fähigkeit des Porträtmalers zur genauen Beobachtung aufs glücklichste mit der Fähigkeit des Freskanten zur Bewältigung des großen Themas auf großer Fläche geeint. Die Propsteikirche von Mattighofen enthält auch eines der bedeutendsten Altarblätter des Künstlers: ein Bild des hl. Florian mit einer An sicht von Mattighofen. Wie schon in Ach hatte man ihm Aufträge für Fresken und Gemälde erteilt. Ein seltsam-ähnliches Geschick ließ ein Jahr nach der Brandkatastrophe in Mattighofen die benachbarte Pfarrkirche in Heipfau in Schutt und Asche sinken (am 13. Oktober 1775)"). Die Geschichte des Wiederaufbaus von Heipfau ist überaus bezeichnend und soll hier nicht vorent halten werden (man fühlt sich an das Wort Langbehns erinnert: „Der deutsche Michel ist Oberösterreicher", ein Wort, das auf niemand mehr zutrifft als auf den Innviertier): Da der Markt Uttendorf, der nur etwa einen Kilometer entfernt li'egt, bereits eine Kirche besaß, ent spann sich um den Wiederaufbau der Pfarr kirche von Heipfau ein heftiger Streit. Die Bür ger von Uttendorf setzten sich für eine Vergrö ßerung der Marktkirche und deren Erhebung zur Pfarrkirche ein; ein dementsprechender An trag erhielt in München das kurfürstliche Plazet. So leicht gaben sich die Bauern der Umgebung aber nicht geschlagen: „Die Landgemeinde je doch protestierte dagegen, und drang auf Wie derherstellung der abgebrannten Pfarrkirche. Da zu diesem Ende die kurfürstliche Regie rung keinen Patronatsbeitrag bewilligte, und alle Bitten und Vorstellungen der Landgemeinde erfolglos blieben, so baute sie nach hiezu er haltener Bewilligung aus eigenen Mitteln und einigen Vorschüssen, die aus dem Vermögen der Filialkirche St. Florian bewilligt wurden, die in Schutt gelegte Kirche wieder auf^). Nach dieser Vorgeschichte nimmt es nicht wunder, daß Bischof Gall von Linz die Kirche „als das laut sprechende Werk der frommen und christlichen Gesinnung der Landgemeinde Heipfau betrachtet und sie seinen Dom auf dem t') Franz Martin, ÖKT, Bd. XXX, Wien 1947, S. 240, hat fälschlich; ,.Tochter des Jairus" statt „Hauptmann von Kapharnaum". Daß auch hier ein wertvoller barocker Bau zugrunde gegangen ist, bezeugt das Urteil Gunetsrhainers aus dem Jahre 1736, ,,daß das Gewölbe wohl etwas zu flach ge führt, aber an dem proportioniert und zierlich geführten Bau nichts auszusetzen sei, ja er ein dergleichen Kirchen auf dem Lande nicht leicht zu finden wüIBte" (Kreisarchiv München, Innviertler Akten 106/4). Zwei jetzt im Pfarrhof Uttendorf befindliche Statuen der Heiligen Johannes und Andreas dürften mit den aus dem Brand geretteten iden tisch sein. Gedenkbuch des Pfarrortes Helpfau-Uttendorf, ver faßt von Pfarrer Josef Würmer, 1858, S. 16 (Handschrift; im Pfarrarchiv Uttendorf), 16

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