Stephan Rath wurde daher zum Anreger eines neuen Gedankens: Den Hochschnitt an Meistergläsern im religiösen und familiären Brauchtum unserer Zeit zu verankern. An die Stelle des aus der Mode gekommenen silbernen Taufbechers stellt Stephan Rath schlichte Krystallbecher, die in edelstem Hochschnitt mit christlichen Taufsymbolen geziert sind und die Namen und Geburtsdaten des Täuflings, mitunter eine Widmung des Taufpaten in künstlerischer Schrift tragen. (Abb. 18.) In Einzelanfertigung auf Bestellung zum be sonderen Anlaß schuf Stephan Rath den J ubiläumsbecher. Er spendete schon einen solchen im Jahre 1929 den Damen des Stiftes Nonnberg in Salzburg zum Gedenken an des sen Gründerin St. Ehrentrudis. Zum BetriebsJubiläum eines westdeutschen Bergwerksindu striellen schuf er einen Becher mit einem Relief der hl. Barbara, der Patronin der Bergleute und Artilleristen. Als Erinnerungsgabe ge staltete der nimmermüde Pionier der österrei chischen Glaskunst einen St. Wolfgangsbecher und machte ihn dem Herzog von Windsor zum Geschenk (Abb. 17), der einst ein guter Freund des Wolfgangsees war, und für den Erzbischof von New York, Kardinal Spellman, widmete er einen herrlichen Becher mit dem Bildnis des hl. Patrick, des Patrones der Diözese New York, als Dank für die von dem Kardinal geleiteten Hilfsaktionen für Österreichs Kinder nach dem Kriege. Einem Originaleinfall Stephan Raths ist auch die Sitte der Anfertigung von Glück wunschbechern, wie des wundervollen St. Leopoldsbechers, der als Namenstagsgabe zum 15. November 1954 geschaffen wurde, zu verdanken. Diese Anregungen Stephan Raths verdienen in der Tat auf fruchtbaren Boden zu fallen. Wäre ein schön geschnittener Becher mit dem Bildnis des beireffenden Kirchenpatrons odexmit dem Wappensiegel der Pfarre nicht eine würdige Gabe der Pfarrgemeinde an einen scheidenden Pfarrherrn oder anläßlich, eines Priesterjubiläums? Können Taufbecher, Hoch zeitsbecher, Becher zur silbernen oder goldenen Hochzeit, zur Firmung, zur Primiz oder zu ähn lichen Anlässen nicht mehr bleibende Freude schaffen, als so manche der meist unkünstleri schen und nur zu oft geschmacklosen Verlegen heitsgeschenke aus der Produktion der soge nannten „Geschmacksindustrie"? Gleichviel, welches Ereignis im Leben des einzelnen oder der Gemeinschaft audi der An laß sein mag, gleichviel auch, ob der Beschenkte den Becher als Zierstück in den Glasschrank stellen, als festliches Geschirr zum Trinken be nutzen oder als edles Gefäß mit Blumen füllen mag: Edleres Material und zeitlosere Kunst mag sich kaum finden lassen, wenn es gilt, eine Gabe zu suchen, die wohl dem Spender wie dem Beschenkten Ehre machen soll, ohne die hohen Kosten eines Stückes aus Edelmetall zu verur sachen. Die uralte Kunst des Glasschnittes erweist sich hier ebenso jung, wie die schöpferische Kraft dieses Mannes Stephan Rath, der nun mehr als ein halbes Jahrhundert unsere Glas kunst zu den Spitzenleistungen der Welt ge führt hat und dessen Ausstellung im vergan genen Jahre gezeigt hat, daß wir hoffen dür fen, daß uns diese Schöpferkraft noch recht lang erhalten bleibt. DDr. Herbert Paulus (Erlangen) Zu m Problem der Nischenbildungen in Langschiffkirchen Dazu die Abb. 10, 11, 12 Durch die Identifizierung der Martinskirche zu Linz/Donau mit einer Nischenkirche aus karolingischer Zeit ist vor allem die Frage nach der Herkunft und Bedeutung der Nischen in einem Langschiffbau aktuell geworden. (Vgl. Franz Juraschek, Der Chorraum der karolingischen Martinskirche in Linz, „Christliche Kunst blätter", 1947, Heft 2, S. 3 ff., ferner JuraschekJenny, Die Martinskirche in Linz, ein vorkarolingischer Bau in seiner Umgestaltung zur Ni schenkirche, Linz 1949 passim.) Es sei daher er laubt, im folgenden auf einige Nischenkirchen hinzuweisen, die offenbar bezüglich der Her kunft und Bedeutung der Nischenbildung zu einer Deutung beitragen dürften. Anschließend versuchen wir eine liturgiegeschichtUche Wür digung des Typus der Nischenkirche zu geben. An der Spitze der bekannten Nischenkirchen dürfte heute noch die angeblich älteste Kirche der Armenier, die sogenannte Felsenkirche bei
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