Erhaltung und i Restaurierung Kunstdenkmäler
INHALT SEITE ALLGEMEINE GEDANKEN ÜBER DENKMALPFLEGE AN KIRCH LICHEN BAUDENKMALEN Josef Zykan (Wien) UM DEN WIEDERAUFBAU ZERSTÖRTER KIRCHEN IN DEUTSCHLAND Dr. Leonhard Küppers (Düsseldorf) KONSERVIERUNG UND RESTAU RIERUNG ALTER TEXTILIEN Dr. Dora Heinz (Wien) 10 JOHANN NEPOMUK DELLA CROCE Dr. Günter Rombold (München) 15 DER MEISTER S. H. Dr. Selmc Florian (Wien) 18 DAS FORUM 22 BERICHTE 25 Titelbild: Kirche am Hafnerberg, Bezirk Baden, Niederösterreich EINZELPREIS DES HEFTES: 10 SCHILLING CHRISTLICHE KUNSTBLÄTTER, Eigenlümer, Verleger urrd Herausgeber; Diözesan-Kunsfverein, Linz a. d. D., Herrensfra^e 19. Sdirlffleiler: Pro fessor Dr. Norbert Miko, Linz, Pefrinum. — Für die Diözese Sf. Pölten: Prälat Dr. K. B. Frank, St. Pölten, Domplatz 1. — Der Jatirgang besteht aus 4 Metten. Bezugspreis für den ganzen Jahrgang: 40 S. Postscheck konto Wien 26.090; für das deutsche Bundesgebiet 8 DM, Postscheckamt München, Konto Nr. 120.088; für das übrige Ausland 2 S' Druck: Jos. Feichtingers Erben, Linz. — Klischees: Franz Krammer, Linz.
Josef Zykan (Wien) Allgemeine Gedanken über Denkmalpflege an kirchlichen Baudenkmalen Die sakrale Widmung gibt den Gotteshäusern meist eine Lebensdauer, wie sie profanen Bauten gewöhnlich nicht zukommt. Das Alter erweckt in uns die Vorstellung der Ehrwürdig keit, deren Erhaltung uns als eine Selbstver ständlichkeit erscheint. Im folgenden soll nun in schlichter Weise auf die mannigfaltigen Probleme hingewiesen wer den, welche bei der Pflege und Erhaltung der kirchlichen Baudenkmale auftauchen können. Die Erörterungen sollen allgemein und einfach gehalten werden, daß sie auf eine möglichst große Anzahl von Fällen zutreffen. Jene sel tenen Fälle, in denen die Demolierung eines kirchlichen Baudenkmales in Erwägung ge zogen oder eine wesentliche Veränderung durch Umbau angestrebt wird, können hier außer Be tracht bleiben. Alle kirchlichen Baudenkmale stehen ipso iure unter Denkmalschutz. Der Paragraph 2 des Denkmalschutzgesetzes besagt, daß „an der Er haltung aller Denkmale, die sich im Eigentum oder Besitz kirchlicher und religionsgenossen schaftlicher Körperschaften und Stiftungen beflnden, das öffentliche Interesse insolange ge geben erscheint, als das Bundesdenkmalamt nicht auf Antrag des Eigentümers oder Besitzers oder von Amts wegen das Gegenteil festgestellt hat." Nach § 4 ist die Zerstörung und freiwillige Veräußerung von Denkmalen im Eigentum oder Besitz der Kirche an die Zustimmung des Bundesdenkmalamtes gebunden. Die Restaurierung als eine Veränderung, welche die überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung des Baudenkmales beeinflussen könnte, bedarf der Zustimmung des Bundesdenkmalamtes. Es wird daher bei allen Restaurierungen an kirchlichen Baudenkmalen das Einvernehmen mit dem Lan deskonservator zu pflegen sein. Die Arbeiten zur Erhaltung eines Baudenk males beziehen sich entweder auf die tech nischen Voraussetzungen oder beschäftigen sich mit der künstlerischen Erscheinung. Niemals lassen sich jedoch diese beiden Gebiete vonein ander vollkommen trennen, weil die Erhaltung der künstlerischenErscheinung von vielerlei tech nischen Voraussetzungen abhängt. Trotzdem muß gesagt werden, daß auf diese technischen VorDazu die Abb. 19, 20, 21 und Titelseite aussetzungen mitunter zu wenig Wert gelegt wird, wenn an die Restaurierung eines kirch lichen Baudenkmales geschritten wird. Es ist ohne Zweifel sinnwidrig, an die Restaurierung von Deckengemälden und Altären zu denken, bevor noch die Substanz des Baudenkmales ge sichert erscheint. Gesunde Fundamente und ordentliche Bedachungen sind die Vorausset zungen für die dauernde Erhaltung eines Bau werkes. Diese wirtschaftlich notwendigen tech nischen Arbeiten verdienen immer den Vorzug vor allen noch so wichtig erscheinenden Arbei ten an der künstlerischen Ausstattung eines Bauwerkes. Jeder Kirchenrestaurierung sollte eine gründ liche Untersuchung der Dachstühle und der Dachhaut vorausgehen. Die Bekämpfung der Holzschädlinge ist für die Zukunft eines Bau werkes von größter Wichtigkeit. Inbesondere ist auf das Vorkommen von Pilzen und Moder bakterien größte Aufmerksamkeit zu verwen den; der Hausschwamm ist imstande, innerhalb weniger Jahre Holzkonstruktionen völlig zu vernichten oder so zu verseuchen, daß eine Assanierung kaum mehr erreicht werden kann. Eine vorbeugende Behandlung mit insektiziden und fungiziden Mitteln ist besonders dann ge raten, wenn schon ein Befall festzustellen oder zu befürchten ist. Von größter Wichtigkeit ist auch die Reinhaltung der Dachstühle, zumal die Exkremente von Fledermäusen und Vögeln eine schnelle Infektion des gesunden Holzes mit sich bringen können. Die ordentliche Ausführung der Dachhaut ge währleistet die Trockenheit des Dachstuhles. Die Art der Ausführung wird nach dem Alter des Baudenkmales eine verschiedene sein müssen. In zahlreichen Fällen wird der Denkmalpfleger auf der Beibehaltung der alten Schindeldeckung bestehen, gewiß aber dann, wenn es sich um komplizierte Dachformen handelt, für die sich eine andere Deckung kaum eignet. Eternitschin deln in dunklen Nuancen sind eine Ersatzdekkung für Schindeln in solchen Fällen, in denen es sich um verhältnismäßig ebene Flächen han delt. Die traditionellen Materialien, wie Stein platten, Taschenziegel, Biberschwänze, Mönch und Nonne, Kupferblech, müssen mit Bedacht 1
nach der Art des Baudenkmales gewählt wer den, wobei getrachtet werden soll, die über-^ lieferte Erscheinung zu bewahren. Sehr oft wird die Frage der Verblechungen erörtert. Die schönsten Dächer sind ohne Zweifel jene, welche ohne Verblechungen auskommen. Sowohl mit Schindeln wie mit Ziegeln lassen sich Ichsen auslegen, so daß auf sichtbare Ver blechungen verzichtet werden kann. Auch Saum bleche können störend wirken, so daß Hänge rinnen den Vorzug vor Saumrinnen verdienen. Firstziegel wirken besser als Firstverblechungen. Wo Feuermauern ursprünglich über Dach standen, sollen sie erhalten bleiben. Die Ab deckung erfolgte meist in Stein und ist so auch am schönsten. Bei gotischen Bauten stellt sich der Denkmal pfleger oft die Frage, wie Strebepfeiler und an dere architektonische Glieder abgedeckt werden sollen. Die einzig richtige Behandlung besteht tatsächlich in der Aufbringung von Steinplatten, die so verlegt werden müssen, daß die Fugen wasserundurchlässig sind. Auf die Ausbildung von entsprechenden Wassernasen wird in den meisten Fällen Rücksicht genommen werden müssen, weil ansonsten das Niederschlagswasser die Mauern entlang abwärts rinnt. Bei barocken Bauten ist oft zu erwägen, ob Gesimse und Fensterverdachungen verblecht werden sollen. Es kann dies für die Erhaltung der Architektur von Wichtigkeit sein, doch soll dies immer so zurückhaltend geschehen, daß die Verblechungen nicht allzusehr in Erscheinung treten. Kupferblech verdient hiebet den Vorzug wegen seiner langen Haltbarkeit, kann jedoch mitunter den Nachteil haben, daß durch das Niederschlagswasser erst recht Verfärbungen infolge der grünen Kupfersalze entstehen. Bei Verwendung von Kupferblech ist immer dar auf zu achten, daß dasselbe nirgends in unmit telbarer Berührung mit Eisenblech steht, weil durch das Niederschlagswasser elektrolytische Prozesse ausgelöst werden, welche zu einer bal digen Zerstörung des Eisenbleches führen. Vor Anbringung eines Verputzes ist jeweils die Frage nach der Gesundheit des Mauerwerkes zu klären. Aufsteigende humöse Gewässer näh ren die nitriflzierenden Bakterien und verseu chen das Mauerwerk, so daß die bloße Erneue rung des Putzes zwecklos erscheint und der Erfolg der Restaurierung eines Baudenkmales in. Frage gestellt wird. Manche Kirchenrestau rierung ist an diesem Problem schon geschei tert. Die Bekämpfung der Bodenfeuchtigkeit und ihrer Auswirkungen gehört zu den schwie rigsten Problemen. Nicht immer ist eine hori zontale Isolierung mit Metallfolien möglich. In vielen Fällen wird es sich darum handeln, durch entsprechende Rigole die Feuchtigkeit von den Grundmauern abzuhalten oder den Grund wasserspiegel zu senken. Manchmal ist schon ein Erfolg davon zu erwarten, wenn an Stelle des humösen Erdreiches steriles Material an die Fundamente gebracht wird. Durch strömende Luft kann mitunter die Verdunstungsgrenze des aufsteigenden Wassers herabgesenkt werden. Wenn eine elektrische Spannungsdifferenz fest zustellen ist, welche das Aufsteigen der Grund feuchtigkeit befördert, kann auch versucht wer den, mit dem sogenannten Ernst'schen System Abhilfe zu schaffen, welches mittels eines Kup ferdrahtes die Spannungsdifferenz ausgleicht und so das Aufsteigen der Feuchtigkeit erfolg reich bekämpft. Voraussetzung für die Anwen dung dieses Systems ist, daß tatsächlich eine elektrische Spannungsdifferenz vorhanden ist und festgestellt werden kann. Wo dies nicht der Fall ist, kann kein Erfolg erwartet werden. Arthesische Wirkungen sowie das Gesetz der Kommunikation können auf diese Weise nicht paralysiert werden. Oftmals hat der Denkmalpfleger schon die Feststellung gemacht, daß es nicht so sehr das reine Wasser ist, welches die Zerstörungen im Mauerwerk und Putz hervorruft als vielmehr eben die Verseuchung mit nitriflzierenden Bak terien. Wenn dieselbe ausgeschaltet werden kann, tritt häufig eine Besserung ein. Es ist hie bet nicht nur die Aufgabe, den neuen, Zustrom nitriflzierender Bakterien zu verhindern, son dern auch die Mauer, welche mit Bakterien voll kommen infiltriert ist, zu sterilisieren. Neben der Anwendung von Wärme kann dieser Zweck auch durch Injektionen erreicht werden. Die vorsichtige Verwendung der Lötlampe ist ein einfaches Mittel, durch welche eine Sterilisie rung freilich nur bis zu einer gewissen Tiefe erreicht wird. Mit infraroten Wärmestrahlen kann eine weitgehende Sterilisierung des Mauer werkes erzielt werden. Injektionen mit Kunst harzen zerstören wohl nicht vollkommen das Leben der Bakterien, wirken aber ohne Zweifel lebenshemmend für dieselben. Mit ähnlichen Verfahren kann auch weitgehend das Aufsteigen der Feuchtigkeit verhindert werden. Strömende Luft hinter einem eigenen Putzträger ist oft mals die einzige Ausflucht, um eine ordentliche Erscheinung der Oberfläche zu erreichen. Die Anwendung dieses Systems trägt vielfach auch zur wirklichen Gesundung des Mauerwerkes bei. Ohne Wert sind alle jene Systeme, welche ledig lich auf eine Absperrung der Oberfläche hin zielen. Hiedurch wird die Feuchtigkeit nur höher in den Mauern emporgetrieben, da es nicht zu einer Verdunstung kommen kann. Es sind daher alle Anstriche mit Teerpräparaten
und Kunstharzen abzulehnen, eine Versetzung des Putzmörtels mit wasserdichten Stoffen ver größert in solchen Fällen nur den Schaden. Dem Verputz können lebenshemmende Stoffe zu gesetzt werden, doch soll eine Atmung zugelas sen werden. Es wurde die Beobachtung gemacht, daß ein kleiner Anteil von Traß zum Weißkalk mörtel verwendet, bei Feuchtigkeit eine größere Dauerhaftigkeit des Putzes gewährleistet. Die Möglichkeit, einen durch einen Hohlraum isolierten Putzträger anzubringen, wird man vor allem bei Innenräumen wahrnehmen müs sen, wo andere Lösungen nicht gangbar er scheinen. Die richtige Durchführung solcher Ar beiten, sei es mit Trockenlegungsziegeln, Primanitplatten oder dergleichen, muß einem sorg fältig arbeitenden Fachmann überlassen wer den. Wo große Dauerhaftigkeit erreicht werden soll, muß von zu leichten Materialien, die verwesliche Bestandteile, wie Holz oder Teerpappe enthalten, abgeraten werden. Besondere Probleme sind mit der Frage der richtigen Herstellung eines Außenputzes ver bunden. Jedes Zeitalter hat andere Verputze an gefertigt. Staunend betrachtet der Denkmal pfleger häufig die Haltbarkeit alter Putze, die von den modernen Materialien keineswegs übertroffen werden. Es kann hier nicht auf die verschiedene Zusammensetzung der einzelnen Putze in den verschiedenen Zeitaltern näher eingegangen werden. In der Zeit der Gotik fin den wir häufig einschichtige Putze von größter Haltbarkeit, welche mit der Kelle geworfen und der Kellenkante abgezogen wurden. Die Zusam mensetzung des Mörtels ist hiebet von größter Wichtigkeit. Die Verwendung eines sterilen Flußsandes mit entsprechendem Kornaufbau, die richtige Aufbereitung des Mörtels kann die Haltbarkeit eines solchen Verputzes für Jahr hunderte gewährleisten. Die Putze der Renais sancezeit sind vielfach feiner und glatter ge arbeitet, wobei der Kellenfläche größerer Anteil an der Ausführung als der Kellenkante zu kommt. In der Barockzeit sind es vor allem die sehr eingehenden Vorschriften der Archi tekturlehren Vitruvs und Palladios, welche eine neue sorgfältige Ausführung des Putzes ge währleisteten. Die Putze sind nun meist drei schichtig, wobei die oberste Schichte mit einem Stahlgerät vollkommen geglättet worden ist. Bei besonders kostbaren Bauten wurde in der Oberschicht manchmal auch Marmormehl ver wendet, um eine besondere Glätte und trans parente Oberfläche zu erreichen. Die Bei mischung organischer Bestandteile ist vielfach nachzuweisen, wodurch der Mörtel eine größere Härte und Dichtigkeit bekam. Bei volkstüm lichen Bauten wurde in der Barockzeit manch mal die Methode eines durchgefärbten Putzes in Anwendung gebracht, wobei durch die Mitver-, Wendung kleiner bis 8 mm großer Rieselsteine eine „Panzerung" vorgenommen wurde, welche den Putzen eine oft mehr hundertjährige Halt barkeit gab. Diese Rieselputze der Barockzeit sind ästhetisch weitaus ansprechender als die meist falsch zusammengesetzten Rieselputze des 19. und 20. Jahrhunderts, welchen der richtige Kornaufbau in der Zusammensetzung fehlt. Die Verwendung von Brett und Hobel bei der An fertigung des Putzes ist verhältnismäßig alt, kam aber in unseren Gegenden wohl erst spät zur Anwendung. Immer lohnt sich ein genaues Studium des ursprünglichen Putzes, der für das Bauwerk am angemessensten erscheint. Die Frage, wann ein Bauwerk gänzlich ohne Putz bleiben kann, muß sehr genau studiert wer den. Es ist wohl selbstverständlich, daß Bau werke mit genauem Fugenschnitt wie etwa die Marmorquadern des Domes von Gurk ursprüng lich ohne Verputz gewesen sind. In einzelnen Fällen gibt es auch Bruchsteinmauerwerk der Gotik, welches wohl bestimmt war, verputzt zu werden, niemals aber den Putz bekommen hat. Manchmal ist solches Bruchsteinmauerwerk aus kleinen Steinen so kunstvoll zusammengefügt, daß der Verputz wegbleiben kann. In den aller meisten Fällen aber, in welchen Bruchstein mauerwerk vorliegt, war der Verputz vor gesehen, um die Oberfläche zu schützen und eine einheitliche Wirkung hervorzubringen. Behauene Eckquadern waren bisweilen davon ausgenommen, verputzt zu werden, wobei aber der anschließende Putz völlig bündig mit den bearbeiteten Steinflächen lag. Freilich dürf ten auch solche Steinteile ursprünglich eine Schlämme aufgewiesen haben. Bei der Anferti gung des Putzes sind Stufen gegenüber den Steinflächen zu vermeiden. Verbrämungen zwi schen den einzelnen Quadern sind im allgemei nen streng verpönt. Gewöhnlich wurden die Fugen bündig mit der Steinfläche durch den Mörtel geschlossen. Nur bei sehr präzisem Fugenschnitt kann unter Umständen die Fuge vertieft liegen. In einzelnen Fällen des 12. Jahr hunderts, bei nicht genauem Fugenschnitt, wur den auch schräge Fugungen festgestellt. In Zweifelsfällen wird man trachten, eine mög lichst schlichte und unauffällige Form zu finden, bei der jede allzu betonte Erscheinung vermie den wird. Ein gut gepflegter Alterszustand wird immer den Vorzug vor jeder noch so geschicht lich treuen Wiederholung eines verlorengegan genen ursprünglichen Zustandes verdienen. Es bedarf genauer Überlegung, ob es ästhetisch tragbar ist, etwa einem spätromanischen Ge bäude, wie der Stiftskirche" in Lilienfeld, die
Ursprünglich wohl vorhanden gewesene durch gefärbte rote Putzschichte mit weißen, auf gemalten Fugen wiederherzustellen. Völlig ab zulehnen ist auch die heute vielfach forcierte Art, regelloses Bruchsteinmauerwerk freizu legen und die Erscheinung des Mauerwerkes zu skelettieren, indem die Fugen tief verlegt werden. Oftmals taucht die Frage auf, ob der Putz naturfarben bleiben oder eine Färbelung er fahren soll. Manche Putze der Vergangenheit waren niemals dazu bestimmt, gefärbelt zu wer den. Manche wurden sofort nach ihrer Anfer tigung freskogetüncht oder geglättet, wodurch sich eine besondere Haltbarkeit ergab. Immer wird diese Frage daher nach den gegebenen Verhältnissen zu lösen sein. Schwieriger als die Frage der Neuanfertigung eines Putzes ist jedoch die Behandlung der Maueroberfläche, wenn der Putz halbwegs gut erhalten ist. Die oft notwendige Anfertigung von Mörtelplomben erfordert große Geschick lichkeit des Baumeisters. Vor allem müssen diese Plomben vollkommen abgebunden sein, bevor an eine weitere Oberflächenbehandlung geschritten werden kann, da ansonsten die bei den Alterszustände des Mörtels nach außen hin verschieden in Erscheinung treten können. Die über alten Putz angebrachten „Riebe" sind meist von geringer Haltbarkeit, auch wenn der Unter grund „angespitzt" wird. Auch das sogenannte „Überradeln" alter Putze mit einer Patschocke gewährleistet nicht eine dauernde Haltbarkeit, ebensowenig wie das bloße Übertünchen. Wo bei mittelalterlichen Bauwerken alte Putze wirklich gesund, aber nur verschmutzt oder durch vegetabilen Bewuchs unansehnlich geworden sind, wird es sich empfehlen mit einer bloßen Reini gung und Sterilisierung vorzugehen, wobei eine leichte Behandlung mit Kalktünchen die Ober fläche schließen und härten kann. Der Alters zustand eines gesunden Putzes ist wohl für manche Laien nicht sehr ansehnlich, doch stellt sich ein solcher Alterszustand in exponierten Lagen bereits nach wenigen Jahren wieder ein. Die Gesundheit der Oberfläche ist daher wich tiger als ein vorübergehender sauberer Eindruck. In jüngster Zeit wird wieder versucht, durch silikathältige Mittel den Putzen und Tönungen eine größere Haltbarkeit zu geben. Leider fehlt noch die Bewährung durch einen längeren Zeit raum. Wo es sich um einen gesunden Putz han delt, können solche Besprühungen der Ober fläche tatsächlich nützlich sein, weil sie die Feuchtigkeit von außen abhalten. Wo jedoch eine Erkrankung des Mauerwerkes oder des Putzes vorliegt, wird von solchen Mitteln kein Nutzen zu erwarten sein, die Absperrung der von innen kommenden Schadensursache kann nur weitgehende Zerstörungen mit sich bringen. Eine oft diskutierte Frage bildet die Behand lung der Steinteile. Das Nacharbeiten derselben bringt eine völlig veränderte Wirkung der Ober fläche mit sich. Die ursprüngliche Oberfläche er scheint als ein wichtiges Element der künstle rischen Erscheinung. Wenn die Quadern des 12. und 13. Jahrhunderts mit der „Fläche" (Pille) behandelt wurden, so wurde ihnen eine Erschei nung,' eine Handschrift gegeben, die nicht zer stört werden soll. Jedes Zeitalter hat eine an dere Art, die Steinoberfläche zu behandeln. Das Abstecken der Stein teile vernichtet die ursprüng liche Wirkung vollkommen und sollte daher unbedingt vermieden werden. Es ist gewiß eine Aufgabe der Denkmalpflege, den Handwerker dahin zu erziehen, daß er die Oberfläche des Materials schont und nur reinigt, wenn dies möglich erscheint. Die Anwendung von mechani schen Abarbeitungsmethoden ist verpönt, so lange die konservative Behandlung durch Reini gung möglich ist. Je nach der Bedeutung des Baudenkmales kann auch eine gewisse Alters erscheinung der Steinteile zugelassen werden. Bei stark verwitterten Steinteilen wird eine Auswechslung einzelner Quadern in Erwägung gezogen werden dürfen, wobei tunlichst von einer völligen Erneuerung der Oberfläche Ab stand zu nehmen ist. Wenn bei den derzeit im Gange befindlichen Restaurierungsarbeiten am Turm der Stephanskirche einzelne Teile der Oberfläche völlig erneuert werden, findet dies seine Rechtfertigung darin, daß es sich um schwerst zugängliche Stellen handelt, deren Behandlimg erst nach Generationen wieder in Frage käme. Die oft behandelte Frage, ob Ausbesserungen in Stein nur durch Vierungen vorgenommen werden dürfen, oder ob auch Verkittungen mit künstlichem Material erlaubt sind, ist nur nach Prüfung des einzelnen Falles zu beantworten. Größere Auswechslungen können jedenfalls nur in Steinmaterial vorgenommen werden. Verkit tungen sind dann nützlich, wenn auf diese Weise ein wertvolles altes Profil erhalten bleiben kann. Solche Verkittungen sollen nur sparsam vorgenommen werden und keinesfalls den Stein völlig überziehen. Jedenfalls eignen sich hiezu nicht die sogenannten Magnesiazemente, welche entweder einer raschen Verwitterung entgegen gehen oder Verfärbungen mitmachen, so daß sie unangenehm auffallen. Auch sollen die Plomben nicht härter als das Material selbst sein. Die Verwendung eines entsprechenden Steinmate rials als Zuschlagstoff und eine gewisse Angleichung in der Farbe werden Steinverkittungen, welche manchmal unumgänglich notwendig sind.
unauffällig machen. Die Behandlung des künst lerischen Schmuckes aus Stein oder Stuck ist einem geschulten Restaurator zu überlassen, der neben handwerklicher Ausbildung auf eine ent sprechende denkmalpflegerische Erfahrung hin weisen kann. Wenn bei den baulichen Instandsetzungsarbei ten die technische Seite überwiegt, so ist dieselbe bei der Instandsetzung des Innenraumes keines wegs zu vernachlässigen. Die Gesunderhaltung der Materie wird auch hier vor jeder ästhe tischen Aufgabe zu beachten sein. Von allfällig notwendigen Trockenlegungsarbeiten im Inneren war schon im Zusammenhang mit der Trocken legung des Mauerwerkes die Rede. Manchmal zeigen sich im Inneren an den Wänden feuchte Flecken, die durch Niederschlagswasser hervor gerufen wurden, das etwa durch die Strebe pfeiler eindringt. Bevor an die Ausmalung des Innenraumes geschritten wird, müssen solche Schadensquellen immer ausgeschaltet werden. Manchmal lagert der Bodenbelag einer Kirche so unmittelbar auf Humus, daß eine ständige Durchfeuchtung festzustellen ist und alle Holz teile an ihren auflagernden Flächen einer bal digen Vermoderung entgegengehen. In solchen Fällen erscheint es unerläßlich, daß der Fuß bodenbelag abgenommen und steril verlegt wird. Auch können Holzgegenstände wie Bänke und Altäre unter Verwendung von Folien so auf gestellt werden, daß Bodenfeuchtigkeit nicht aufsteigen kann. Vielfach wird die Beobachtung gemacht, daß an den Kunstwerken der Kirche große Schäden dadurch entstehen, daß sie gegen Feuchtigkeit nicht genügend abgesichert sind, wenn mit der Restaurierxmg begonnen wird. Vor jeder Tönung des Innenraumes sollen daher alle beweglichen Kunstgegenstände, soweit sie entfernt werden können, aus der Kirche gebracht, soweit dies nicht möglich ist, durch eine Abdeckung ge schützt werden. Jeder Innenrestaurierung soll eine genaue Untersuchung des ursprünglichen Zustandes vorausgehen. Fs zeigt sich, daß die Wahl der ursprünglichen Farbgebung und Oberflächen erscheinung meist den Vorzug vor jeder anderen Behandlung verdient. Vor allem wird aus einer solchen Untersuchung klar, wie der Erbauer der Kirche sich die Erscheinung gedacht hat, oder wie diese im Laufe der Jahrhunderte sich ent wickelt hat. Wo Polychromierungen und Wand gemälde zu vermuten sind, ist besonders vor sichtig vorzugehen. Leider kann eine solche Untersuchung meist erst dann einsetzen, wenn die Gerüste stehen. Fr erscheint darum ratsam, sich erst nach Aufstellung der Gerüste von der ursprünglichen Erscheinung zu überzeugen und keine voreiligen Beschlüsse zu fassen, die später nur schwer abzuändern sind. Dem Denkmal pfleger ist es bewußt, daß diese Auffassung mit unter schwer durchzusetzen ist, weil ja genaue Kostenvoranschläge vor Beginn jeder Arbeit vorliegen sollen. Bei geschickter Lenkung wer den die Restaurierungsprogramme so auszu arbeiten sein, daß sie elastisch den Gegeben heiten angepaßt werden können. Bei mittelalterlichen Baudenkmalen ist oft die Frage zu beantworten, ob die Steinteile, wie Rippen, Schlußsteine, Konsolen etc. freizulegen sind oder nicht. Tatsache ist, daß im Mittelalter die meisten Steinteile entweder bemalt oder geschlämmt gewesen sind. Diese Oberflächen behandlung war jedoch so dünn, daß der Stein charakter dadurch niemals verwischt wurde. Die zarte Bemalung der Steinteile hat im Ge genteil dem Innenraum jene harmonische Wir kung gegeben, die wir bei den Restaurierungen des vorigen Jahrhunderts meist vermissen. Das 19. Jahrhundert pflegte entweder die Steinteile in einer allzu romantischen Weise nach einem beliebigen Vorbild vom Rhein oder aus Frank reich zu bemalen oder in etwas rationalistischer Weise die Steinteile vollkommen freizulegen bzw. abzustecken, in der Meinung, daß die Materialgerechtigkeit die einzige richtige ästhe tische Lösung wäre. Der richtige Weg liegt wohl darin, Steinteile von allen späteren Übertün chungen zu befreien und einen alten Zustand der Bemalung sorgfältig freizulegen, soweit ein solcher vorhanden ist. In einzelnen Fällen hat es sich auch als dankbar erwiesen, wenn der älteste Zustand nicht mehr wiederhergestellt werden konnte — einen Zustand aus dem 16. oder 17. Jahrhundert beizubehalten bzw. wie derherzustellen. Die Freilegung eines solchen historischen Bestandes verdient jedenfalls den Vorzug vor einer neuzeitlichen und willkür lichen Gestaltung. Bei Heranziehung entspre chender Kräfte kann eine solche Freilegung mitunter durchaus wirtschaftlich sein. Sie kommt jedenfalls billiger als die steinmetzmäßige Über arbeitung, wodurch die ursprüngliche Oberfläche verlorengeht. Es ist immer ein unleidliches Kompromiß, wenn aus Mangel an Geldmitteln auf die Entfernung dicker Tünchekrusten aus späterer Zeit verzichtet werden soll. Bei der üntersuchung des Bauwerkes im Inneren soll immer getrachtet werden festzu stellen, in welcher Reihenfolge die einzelnen Zustände aufeinander gefolgt sind und wie zu den verschiedenen Zeiten die Kirche ausgesehen hat. Es ist dies nicht nur für die Lokalgeschichte von Bedeutung, sondern gibt oft interessanten Aufschluß über den Geschmack der einzelnen Generationen. Die üntersuchung soll sich nicht
nur auf die Steinteile, sondern auch auf die Mauerflächen und Gewölbe erstrecken, wobei mitunter recht aufschlußreiche Details gefunden werden. In gotischen Kirchen ist der Putz an den Wänden und an den Gewölben meist gleichfärbig, in einem gebrochenen Weiß, ursprünglich wohl nicht bemalt, sondern mit der Kelle ge glättet. Manchmal hat der Putz einen feinen ins rotbraune getönten Anhauch. An den Steinteilen kommen die verschiedensten Polychromierungen vor, die Quadernteilung ist mitunter durch lichte aufgemalte, mitunter durch rötliche oder graue Fugen betont, die einzelnen Quadern können insbesondere in der Nähe der Schlußsteine far big bemalt sein, mitunter kommt eine Art Marmorierung vor, bei frühen gotischen Bau werken findet man auch eine gewisse farbige Schattierung, welche die Profile in ihrer pla stischen Wirkung verstärken soll. Gegen das 15. Jahrhundert werden die Farben meist lichter oder es findet sich auf den Steinen nur eine Glätte von beinfarbener Wirkung. Wo die alten Zustände nicht gut erhalten sind, ist es erlaubt, die ursprüngliche Farberscheinung neuerlich herzustellen. Häufig liegt eine rote Bemalung der Rippen vor, welche den Anschein erwecken soll, als ob es sich um Rippen aus Ton handle, ein Material, das ja in der gotischen Baukunst auch in unseren Gegenden mitunter anzutreffen ist. Solche Polychromierungen wirken natürlich und ansprechend, wenn sie Original sind; bei einer Erneuerung muß immer getrachtet werden, eine möglichst harmonische, milde Erscheinung hervorzubringen. Im 16. Jahrhundert findet man mitunter eine Schwarzfärbung der Rippen, ein Zustand, der wohl eine überaus dekorative Wirkung des Innenraumes hervorrufen kann, eine Lösung, zu der sich jedoch nicht jede Kir chengemeinde gerne entschließen wird. In solchen Fällen wird der Denkmalpfleger zu überprüfen haben, ob nicht eine allgemeinere Lösung den Vorzug vor einer zu stai'k individuellen verdient. Das Problem der farbigen Gestaltung des Innenraumes sollte jedenfalls von einem Fach mann geprüft und nicht dem Handwerker an heimgestellt werden. Der Denkmalpfleger wird immer einen Freskenrestaurator zu Rate ziehen, welcher auch den Innenraum der Kirche auf das Vorhandensein von Wandgemälden zu unter suchen hat. Gotische Räume kommen am besten in ihrer ursprünglichen Polychromierung zur Geltung. Schwieriger zu beantworten ist die Frage, wie barocke Innenräume farbig zu behandeln sind. Es ist eine Tatsache, daß viele Räume des 17. Jahrhunderts ursprünglich ohne Farbe ge wesen sind, sei es, daß die Oberfläche geglättet und wie der Stuck behandelt war, sei es, daß darüber eine einheitliche Tönung in gebroche nem Weiß lag. In letzter Zeit konnte für mehrere Räume aus dem 17. Jahrhundert nachgewiesen werden, daß über der ganzen Oberfläche der Wand, des Stuckes und der Gewölbe ein gebro chenes Weiß in einem silbergrauen Ton lag. In derartigen Räumen wirkt mitunter nur die starke Farbigkeit der Altäre oder allenfalls vor handener Fresken. Es ist nicht immer leicht, die Angehörigen der Pfarrgemeinden zu überzeugen, daß eine solche schlichte Behandlung des Innen raumes eine monumentale Wirkung hervorruft. Freilich gibt es daneben im 17. Jahrhundert auch schon Räume, die eine farbige Behandlung zeigen. Mit dem Beginn des Hochbarocks schei den sich die Wege in der farbigen Auffassung. Die verfeinerte Richtung insbesondere in Wien verlangte weiterhin eine einheitliche geglättete Oberfläche in einem zarten Stuckton, während der ländliche Geschmack eine durchaus farbige Behandlung liebte. Schließlich obsiegte die far bige Behandlung, welche auch von allen Anfang an von Jakob Prandtauer bevorzugt worden war. Die Verwendung von Kunstmarmor sowie starke Farbtönungen in rötlichen und gelben Tönen ist für diese Geschmacksrichtung kennzeichnend. Die Rokokozeit brachte dann wieder eine neue Verfeinerung, wobei die Verwendung komple mentärer zarter Farben bevorzugt wurde. Die Aufgabe der Farbe besteht nun nicht sosehr darin, den einzelnen Baugliedern ein Lokal kolorit zu geben, sondern dem Luftraum far bigen Duft zu verleihen, ob dies nun in der konkreten Art geschah, die von Bayern kom mend eine farbige Behandlung der Stukkaturen verlangte, oder in der höfischen pastoralen Art, die dem österreichischen Geschmack entsprach. In allen Fällen tut man gut, bei der Restau rierung den ursprünglichen Zustand zu erfor schen und eine Tönung wiederherzustellen, welche der ursprünglichen möglichst gleich kommt. Die oft erörterte Frage, ob Leimfarben oder Kalkfarben verwendet werden sollen, kann nur dahin beantwortet werden, daß Kalkfarben jedenfalls vor Leimfarben wegen der Haltbar keit und Schönheit den Vorzug verdienen, wenn auch Leimfarbe bei späteren Restaurierungen leichter zu entfernen ist. Die Abnahme von Ubertünchungen an kost baren Stukkaturen ist eine Aufgabe, welche dem Maler nicht zugemutet werden kann und somit als eine Aufgabe des Restaurators (Bildhauers) erscheint. Daß bei der Abnahme der Ubertün chungen das Original unverletzt bleiben muß, ist wohl eine Selbstverständlichkeit. Farbig richtig behandelte Innenräume wirken künstlerisch meist so überzeugend, daß sich jede
Diskussion über andere Möglichkeiten erübrigt. Die Barockzeit ist in unserem Volke noch so lebendig, daß die richtige Farbgebung auch die entsprechende Stimmung im Beschauer hervor ruft. Es sind gewiß nur Ausnahmefälle, in denen die originale Behandlung des Innenraumes uns nicht als wohltätig erscheint. Das gleiche gilt aber auch von der gesamten Ausstattung der Kirchenräume. Marmorierung und Behandlung der Altäre ist meist dann ästhetisch am meisten befriedigend, wenn der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt wird. Es ist ein oft gemachter Fehler, daß die schwie rige Aufgabe der Marmorierung Kräften über tragen wird, welche dieser Aufgabe nicht ge wachsen sind. In vielen Fällen wurde mit der Freilegung des ursprünglichen Bestandes bei geringsten Kosten der beste Erfolg erzielt. Es müßten vielmehr Kräfte dafür geschult werden, solche Freilegungsarbeiten mit Ausbesserung der Fehlstellen sachgemäß durchzuführen. Originale Farbgebung der Einrichtungsgegen stände wird meist nur dann Schwierigkeiten für die Wirkung des Gesamtraumes bieten, wenn dieselben aus anderen Kirchen übertragen wor den sind. Es gibt einzelne Fälle, wo nach den Klosteraufhebungen unter Kaiser Josef die verschiedensten Einrichtungsgegenstände in einen Kirchenraum gebracht worden sind und nun so behandelt werden müssen, daß keine störenden Kontraste entstehen. Doch muß das Vorhandensein verschiedener Farbkompositionen in einem Raum nicht immer störend wirken. Eine weitere oft erörterte Frage geht dahin, ob und inwieweit bei Kirchenrestaurierungen dem Innenraum und seinen Einriclitungsgegenständen eine neuwertige Oberflächenwirkung gegeben werden soll und kann. Insbesondere bei den Vergoldungen wird häufig von den Pfarr angehörigen die Erwartung ausgesprochen, daß alles geschlossen und neu aussehen soll. Hiebei wird vergessen, daß damit die Gesamtwirkung schwer beeinträchtigt wird. Auch wirtschaftlich bedeutet eine solche völlig neue Vergoldung, wo sie nicht notwendig ist, eine schwere Einbuße für die Pfarrgemeinde. Mit dem roten Bolus, der für die barocke Vergoldung meist verwen det wurde, war ja die Absicht verbunden, dem Gold mehr Feuer zu geben und bei der zeitlich bedingten Abnützung die Plastik des Kunstwer kes zu steigern. Das alte Gold ist auch meist stärker und schöner als die neuen Goldsorten. Eine pflegliche Behandlung alter Vergoldungen verdient daher immer den Vorzug vor einer geschlossenen Neuvergoldung. Ein wichtiger Gesichtspunkt bei allen diesen Fragen ist, daß die Gesamtwirkung eines Innenraumes auf ein gewisses einheitliches Niveau gebracht werden muß. Es ist völlig falsch, etwa bei Vergoldungen einen neuwertigen Zustand hervorrufen zu wol len, während Ölgemälde und Deckengemälde durch den Alterungsprozeß verdunkelt bzw. in ihrem künstlerischen Bestand reduziert sind. Zu den schwierigsten Fragen der Kirchen restaurierung gehört die Behandlung des figuralen Schmuckes. Es gilt wohl als selbstver ständlich, daß gotische Plastiken nur einem geschulten Restaurator zur Behandlung über lassen werden dürfen. Meist ist man sich aber nicht bewußt, daß auch die Fassung barocker Figuren künstlerisch von höchster Bedeutung ist. Es wäre der Wunsch aller Denkmalpfleger, daß sich möglichst viele gewerbliche Kräfte finden, weldie in der Konservierung bzw. Freilegung der ursprünglichen barocken Fassung von Figu ren bewandert sind. Es ist mit Bedauern fest zustellen, daß bei Neufassung solcher Figuren sehr häufig unpassende Farben und eine fremd artige Oberflächenerscheinung Verwendung fin den. Wenn dies noch in der Weise erfolgt, daß ursprüngliche Fassungen mit ihrer Übermalung gänzlich entfernt werden, so liegt tatsächlich die Zerstörung eines künstlerischen Wertes vor. Die Entscheidung, wie Plastiken zu behandeln sind, kann daher nur im Einvernehmen mit dem Denkmalpfleger erfolgen, welcher auch auf die Wahl der geeigneten Fachleute drängen wird. Dasselbe trifft für die Behandlung alter Ge mälde in den Kirchen zu, ob es sich nun um Ölgemälde oder Fresken handelt. Besonders am Herzen liegt dem Denkmal pfleger die Erhaltung der Örgeln als alten Klangdenkmalen, welche in ihrer Unberührtheit von größter Kostbarkeit sind, wenn sie auch nicht immer so geschätzt werden, wie sie es verdienen. Niemals sollten wegen eines Wun sches, der vielleicht aus dem jeweiligen Zeit geschmack geboren ist, Veränderungen vorge nommen werden, welche dem Klangdenkmal seinen Charakter nehmen. Sorgfältige Pflege kann die Instrumente durch Jahrhunderte be wahren. öptisches und Akustisches bildet eine für jedes Zeitalter genau bestimmte harmonische Einheit. Jede eigenwillige Veränderung muß diese Einheit zerstören, wodurch unersetzliche ideelle und auch materielle Werte verloren gehen. Die Werke der Vergangenheit sind jeder Ge neration zur treuhändigen Verwaltung anver traut, man wird es unserer Generation zu dan ken wissen, wenn wir das anvertraute Gut unversehrt der Zukunft hinterlassen; wir wür den aber als schlechte Hausväter betrachtet werden, wenn die künftigen Generationen den Verlust kostbarer Schätze beklagen müßte.
Dr. Leonhard Küppers (Düsseldorf) Um den Wiederaufbau zerstörter Kirchen in Deutschland Dazu die Abb. 22, 23, 24 und S. 9 Der Zweite Weltkrieg hat sehr viele Kirchen zerstört, solche, die als echte Kunstwerke ihre Bedeutung hatten, und solche, die als Pseudokunstwerke in imitierter Romanik oder Gotik oder in einem falschen Barock existierten. Das führte im Zusammenhang mit den Wieder- , aufbauplänen zu grundsätzlichen Fragen. Wer vom Wesen der Kirche als dem in der Konsekra tion geheiligten Bau, als dem „Göttlichen unter uns" nichts versteht, mußte zur Forderung kommen: „Erst einmal Wohnungen, danach die Kirche!" Wer etwas davon versteht und zu allem weiß, daß der Mensch jenseits von Christus, jen seits also auch von der Kirche (die Christus ist), ein ergänzungsbedürftiger Torso bleibt, weiß auch, daß die Forderung heißen muß „beides — Wohnungen und Kirche", nicht aber „ent weder Wohnungen oder Kirche!" Eine weitere grundsätzliche Frage war gleich zu Anfang diese: sollen die zerstörten Kirchen früherer echter Stile, genau wieder so aufgebaut werden, wie sie waren oder ist es angängig, sie im „Stile unserer Zeit" wieder aufzubauen?" Und endlich: „Was soll mit jenen Kirchengebäuden geschehen, die aus der bloßen Anleihe bei anderen echten Stilen entstanden, den Romanismen, Gotizismen etc.? Sollen sie, wo sie nur zum Teil zerstört sind, restlos zerstört werden und einem Bau in ,zeitgemäßen StiT Platz machen?" Die Fragen haben zu sehr entgegengesetzten Antworten ge führt. Man hat sich im deutschen Raum, sofern es sich um den Wiederaufbau zerstörter alter Kirchen handelt, im allgemeinen dahin entschie den, den ursprünglichen Stil als Forderung zu betrachten, sofern die Zerstörung nicht wesent lich unter 50 Prozent liegt. Vor allem im rhei nischen und wiederum speziell im Kölner Raum hat man so verfahren. Damit allerdings wurde das Problem noch nicht restlos gelöst. Es blieb die weitere Frage, ob der ergänzende Wieder aufbau in einem solchen Falle in blinder Imi tation zu erfolgen hätte. Wer in Köln St. Apo steln oder Groß-Sankt-Martin ansieht, muß mit Genugtuung feststellen, daß hier keineswegs blinde Imitation des ehemaligen und alten der Romanik erfolgte, etwa in der Wiederaufnahme der Zwerggalerien, daß vielmehr die Grundform der Architektur und der Galerien bestehen blieb, daß aber dennoch die „Sprache unserer Zeit — die Einfachheit" zu ihrem Eigenrecht gekommen ist. St. Aposteln in Köln ist dabei unter der Leitung von Prof. Dr. Weyres geradezu zu einem Muster beispiel geworden, auch bezüglich der Innen gestaltung des Dreikonchenchores. Hier aller dings war die Aufgabe bei weitem nicht so schwierig wie in anderen Fällen, wie etwa bei der wiederaufzubauenden St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin, einem Rundbau im klassizisti schen Barock aus der Zeit Friedrichs des Großen, der der Grundforderung unserer Zeit nach dem echten „liturgischen Raum" sehr viel weniger zu entsprechen vermag. Prof. Dr. Hans Schwippert, der Direktor der Düsseldorfer Kunstakademie, hat für die St-Hedwigs-Basilika in Berlin wahrhaftig eine schwere Aufgabe übernommen, zumal diese Kirche zugleich Kathedral- und Pfarrkirche sein soll. Es standen nach der Zer störung lediglich die Umfassungsmauern. Die Kuppel wurde nach dem gleichen System wie bei St. Stephan in Karlsruhe als betongegossene Rippenkuppel erneuert, allerdings ohne die frü her vorhandene, nicht aus der Zeit stammende störende Laterne. So fand Schwippert den Bau vor, als die ersten Verhandlungen mit dem Ber liner Bischof und dem Domkapitel begannen. Sie bezogen sich also in der Hauptsache auf die Ge staltung des Innenraumes. Nach vielen Über legungen und Experimenten steht heute fest, daß 1. die angebaute runde frühere Sakra mentskapelle in Zukunft als Sakristei dienen soll, 2. daß der bisherige Zugang zu ihr von der Kathedrale her durch die Koncha zum Ort für die bischöfliche Kathedrale bestimmt ist, daß 3. durch ein Aufbrechen der Mitte des Bodens innerhalb der Kathedrale eine Verbindung ge schaffen wird zur ausgedehnten runden Krypta. Problematisch vor allem wurde die Aufstellung des Altares. Die nunmehr endgültige Lösung wird so sein, daß zwei übereinanderstehende Altäre angebracht werden, derartig, daß der untere Altar in der Krypta, der zugleich der Sakramentsaltar ist, in einem oberen Altar im Bereich einer „heiligen Insel" seine Fortsetzung erfährt. Für den Bischof und seine Begleitung besteht so die Möglichkeit, vom aufgebrochenen Rund her auf feierlicher Treppe zur Oberkirche emporzusteigen. Anderseits wiederum ist er reicht, daß die Krypta, bisher lediglich als Be gräbnisstätte fungierend, zur eigenen Pfarr kirche gemacht ist, zu der wiederum eigene Ein8
Phofo: Berger k k Zi,ä St. Wolfgang, Kirche Detail des Deckenfreskos vor der Restaurierung Photo: Berger St. Wolfgang, Kirche Detail aus dem Deckenfresko im Chor, nach der Restaurierung
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f St. Paulus In Düsseldorf noch der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg iI ■i' ■ i I'' ■< ^ H ■■ ■> , ! , I * 'i ' •*''« 'i .Ü -i - ■ .liiM ...,- i St. Paulus in Düsseldorf: Wiederherstellung durch Prof. Dr. Hans Schwippert, Düsseldorf Phoio: Landesbildstelle Mittelrhein, Düsseldorf
Prof. Dr. Hans Schwippert, Düsseldorf: Grundriß der Kirche und Plan für den Chor von St. Hedwig in Berlin
gänge nahe dem Hauptportal der Kirche führen, und von der aus mühelos auch die heilige Hand lung am Altar in der Oberkirche verfolgt wer den kann. Erreicht ist somit auch, daß nicht nur die etwas langweilige klassistische Innenarchi tektur eine Auflockerung und größere Lebendig keit bekommt, sondern daß auch für die verhält nismäßig kleine Kirche mehr Raum gewonnen ist. Vor allem aber — und das war die entschei dende Aufgabe — St. Hedwig (Berlin) vermag, in solcher Weise restauriert, mehr als bisher an allen Forderungen der heiligen Liturgie zu ent sprechen. Diese Forderungen aber sind in un serer Zeit als die ersten zu hören und zu berück sichtigen. Sie sind berücksichtigt, wenn die Kirche zum Raum echter Begegnung wird, der Begegnung von Volk und Christus in der Mysterienfeier. Auch bezüglich der oben gestellten zweiten Frage, was mit den zerstörten Kirchen angelehn ten oder imitierten Stils zu geschehen hätte, hat Prof. Hans Schwippert durch einige Kirchen restaurierungen eine sehr befriedigende Ant wort gegeben. Sie heißt: es sind diese Kirchen ruinen nicht in jedem Falle völlig zu zer stören. Auch sie bieten noch gültige Ansätze zu einem Neubau. So hat Schwippert aus der zer störten gotizistischen Kirche St. Engelbert in Mühlheim an der Ruhr ein meines Erachtens ausgezeichnetes Gotteshaus unserer Zeit ge schaffen. Wenn da etwas vorschnell von einem „Gotteszelt" gesprochen wird, so glaube ich, dem Architekten mehr Ehre anzutun, wenn ich sage, daß er hier bestens verstanden hat, dem „Schwerelosen" selbst einer Pseudogotik mit seinen leichtschwebenden Formen konsequent zu entsprechen und so ein Werk wie aus einem Guß zu schaffen, in dem wieder der Altar auf einer „heiligen Insel" wichtigstes Stück ist, Ort des Treffens von Volk und Christus auf den Vater hin. Das gleiche wurde von Schwippert erreicht beim Wiederaufbau der pseudoroma nischen Kirche St. Paulus in Düsseldorf, deren basilikaler Charakter durch die stehengeblie benen Umfassungsmauern vorgegeben war, die aber nun viel mehr ist als eine peinliche Kopie, die in der Sauberkeit und Klarheit der Architektur als durchaus „modern" angespro chen werden kann. Es ließen sich die angeführten Beispiele noch um viele erweitern. Sie mögen genügen, um zu sagen, daß das Problem der wiederaufzubauen den Kirchen nicht nur ein architektonisches ist, sondern auch ein theologisches, ein litur gisches im letzten. Das ist nicht immer begrif fen worden, wie es ja auch bei den kirchlichen Neubauten von heute nicht immer begriffen ist. Fragen, wie sogenannte Wochentagskirche, fer ner das völlige Auflösen der Chorwand oder auch der Westwand in Glas und manches andere bedürften in diesem Zusammenhang der Er örterung. Grundsätzlich wird man im Zusam menhang mit dem ganzen Fragenkomplex „Kirchen heute" zu der Überzeugung kommen müssen, daß die Dinge nur in dem Maße richtig zu werden vermögen, als sie im Innern von Auftraggeber und Architekt — christlich ge sehen, liturgisch gesehen — richtig liegen. Bei dem, was dann wird, kann der Eindruck des Ungewohnten keinen Maßstab vermitteln. Un gewohnt waren Bauformen und Kunstwerke zu jeder Zeit, in der sie zum erstenmal auftraten.i Konservierung und Restaurierung alter Textilien Dr. Dora Heinz (Wien) Die Erhaltung und Restaurierung kostbarer alter Textilien, die trotz anderen Materiales und anderer Technik im Prinzipiellen die glei chen Probleme stellt, die bei jeder anderen Restaurierarbeit an Kunstgegenständen auftre ten, läßt sich in zwei grundlegend voneinander verschiedene Aufgaben gliedern: Einerseits in die Erhaltung des rein materiellen Bestandes und andererseits die Wiederherstellung des Kunstwerkes seiner Idee nach. Im ersten Fall — der reinen Konservierung — handelt es sich darum, den zur Zeit vorhandenen alten Bestand in vollem Umfang zu erhalten und vor weiterem Verfall zu schützen. Im zweiten Fall gilt es, das künstlerische Konzept, wie es dem Original zugrunde gelegt war, so gut als möglich sichtbar zu machen und daher alle Beschädigungen mög lichst unsichtbar und originalgetreu auszubes sern und zu ergänzen. Diese beiden Fragen sind daher im Folgenden getrennt zu behandeln. Bei der Konservierung des vorhandenen Be standes sind folgende vier Punkte vor allem zu berücksichtigen: Die Beseitigung alter Stopfstel len, die Reinigung, die Sicherung der Oberfläche und die Ausfüllung von Löchern. Unsachgemäß und oft erschreckend grob ausgeführte alte Flick- und Stopfstellen können ein Stück oft mehr entstellen. und seinem weiteren Bestand 10
abträglicher Sein als die tatsächlich Vorhandenen Schäden. Hier ist in früheren Zeiten oft schwer gesündigt worden: Uberstopfen von Löchern mit groben Fäden, Zusammenziehen von Fehlstellen, das unbedingt ein weiteres Ausreißen an den Rändern nach sich zieht. Einsetzen von in Ma terial und Farbe nicht dazupassenden Stücken, Befestigung auf zu starken und zu knapp be messenen Unterstoffen, die das Stück verziehen, Falten bilden und die Ränder brechen lassen, wie das .einfache Zusammennähen von Stoff falten und das Einschlagen und Umnähen von Rändern sind hier immer wieder zu finden. Alle derartigen Ausbesserungen müssen vor einer gründlichen Konservierung unbedingt entfernt werden, was oft fast ebenso schwierig und zeit raubend sein kann wie die nachfolgende eigent liche Konservierungsarbeit. Wesentlich für jede Erhaltung vor allem sehr alter Stoffe ist sodann eine gründliche Reini gung. Die Reinigung alter Gewebe, wie sie seit Jahren sowohl bei großen Restaurierungsarbei ten als auch fortlaufend an den Beständen der großen Museen durchgeführt wird, erweist sich immer deutlicher als unbedingt notwendig. Gerade aus konservatorischen Rücksichten wurde das Waschen alter Stoffe früher ängstlich ver mieden, weil die Gefahren eines Zerfalles der an sich brüchigen und oft in größeren Partien lockeren und zerrissenen Gewebe bei Befeuch tung als zu groß erachtet wurden. Aber gerade der eingedrungene Staub und Ruß zeigt sich als einer der gefährlichsten Zerstörer alter Tex tilien. Durch starke Verschmutzung wird nicht nur der Gesamteindruck stärkstens beeinträch tigt, sondern auch die Fasern selbst werden durch die harte Verkrustung spröde und brüchig, was zu weiterer Zerstörung führt; bei gewebten Stoffen durch Zerreißen und Brechen vor allem der strafferen Kettfäden, wodurch die oft mehr fach übereinander liegenden Schüsse im Gewebe locker werden und die flott liegenden oder her aushängenden Partien an der Oberfläche beson ders gefährdet werden, bei Stickereien auf Sei dengrund etwa durch ein Brechen des Grund gewebes vor allem den Konturen der schweren und steifen Stickerei entlang. Eine vorsichtige Reinigung aller dieser Stücke in kaltem oder lauwarmem, am besten destil lierten Wasser ohne jede mechanische Reinigung nur durch leichtes Bewegen und mehrfachen Wasserwechsel und ein darauffolgendes Trock nen in ausgebreitetem, geglättetem Zustand kann immer nur wünschenswert sein und führt oft zu einer direkten Regenerierung der verhär teten und brüchigen Fasern, die sich sodann auch leichter und ohne Gefahr eines weiteren Äusreißehs in ihre ursprüngliche Lage joringeri lassen. Die häuflgste Aufgabe bei der Erhaltung und Wiederinstandsetzung alter Stoffe ist eine Kon servierung der Oberfläche, die zumeist durch Reibung auf größeren und kleineren Flächen abgewetzt und angegriffen erscheint. Durch Zerreißen mehrerer nebeneinander liegender Fäden wird das Gewebe an diesen Stellen locker und schütter, die feinen Enden der zerrissenen Fäden hängen heraus und dazwischen liegen die anderen Fäden über größere Stellen flott. Der artige Schäden, die in gleicher Weise an Resten mittelalterlicher Stoffe wie auch vielfach etwa an noch "in Verwendung stehenden Paramenten auftreten, bedürfen unbedingt der Konservie rung. Gerade an diesen Stellen schreitet sonst der Verfall raschest fort. Jede auch leichte Rei bung oder Zug führt zu weiterem Reißen, die freien Fadenenden werden abgestoßen oder ab gerissen und die flottliegenden Fäden sind eben falls durch jede äußere Berührung sehr gefähr det; sehr rasch kann aus einer solchen abgerie benen und aufgerauhten Stelle ein viel schwerer wieder zu reparierendes Loch entstehen. Die Konservierung einer derartig beschädigten Stelle erfolgt durch ein Spannen feiner aber fester Fäden über die schadhafte Stelle, die mit kleinen Stichen in "regelmäßigen Abständen ab genäht wie ein feines Gitter die freiliegenden Fäden niederhalten und wieder eine glatte Oberfläche bilden. Bei sehr starker Beschädi gung ist neben dieser Fixierung der Oberfläche meist noch ein Unterlegen mit einem in Material und Farbe entsprechenden Stoff notwendig. Einer ähnlichen Art der Konservierung bedürfen auch Fehlstellen in Tapisserien, die häufig durch Ausfallen einzelner Partien, wo die eingewirkte Wolle durch die Farbe zersetzt wurde (was vor allem bei Schwarz häufig vorkommt) auftreten. Durch dieses Ausfallen der Wolle wird die dar unter liegende Kette frei und es ist damit die Gefahr des Zerreißens an dieser Stelle oder eines ungleichmäßigen Verziehens des ganzen Stückes gegeben. Hier kann sowohl durch Unter legen der schadhaften Stellen eine Sicherung und Fixierung der Kette erfolgen als auch durch Ergänzung der ausgefallenen Schüsse. Ebenso müssen Löcher in einem Gewebe durch Unterlegen und ein möglichst feines und unsicht bares Fixieren der Ränder an dem Unterstoff gesichert werden, um ein weiteres Ausfransen und Reißen zu verhindern. Als ein besonders markantes Beispiel einer derartigen Erhaltung eines wichtigen und sel tenen Stückes mittelalterlicher Textilkunst kann hier die Konservierung des Retabel aus dem 11
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